"Beitrag zum Materialfluß im Werkseisenbahnnetz von Eisenhüttenwerk";
Dissertation 11.12.1985
Die Auswertung der Literatur zum Materialfluß im Bereich des Hauptverkehrsträgers Werkseisenbahn von Eisenhüttenwerken ergibt, daß viele Untersuchungen zu dieser Materie vorliegen. Diese erweisen sich jedoch als nicht geeignet, den Zusammenhang zwischen dem Werkseisenbahnbetrieb und den Produktionsbetrieben transparent zu machen . Es ist eine Informationslücke zu konstatieren, die darin besteht, daß die Informationsflüsse, die den Materialfluß begleiten, nur untersucht worden sind, soweit sie den internen Ablauf im Werkseisenbahnbetrieb betreffen.
Die Anwendung der neuzeitlichen Informationstechnik und Datenverarbeitung ist In der Literatur zunächst in groben Entwürfen skizziert bis zum Wunschbild des automatisierten Eisenbahnbetriebes.
Die vorhandenen Anwendungen der Datenverarbeitung sind jedoch im Schwerpunkt auf den betriebsinternen Bedarf des Einsenbahnbetriebes zugeschnitten.
Die vorliegende Arbeit entwickelt daher zunächst eine neuartige Untersuchungsmethode, die in logistischer Betrachtungsweise den Materialfluß im Netz einer Werkseisenbahn aufgegliedert und beschreibt. Die Abgrenzung zu den Produktionsbetrieben erfolgt dabei an den Schnittstellen, ab bzw. bis zu denen die Produktionsbetriebe innerhalb ihres Bereiches autark den Materialfluß disponieren und ablaufen lassen.
Die Untersuchungsmethode hat Im übrigen aber alle beteiligten Produktionsbetriebe, andere Abteilungen wie Produktionssteuerung, Einkauf, Verkauf bis zu externen Beteiligten einbezogen, soweit sie an den Informationsflüssen beteiligt sind.
Ist der Umfang der aufgezeigten Informationen operativer und dispositiver Art schon beachtlich, erweist sich außerdem als besonders bemerkenswert, wie in den Materialfluß immer wieder Stationen der Disposition eingebettet sind. An diesen Stationen wird aus dem Zwang der innerbetrieblichen Optimierung eines Produktionsbetriebes und der überbetrieblichen Optimierung des Materiaiflusses Einfluß auf den Ablauf des Eisenbahnbetriebes genommen.
Die hohe Priorität dieser Einflüsse gegenüber den betriebsinternen Optimierungsbedürfnissen des Werkseisenbahnbetriebes ergibt sich aus den Verarbeitungskosten der verschiedenen Produktionsstufen eines Hüttenwerkes. Diese betragen in jeder Produktionsstufe ein Mehrfaches der Kosten, die die Werkseisenbahn insgesamt über alle Stufen hinweg an spezifischen Transportkosten je Tonne Walzstahl ausmacht.
Die Arbeit vertieft den dispositiven Datenfluß. Als eines seiner wesentlichen Merkmale erweist sich, daß die Dispositionen zum überwiegenden Teil in niedrigen Hierarchiestufen erfolgen. Dabei werden Betriebsstellen wirksam, die diese Dispositionen neben anderen Aufgaben erledigen. Außerdem werden die Hauptmaterialflußbereiche im Netz einer Werkseisenbahn unabhängig voneinander disponiert. Es werden somit dezentrale Intelligenzen wirksam.
Die Ergebnisse der Untersuchung machen die vielen Einflüsse auf den Materialfluß transparent. Dabei ergaben sich keine Hinweise auf unnötige Einflußnahme. Die dispositiven Tätigkeiten sind durchweg plausibel. Es erweist sich nicht als Mangel, daß dezentral gearbeitet wird. Im Gegenteil läßt der Umfang der Informationsflüsse den Schluß zu, daß eine Zentralisierung aller vorgefundenen Dispositionen im derzeitigen Stadium der Produktionstechnik auszuschließen ist.
Die Arbeit legt eine Materialfluß-Logistik offen, die als Querschnittsfunktion sowohl horizontal Betriebe und Abteilungen mehrerer Geschäftsbereiche beteiligt als auch vertikal mehrere Hierarchie-Ebenen.
Aus der Untersuchung ist der Schluß zu ziehen, daß eine Planbarkeit aller betrieblichen Abläufe eines Elsenhüttenwerkes in Richtung auf fahrplanmäßigen Betrieb der Werkseisenbahn zu verneinen ist.
Die Anwendung der Ergebnisse der Untersuchung erfolgt im Vorschlag eines Informationssystems, welches dezentral, d.h. für jeden bedeutenden Materialflußbereich speziell installiert werden soll. Die Informationstechnik hierfür steht heute zu angemessenen Kosten zur Verfügung. Die Parallele zur Dezentralisierung in der elektronischen Datenverarbeitung Im Allgemeinen liegt auf der Hand.
Die Konzipierung eines Informationssystems erfolgt beispielhaft für den Materialflußbereich Roheisenzufuhr bis zur Darstellung des Programmablaufs.
Die darauf folgende Darstellung des Erarbeitens der ,"Orders" für den Programmablauf zeigt die Komplexität des Zustandekommens von Entscheidungen beeindruckend auf.
Der Gedanke, elektronische Rechner für die Optimierung dieser Entscheidungsprozesse einzusetzen, verbietet sich angesichts des Umfanges von Daten, die berücksichtigt werden müßten. Er sollte erst in späteren Entwicklungen, angepaßt an die Automatisierung der Produktionsabläufe, wieder eingebracht werden.
Nach Installierung des vorgeschlagenen Informationssystems kann der Werkseisenbahnbetrieb ein Dienstleistungsbetrieb sein, der seinen "Kunden" außer den Beförderungsleistungen auch Istzeit-Informationen über den Stand der Transporte und der Transportgefäße einschließlich ihrer spezifischen Daten bis zu den Schnittstellen zu den Produktionsbetrieben anbieten kann.
Dieser Dienstleistungsbetrieb Ist mit dem Informationssystem besser in der Lage als heute, sich auf alle Einflüsse aus dem Produktionsgeschehen einzustellen und seinen Aufwand an Anlagen und Betriebsmitteln gering zu halten.
Das Informationssystem stellt auch die Transparenz für Dritte her, deren Fehlen, wie die Literaturauswertung ergab, bisher beklagt werden mußte.
Die innige Verbindung von Produktionsbetrieben und dem Dienstleistungsbetrieb Werkseisenbahn ist aufgezeigt und durch das konzipierte Informationssystem nachrichtentechnisch auf den notwendigen modernen Stand gebracht.