"Das Auto auf der Bahn - ein neues Konzept für das Autoreisezugsystem"; Dissertation 06.07.1989
Der ARZ-Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland hat ein Aufkommen von rd. 140.000 Pkw pro Jahr. Dabei werden rd. 70 % im sogenannten Binnenverkehr abgewickelt, 30 % sind internationaler Verkehr. Zur Zeit sind mehr als 95 % der Kunden Urlaubsreisende. Hierdurch kommt es zu starken Nachfrage spitzen.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde nachgewiesen, daß für die Wahl des ARZ zur Beförderung drei Angebotskriterien sehr wichtig sind: Die Anreiseweite zum Verladebahnhof, das Reisezeitverhältnis ARZ/Pkw-Fahrt sowie die Bedienungshäufigkeit.
Für die Verladeanlagen gilt, daß sie in der Nähe von Verdichtungsräumen mit mehr als 0,5 Mio. Einwohnern liegen sollen, damit sich für die Mehrzahl der Reisenden kurze Anfahrwege ergeben.
Das Reisezeitverhältnis wird bestimmt durch die Lade- und Wartezeiten sowie durch die Fahrzeit. Durch die Nutzung von Neubaustrecken kann die Fahrzeit auf vielen Verbindungen innerhalb Deutschlands verkürzt werden. Um so störender wirken sich die Lade- und Wartezeiten aus. Es wurde gezeigt, daß bei Verbindungen ab 300 km attraktive Reisezeiten im ARZ-Verkehr erreicht werden können, wenn die Lade- und Wartezeiten von heute 90 auf 15 min gesenkt werden. Für eine solche Zeitverkürzung sind neue Ladesysteme notwendig, die andere Autotransportwaggons erfordern.
Neu konzipierte ARZ können die Neubaustrecken der DB mit 200 km/h befahren. Es ergeben sich durchschnittliche Reisegeschwindigkeiten von mehr als 130 km/h. Diese Zeiten werden durch die schnelle Beförderung und die nun möglichen kurzen übergangszeiten von der Straße in den Zug erreicht.
Somit sind im ARZ-Verkehr höhere Geschwindigkeiten bzw. kürzere Fahrzeiten als im reinen Straßenverkehr zu erzielen.
Drei mögliche Varianten neuer Transportwaggons werden vorgestellt und ihre Auswirkungen auf Verladeanlagen und Betriebsmöglichkeiten untersucht. Außerdem werden die Fahrzeuge einer Kostenrechnung unterzogen. Ein geschlossener einstöckiger Transportwaggon erweist sich als für den neuen ARZ-Verkehr am geeignetsten.
Mit diesem Fahrzeug werden für mehrere Relationen Zugangebote untersucht. Ein Verkehrsnachfragemodell ist für den ARZ-Verkehr angepaßt worden. Mit ihm ist die Nachfrage unter den veränderten Randbedingungen ermittelt worden. Es ist eine deutliche Steigerung der Verkehrsnachfrage zu erwarten. Sie läßt sich mit der gesteigerten Geschwindigkeit und der Bedienung kürzerer Relationen erklären.
Für Strecken mit selbständigen ARZ-Verkehren erweisen sich bei Beachtung der Ergebnisse des Verkehrsnachfragemodells zwei bis drei Zugangebote je Tag und Richtung als betrieblich und wirtschaftlich sinnvoll. Kann der ARZ im Mitläuferverkehr durchgeführt werden, so kann bei sieben Fahrten pro Tag die maximal mögliche Nachfrage abgedeckt werden.
Das Angebot des neuen Konzeptes für das ARZ-System ist wegen aufwendiger Technik teurer als bestehende Angebote. Durch eine insgesamt bessere Auslastung kann der Kostendeckungsgrad gegenüber dem heutigen Angebot leicht verbessert werden. Eine Deckung der Vollkosten kann derzeit nicht erwartet werden. Die wirtschaftliche Lage der DB wird sich durch den Betrieb neuer ARZ-Verkehre kaum ändern.
Volkswirtschaftlich ist jedoch positiv zu bewerten1 daß der ARZ-Verkehr einen Beitrag zur Entlastung der Straßen leistet. Hierdurch werden der Schadstoffausstoß verringert und die Ressourcen (Energievorräte) geschont.
In der Gesellschaft werden die Freizeit und die Mobilität in ihr auf ab-sehbare Zeit noch zunehmen. Durch veränderte Arbeitszeitregelungen werden sich während der Woche der Geschäfts- und der Privatreiseverkehr überlagern. Die freie Pkw-Mobilität wird in wenigen Jahren wegen überlasteter Straßen an ihre Grenzen stoßen. Auch eine intelligentere Nutzung der Straßen wird dies nicht verhindern können. Die Lösung zum Erhalt der Mobilität mit dem eigenen Pkw bietet der ARZ.
In dem neuen Konzept vereinen sich auf sinnvolle Weise die Vorteile der Eisenbahn, gebündelte Verkehre über größere Entfernungen schnell und
energiesparend zu befördern, und die Vorteile des Pkw, eine individuelle Bedienung von flächenhaften Regionen zu ermöglichen.
Die Bahn muß die sich bietende Chance nutzen. Will sie einen merklichen Teil des Verkehrs auf die Schiene bringen, so muß sie hierfür bald die Weichen stellen. Kann die Bahn doch durch den ARZ-Verkehr die strecken besser auslasten und ihr Image bei den Autofahrern verbessern.