Aufgrund der klimaschädlichen Wirkung von Treibhausgasen ist die CO2-Einsparung ein wesentliches und übergeordnetes globales Ziel. Der Mobilitätssektor ist einer der Hauptemittenten von Treibhausgasen. Daher stehen besonders Anbieter von Mobilitätsdienstleistungen und -systemen vor einem tiefgreifenden Transformationsprozess zur Klimaneutralität. Dies gilt aufgrund ihres großen Anteils am Mobilitätssektor besonders für die Automobilindustrie. Ein wichtiger Treiber auf dem Weg zu einer emissionsfreien Produktion ist die zirkuläre Produktion. Allerdings wird dies durch den zunehmenden Trend zu hochintegrierten, funktionalen und Multimaterial -Bauteilen erschwert. Entsprechende Bauteile ermöglichen häufig ein höheres Leichtbaupotenzial (Senkung von CO2-Emissionen während der Nutzungsphase) durch Implementierung leichter Strukturen, Kundendifferenzierungsmerkmale und bieten die Möglichkeit durch einen selektiven Werkstoffeinsatz sowie der gezielten Kombination von Werkstoffen und Halbzeugen (hybride Bauweise) die Bauteilperformance und Fertigungsprozesse zu optimieren. Es ergeben sich jedoch Herausforderungen im Recycling von solchen Werkstoffverbunden, wie geringe produktspezifische Rückläufermengen und reduzierte Qualitätseigenschaften von Rezyklaten (bspw. 17 bis 96 % Zugfestigkeit bei Pyrolyse von glasfaserverstärktem Kunststoff im Vergleich zum Primärmaterial). Folglich müssen Produktionsprozesse für Hybridbauteile zukünftig tolerant bzw. resilient auf variable Eigenschaften der Rezyklatmaterialien reagieren können. Die Rezyklierung und das Design for Reuseability sind trotz des hohen Umweltpotenzials und ihrer Eignung als Leichtbau-Schlüsseltechnologien nicht weitergehend erforscht. Dies resultiert vor allem aus der eingeschränkten Verfügbarkeit von rezyklierten Hochleistungskunststoffen (z.B. Polyamid) und den damit verbundenen chargenabhängigen Qualitätsschwankungen, den Herausforderungen bei der Verarbeitung und den aktuell höheren Marktpreisen für Rezyklate verglichen zu „Virgin“-Materialien.
Für eine resiliente, nachhaltige und zirkuläre Implementierung von rezyklierten Leichtbauteilen müssen neben der Implementierung von Design for Re-X-Methoden in der Konstruktionsphase bereits vor Produktionsstart die Fertigungsparameter modellbasiert eingegrenzt werden, um Anlaufzeiten verkürzen zu können. Ferner bedarf es einer echtzeitfähigen, hochaufgelösten Überwachung des Produktions- und Bauteilzustands von Zwischen- und Endprodukten zur adaptiven Reaktion auf schwankende Materialeigenschaften und eingestellte Zwischenproduktzustände sowie zur Gewährleistung einer hohen Prozessstabilität und -effizienz durch vollständig digitalisierte Prozessketten. Zusätzlich zur qualitätsgesicherten Prozessführung, sollte der durch das Recyclingmaterial erzielbare Nachhaltigkeitseffekt nicht durch energetische Mehraufwendungen in der Produktion aufgezehrt werden.
Daher ergebens sich folgende Zielfelder:
Zielfeld 1: Implementierung eines cloudbasierten Onlinetools zum Anforderungstracking und zur Optimierung von Strukturen
Entwicklung eines cloudbasierten, anwenderzentrierten Tools, welches als Schnittstelle zwischen Ingenieur*innen und den Auslegungs- und Berechnungsdomänen zur multidisziplinären Optimierung dient. Fokus auf Quantifizierung der CO2-Bilanz bei gleichzeitiger Berücksichtigung weiterer Anforderungen. Erhöhung der Benutzerakzeptanz durch anwenderfreundliche Darstellung. Erlaubt die einfache Bewertung von Konzepten bzgl. der Umweltwirkung.
Zielfeld 2: Entwicklung und Implementierung eines multikriteriellen Assistenzsystems für ein zirkuläres und nachhaltiges Produktionssystem
Aufbau einer Digitalisierungstechnologie auf Basis eines cyber-physischen Produktionssystems mit dem Ziel zirkuläre Stoffkreisläufe in der Automobilproduktion durch eine bezüglich schwankender Rezyklateigenschaften resiliente Fertigung zu ermöglichen. Einbeziehung unterschiedlichster Daten aus der Produktentstehung (z.B. CAE) und der Produktion (z.B. Werkzeugsensorik, Prozess- und Maschinendaten) sowie Umweltdaten.
Zielfeld 3: Fertigung eines Funktionsmusters zur Validierung der entwickelten Technologien
Konzeptionierung und Aufbau einer Produktionsumgebung zur Herstellung von Demonstratoren. Aufbau der Infrastruktur zur Datenakquise und zur Einbringung der Sensorik. Erprobung und Validierung der entwickelten Systeme anhand von industrierelevante Funktionsmustern zur Anwendung und zum Aufzeigen der Technologietransfer-Potenziale.