Die Nutzungsaufteilung des öffentlichen Straßenraums gewinnt zunehmend an Bedeutung. Fahrzeuge mit Automatisierungsfunktionen werden sich im Mischverkehr mit Fußgängern, Radfahrern und konventionellen Kraftfahrzeugen einfügen und die Randbedingungen für alle Teilnehmer am Straßenverkehr ändern. Die aktuelle gesellschaftspolitische Debatte beinhaltet die Frage, welche Risiken für Fußgänger und Radfahrer durch hoch- und vollautomatisiertes Fahren bestehen und welche Auswirkungen verschiedene Sicherheitsniveaus auf die Qualität des Verkehrsablaufs in Städten haben wird. [Projektsteckbrief als Download]
Schon heute wird der öffentliche Raum von unterschiedlichen Gruppen genutzt. So teilen sich vor allem zu Fuß gehende Personen, Fahrradfahrende und Fahrzeuge die Straßen und Wege in städtischer Umgebung. Automatisierte Fahrzeuge müssen sich in diesen Mischverkehr harmonisch einfügen und in komplexen Szenarien relevante Randbedingungen berücksichtigen. Laut dem Bericht der Ethikkommission ist die Technologie des automatisierten Fahrens unter anderem nur einzuführen, wenn die Schäden im Vergleich zu der aktuellen menschlichen Fahrleistung im Sinne einer positiven Risikobilanz verringert werden können. Daraus lässt sich die Anforderung ableiten, dass die objektive und gefühlte Verkehrssicherheit auf einem gleichwertigen oder höheren Niveau als aktuell liegen muss. Allerdings ist die Frage, wie viel besser ein automatisiertes System im Vergleich zu einem menschlichen Fahrer sein muss, noch nicht abschließend geklärt. Gleichzeitig darf die Mobilität der Verkehrsteilnehmer unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit nicht zu stark limitiert werden.
Das Ziel des Forschungsvorhabens ist die Untersuchung und Beurteilung der Wechselwirkung zwischen dem Risiko, welches von der Fahrfunktion automatisierter Fahrzeuge ausgeht, und der Leistungsfähigkeit von typischen innerstädtischen Verkehrsnetzen. Um Erkenntnisse über diese Wechselwirkung zu erhalten, werden unter anderem die Interaktionen zwischen zu Fuß gehenden Personen, Fahrradfahrenden und (automatisierten) Fahrzeugen im urbanen Mischverkehr analysiert. Zudem soll das Risikoerleben der Passagiere eines automatisierten Fahrzeugs erfasst werden, um damit auf ein von Menschen akzeptiertes Risikolevel aus Nutzersicht zu schließen.
Die Analyse eines Bewegungsmodells in der Simulationsumgebung MODIS erlaubt mittels integrierter Variation von Fahrfunktionen eines automatisierten Fahrzeugs die Bewertung von unterschiedlichen Risikograden und der Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems. Dafür werden ein Vehicle-in-the-Loop-Fahrzeug und einem Fahrsimulator verwendet, um die Reaktionen automatisierter Fahrzeuge auf das Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer zu untersuchen und eine breite Datenbasis für die Analyse zu gewinnen.
Technische Universität Braunschweig
Niedersächsisches Forschungszentrum Fahrzeugtechnik
Hermann-Blenk-Straße 42
38108 Braunschweig
Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Bernhard Friedrich
E-Mail: friedrich@tu-braunschweig.de
www.tu-braunschweig.de/nff