"Die Simulation großer Eisenbahnnetze"; Dissertation 04.02.1994
Im Eisenbahnbetrieb gibt es aufgrund der Spurführung und der intensiv genutzten Betriebsmittel eine hohe Zahl von Abhängigkeiten, die eine besonders genaue Planung erforderlich machen, um die Zuverlässigkeit und Sicherheit des Systems Bahn im täglichen Einsatz zu gewährleisten. Zur Untersuchung derartiger Zusammenhänge wurde am IVE das Simulationsmodell SIMU entwickelt. In diesem Modell wird die Wirklichkeit in einem mathematisch-logischen Modell abgebildet, mit dem das Betriebsgeschehen auf beliebigen Gleiskonfigurationen mit hoher Genauigkeit nachgeahmt werden kann. Neben den Abhängigkeiten aufgrund des Sicherungssystems und der technischen Randbedingungen der Züge können dabei auch die Verknüpfungen der Zugläufe beachtet werden.
In der Vergangenheit scheiterte die detaillierte Abbildung von Betriebabläufen in großen Netzen an dem Aufwand, der zur Erfassung und Verwaltung der Eingabedaten notwendig ist. Zusätzlich stieg der Aufwand, der zur Modelleichung notwendig war, mit der Größe des Untersuchungsbereichs exponentiell an.
Um dieses Problem zu lösen, wurde ein Zerlegungsmodell entwickelt, mit dem das Streckennetz in einzelne Strecken und Bahnhöfe, sogenannte funktionale Einheiten, zerlegt werden kann. Jede der funktionalen Einheiten stellt dabei einen eigenständigen Simulationsbereich dar, die zunächst getrennt und unabhängig voneinander erfaßt, bearbeitet und kalibriert werden können.
Um das Streckennetz zu untersuchen, können die einzelnen funktionalen Einheiten ohne weiteren Erfassungsaufwand zusammengefaßt werden. Durch Verkettung der Fahrplandaten kann man dann den Betriebsablauf im Netz nachvollziehen. Es wurde gezeigt, daß mit dieser Methode über tausend Zugfahrten in Streckennetzen mit mehreren tausend Gleiskilometern in hoher Genauigkeit abgebildet und die Betriebsabläufe auf UNIX-Workstations in wenigen Rechenminuten nachvollzogen werden können. Durch die Entwicklung paralleler Simulationstechniken und anschließender Simulation des Betriebsablaufs auf mehreren vernetzten Rechnern kann die Rechenzeit zusätzlich reduziert werden.
Mit Hilfe von Anwendungsbeispielen wird gezeigt, wie der Planer durch die gemeinsame Betrachtung aller Systemkomponenten in der Lage ist, rechnergestützt größere betriebliche Zusammenhänge im System Bahn zu erkennen. Der Anwender erhält ein Modell, mit dem strategische Planungen (z.B. Einsatz moderner Sicherungstechniken, Gestaltung neuer Verkehrsangebote sowie Instandhaltungsmaßnahmen) durchgeführt und neue Pla-nungsmethoden in großen Untersuchungsbereichen entwickelt werden können. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, auf Basis der Graphentheone eine netzweite Datenbasis zu erzeugen, die nicht nur zur Simulation, Berechnung von Fahrzeiten und Konstruktion von Fahrplänen verwendet werden kann sondern auch die Basis für ein System zur Abbildung und Kontrolle netzweiter Betriebsabläufe sein könnte.