"Simulationsverfahren für Risikoabschätzungen im Eisenbahn-Mischbetrieb"; Dissertation 05.02.1996
Die Eisenbahn ist eines der sichersten Verkehrsmittel, bleibt jedoch trotzdem nicht von gelegentlichen Unfällen verschont. Während die Unfallhäufigkeiten und -folgen bei den deutschen Bahnen seit den fünfziger Jahren kontinuierlich zurückgegangen sind, hat sich im Vorfeld der Einführung der Schnellfahrstrecken in den achtziger Jahren eine neue Sicherheitsdiskussion entwickelt. Vor allem der Vorstoß in neue Dimensionen des Hochgeschwindigkeitsverkehrs mit zahlreichen und langen Tunnelbauwerken, in denen Rettungsmaßnahmen nach Unfällen schwierig sein können, sowie teilweise gemeinsam vom Reise- und Güterverkehr befahrene Strecken werfen Fragen auf, wie Risiken aus diesen neuen infrastrukturellen und betrieblichen Gegebenheiten abzuschätzen und zu bewerten sind. Auf Basis von Risikomodellen, deren Prinzipien aus der Großtechnologie, z. B. von Kernkraftwerken, abgeleitet worden sind, wurden Sicherheitsmaß nahmen entwickelt und in ihrer Wirkung bewertet. Nachteilig bei diesen vorhandenen Verfahren ist, daß betriebliche Aspekte, die teilweise einen wesentlichen Einfluß auf das Risiko haben, nicht ausreichend genau berücksichtigt werden konnten.
Innerhalb dieser Arbeit wurde ein Verfahren entwickelt, das Betriebsprogramme (Zugleistungen, Zuggattungsmix, Geschwindigkeiten, Verspätungen und Behinderungen des Betriebs, Besonderheiten der Infrastruktur) auf Basis des Simulationsmodells SIMU VII sehr genau auch für Risikoabschätzungen abbilden kann. Dabei kommt der sogenannten Gegenzugproblematik ein besonderes Gewicht zu. Insbesondere im Hochgeschwindigkeitsverkehr und verstärkt im Mischbetrieb hat die Frage entscheidene Bedeutung, ob nach einem Unfall (der zwar eine geringe Wahrscheinlichkeit hat, aber nicht völlig auszuschließen ist) ein Gegenzug auf der Strecke mit in den Unfall verwickelt werden kann, wodurch erheblich größere Schäden zu erwarten sind. Mit speziell entwickelten Programm-Modulen kann das Simulationsprogramm betriebliche Daten für derartige Fragestellungen bei Risikoabschätzungen bereitstellen. Im Anschluß daran können für verschiedene Betriebsvarianten und Parameter Risikoberechnungen durchgeführt werden. Der Einfluß unterschiedlicher Betriebsprogramme oder bestimmter Parameter auf das Risiko kann dadurch deutlich gemacht werden.