"Intensive Nutzung von Nebenstrecken - Betriebskonzept für einen kundenorienten Fahrweg"; Dissertation 18.12.1995
Für die Eisenbahnverkehrsunternehmen bilden die Trassennutzungsentgelte einen bedeutenden Kostenfaktor m den Aufwendungen für ihre Schienenverkehrsleistungen. Diese Entgelte sind bei Hauptstrecken deutlich höher festgesetzt als bei Nebenstrecken. Angesichts der Notwendigkeit zu kostengünstigen Wettbewerbspreisen bei den Verkehrsleistungen und unter Berücksichtigung des in Deutschland noch vorhandenen dichten Eisenbahnnetzes bedarf es neuer Konzepte zur intensiveren Nutzung der Nebenstrecken.
In der vorliegenden Arbeit wird ein Verfahren entwickelt, das die Möglichkeiten der Nutzungsintensivierung eingleisiger Strecken unter vorgegebenen verkehrlichen und betrieblichen Randbedingungen prüft und quantifiziert. Die Fahrplankonstruktion des ,,zeitgleichen Kreuzens mit optionalen Halten" erlaubt auf eingleisigen Strecken einen verdichteten Betrieb in ,,Grüner Welle", bezogen auf eine Fahrtrichtung. Dieses Verfahren ist ausgelegt auf den Zweichtungsbetrieb mit zeitweisem, bedarfsorientiert niedrigen Betriebsprogramm in einer Richtung und einer höchstmöglichen Nutzungsintensität in Gegenrichtung. Das Fahren in ,,Grüner Welle" setzt jedoch einen aktuellen Datenaustausch zwischen den Triebfalirzeugen und der Betriebsleitstelle der jeweiligen Strecke voraus. Durch eine Analyse der gegenwärtig in Deutschland eingesetzten Zugsicherungstechniken und -verfahren können die Ursachen des fehlenden Informationsaustausches beschrieben werden. Darauf aufbauend werden die funktionalen Anforderungen der Prozeßregelung erarbeitet, um das Fahrverhalten der Züge auf die tatsächlichen Begegnungs-zeiten an den Kreuzungsstellen abstimmen zu können.
Zur Darstellung der Anwendungsmöglichkeiten des entwickelten Betriebskonzeptes dienen Transportzeitvergleiche überregionaler Güterverkehre auf exemplarisch ausgewählten Haupt- und Nebenstrecken. Im Ergebnis werden bundesweit siebzehn eingleisige Nebenstrecken identifiziert, die sich für einen intensiven Betrieb nach dem beschriebenen Konzept eignen würden. Durch die Führung von Güterzügen entlang dieser eingleisigen Strecken könnten Engpässe im Netz umfahren und Nebenstrecken zusätzliche Impulse durch vermehrte Einnahmen aus den Fahrweg-Nutzungsentgelten erhalten. Das erarbeitete Betriebskonzept zeigt damit einen Weg zu einer gleichmäßigeren und wirtschaftlichen Ausnutzung des Eisenbahnnetzes auf bei nur wenigen, gezielten Infrastrukturverbesserungen im Nebenstrecken-Netz. Den Kunden des Eisenbahnfahrwegs, den Betreibem überregionaler Güterverkehre, können sich durch die Nutzung von Nebenstrecken zusätzliche wirtschaftliche Spielräume eröffnen, die ihnen und dem Verkehrssystem Eisenbahn neue Perspektiven im Verkehrswettbewerb bieten.