Untersuchungen zum Einfluss der Architektur und des Designs auf das Auftreten von nosokomialen Infektionen und multiresistenten Erregern und zur Besiedlung eines neuen Krankenhauses mit Mikroorganismen zur Planung eines infektionssicheren Zweibettzimmers mit Nasszellen.
Das Verbundprojekt KARMIN hat zum Ziel wichtige Daten für die Entscheidung zu liefern, ob als Reaktion auf das vermehrte Auftreten von multiresistenten Erregern in Deutschland in der Zukunft in Krankenhäusern wesentlich mehr Einbettzimmer errichtet werden sollten oder alternativ Zweibettzimmer so ertüchtigt werden können, dass sie auch im Sinne der Infektionsprävention eine Alternative darstellen. Die Untersuchung des Krankenhausmikrobioms bei der Neubesiedlung soll wichtige zusätzliche Hinweise für den Bau und Betrieb von Krankenhäusern im Hinblick auf die Infektionsprävention liefern. In diesem Projekt wurde ein infektionssicheres Zweibettzimmer inklusive Nasszelle als Alternative zu Einbettzimmern entworfen, als Demonstrator realisiert und schließlich evaluiert.
Wird das komplexe System Krankenhaus in Bezug auf die mögliche Ausbreitung von Infektionen betrachtet, ergeben sich diverse kritische Bereiche und Situationen, in denen der Patient einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt ist. Das Patientenzimmer im Pflegebereich steht dabei im Zentrum des Krankenhausbaus und der Hygiene, da hier zum einen der Prozess des Heilens konkret sichtbar wird und zum anderen, weil der Flächenaufwand für die Unterbringung der Patienten im Verhältnis zu den anderen Krankenhausfunktionengroß ist. Letztlich übertragen sich Planungsfehler bei gleicher Stationsstruktur auf viele Stationen. Als Reaktion auf das vermehrte Auftreten von multiresistenten Erregern in deutschen Krankenhäusern wird in Fachkreisen seit Jahren die Diskussion geführt, ob zukünftig wesentlich mehr Einbettzimmer errichtet werden sollten oder alternativ Zweibettzimmer so ertüchtigt werden können, dass sie auch im Sinne der Infektionsprävention eine Alternative zur heutigen Situation darstellen. Im Jahr 2016 lag der Anteil der Einbettzimmer im Normalpflegebereich bei fünf Prozent. Ein sinnvolles Verhältnis der Anteile von Zweibett- zu Einzelzimmern ist auf den Stationen unzureichend definiert.
30.000 Todesfälle im Jahr aufgrund nosokomialer Infektionen
Nationale und internationale Leitlinien fordern die Isolierung von Patienten mit multiresistenten Erregern in Einbettzimmern. Durch die steigende Inzidenz dieser Erreger wird die Umsetzung dieser Empfehlungen aber immer schwieriger. Zudem ist die ausschließliche Nutzung von Einbettzimmern mit mehreren Nachteilen und höheren Kosten verbunden. Diese Konsequenzen wurden bisher in Deutschland nicht wissenschaftlich evaluiert, um harte Daten für die Entscheidungsfindung vorzulegen. Die meisten multiresistenten Erreger werden vor allem durch Kontakt übertragen, so dass eine transmissionsfreie Pflege von Patienten mit diesen Erregern in Zweibettzimmern möglich sein sollte. Es fehlen allerdings Studien zur möglichen Ausstattung von Zweibettzimmern mit zwei Nasszellen, alternativ mit zwei Toiletten oder selbst desinfizierbaren Sanitärbereichen als Alternative. Zur Besiedlung von Krankenhausneubauten durch Mikroorganismen und möglichen Einflussfaktoren gibt es bisher ebenfalls keine Untersuchungsergebnisse.
Architektur statt Antibiotikum
Das Projekt KARMIN untersucht, ob als Reaktion auf das vermehrte Auftreten von multiresistenten Erregern in Deutschland zukünftig Zweibettzimmer so ertüchtigt werden können, dass sie auch im Sinne der Infektionsprävention eine Alternative zum Einbettzimmer darstellen. Im Ergebnis soll ein Demonstrator für infektionsprophylaktisch sinnvoll ausgestattete Zweibettzimmer inkl. der Nasszelle realisiert werden. Dieses „Patientenzimmer der Zukunft“ soll Antwort geben, ob das Zweibettzimmer ausreichend infektionssicher für die Unterbringung der Patienten geeignet ist.
Die Untersuchung des Krankenhausmikrobioms bei der Neubesiedlung soll wichtige zusätzliche Hinweise für den Bau und Betrieb von Krankenhäusern im Hinblick auf die Infektionsprävention liefern. Dabei stellt der Erstbezug des neu renovierten Charité Bettenhochhauses den Rahmen der Untersuchung dar. Ziel ist es herauszufinden, welche Rolle architektonische Gegebenheiten (Vergleich Mehrbett- und Einbettzimmer) bzw. verschiedene Reinigungsregimes (Vergleich Flächendesinfektion und Flächenreinigung) bei der Entstehung und in der Diversität des Mikrobioms und im Aufkommen multiresistenter Bakterien spielen.
Projektleitung
Institut für Konstruktives Entwerfen, industrie- und Gesundheitsbau (IKE), TU Braunschweig
Kontakt Projektleitung
Dr. Wolfgang Sunder
Das Team
Lukas Adrian Jurk
Julia Moellmann
Oliver Zeise
Studentische Hilfskräfte
Jannik Siems
Giovanni Nobile
Förderzeitraum
10.2016 – 06.2022
Auslobung/Call
InfectControl 2020
Mittelgeber
Projektträger Jülich
Förderträger
Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)
Förderkennzeichen
03ZZ0818A
Antragsteller
Institut für Konstruktives Entwerfen, industrie- und Gesundheitsbau (IKE), TU Braunschweig
KARMIN ist ein Projekt des Konsortiums InfectControl, welches aus Wirtschaftsunternehmen und akademischen Partnern besteht und gemeinsam Lösungen für die Infektionsprävention auf nationaler ebenso wie auf globaler Ebene entwickelt. Gegründet wurde es im Rahmen der Fördermaßnahme „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), durch die es finanziell unterstützt wird. Mit InfectControl ist ein hochinnovativer Forschungsverbund etabliert worden, der grundlegend neue Strategien zur frühzeitigen Erkennung, Eindämmung und erfolgreichen Bekämpfung von Infektionskrankheiten sowohl entwickeln als auch kommerziell erfolgreich implementieren will.