Sandra Buchmüller ist Designerin und Designforscherin. Sie absolvierte ihr Diplom an der Köln International School of Design und arbeitete danach als freie Designerin für RTL Enterprises, die Entwicklungs- und Ausstellungsgesellschaft Zollverein, als User Experience Designerin für Vodafone, T-Systems, die Deutsche Telekom, als Designforscherin für die Telekom Innovation Laboratories sowie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Designforschung von Prof. Dr. Gesche Joost an der Universität der Künste Berlin. Aktuell arbeitet sie an ihrer Dissertation, in der sie sich mit der Vergeschlechtlichung von Gestaltungsprozessen und -resultaten auseinandersetzt mit dem Ziel, einen feministischen-normalitätskritischen Ansatz für die Designforschung und -praxis zu entwickeln.
Designerinnen und Designer sind an der Herstellung und öffentlichen Wahrnehmung von Geschlecht aktiv beteiligt. Über die Gestaltung von Werbung, Produkten, informationstechnologischen Bedienoberflächen und Serviceangeboten, die auf Antizipationen bestimmter Zielgruppen und Anwendungskontexte basieren, nehmen sie - bewusst oder unbewusst - Einfluss auf die kulturellen Vorstellungen von Geschlecht.
Geschlecht stellt eine zentrale Normalitätskonstruktion unserer Gesellschaft dar, über die sozio-materielle Unterschiede hergestellt und legitimiert werden. Trotz dieses offensichtlichen Zusammenhangs zeigen vielfältige Gestaltungsbeispiele, dass sich DesignerInnen traditioneller Geschlechternormen bedienen und somit zu einer Aufrechterhaltung von Geschlechterstereotypen und zu einer Materialisierung geschlechtsinduzierter Ungleichheiten beitragen. Eine derartige Gestaltungspraxis, die Geschlecht stereotyp oder gar nicht in den Blick nimmt, kann dem Wandel der Geschlechterrollen, der Veränderung gesellschaftlicher Arbeitsteilung, alternativer Lebenskonzepte mit anderen Vorstellungen von Partnerschaft und Familie sowie anderen Beziehungs- und Sexualitätsentwürfen jenseits der Heteronormativität nicht mehr gerecht werden.
Ausgehend von den Folgen einer geschlechtertraditionellen und geschlechtsblinden Gestaltungspraxis wird im Vortrag aufgezeigt, wie feministische Positionen auf die Technikgestaltung Einfluss nehmen bzw. bisher eingenommen haben. Davon ausgehend wird ein methodologischer Rahmen entwickelt der sich verschiedener feministischer Positionen bedient, um den Gestaltungsprozess forscherisch, gestalterisch und evaluativ anzuleiten. Anhand eines Fallbeispiels aus der eigenen Forschungspraxis wird illustriert, welche Fragestellungen eine feministisch informierte Gestaltungsmethodologie an die Designforschung und -praxis heranträgt als auch gezeigt, wie die Technikgestaltung dadurch verändert wird. Über den Vortrag hinaus wird die Frage zur Diskussion gestellt, welche Machtposition GestalterInnen, die sich als feministisch verstehen, einnehmen bzw. welche ihnen zugestanden werden darf.