Lotsen für erfahrbare Lebensräume

LoeL - Lotsen für erfahrbare Lebensräume

"LoeL - Lotsen für erfahrbare Lebensräume" ist ein Unternehmen, das von drei Powerfrauen geführt wird. Sie verkaufen barrierefreie Strandkörbe, die Erholung für Alle bieten. Auf einem interdisziplinären Seminar haben sie sich kennengelernt, ihre Idee entwickelt und gesagt: das machen wir! Ihr Unternehmen haben sie ohne hohes Startkapital mit einem interessanten Konzept aufgebaut. Stellvertretend für das Team ist Luna Baumgarten hier.

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Saskia Niemöller, Miriam Lockhorn und Luna Baumgarten

Schön, dass Du da bist und dass du Dir Zeit genommen hast! Erzähle bitte etwas über dich und deine beiden Partnerinnen.
Luna Baumgarten:
Wir sind ein Drei-Frauen-Team. Drei Powerfrauen mit ganz unterschiedlicher Expertise und mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten. Ich habe gerade meinen Master in BWL mit Schwerpunkt Dienstleistung abgeschlossen. Saskia Niemöller studiert auch BWL, allerdings mit dem Schwerpunkt Gesundheitswesen. Und Miriam Lockhorn studiert Ökotrophologie. Damit ist Miri unser Exot. Das ist aber sehr gut, denn durch sie kommen ganz andere Impulse und ganz andere Bereiche finden Berücksichtigung. Zudem besitzen wir ganz unterschiedliche Charaktere: mit Saskia von eher still und eine Spezialistin was Zahlen angeht, bis hin zu Miriam und mir, die eher Redebedarf haben und im Marketing bzw. Vertrieb tätig sind. Von daher sind unsere Aufgabenbereiche sehr gut verteilt und alles ist vertreten.

Was genau macht ihr? Was ist euer Produkt?
Luna Baumgarten:
Wir verkaufen generationsübergreifende und barrierefreie Strandkörbe, die auf unsere Kunden genau abgestimmt sind. Ziel war es, einen Strandkorb zu bauen, der auch Menschen mit Handicaps ermöglicht, das Meer und den Strand ohne Stress zu genießen. Beispielsweise besitzen unserer Strandkörbe eine Rampe, mittels derer ein Rollstuhl, Rollator, Kinderwagen oder viel Gepäck leicht in den Strandkorb gebracht werden können. Da unser Strandkorb breiter als ein normaler ist, ist genügend Stellfläche vorhanden. Es können ganz individuelle Ideen gemeinsam mit dem Kunden erarbeitet und eingebaut werden. So gibt es z. B. auch einen herunterklappbaren Tisch, der auch gerne als Wickeltisch genutzt wird.

Wie habt ihr euch gefunden? Da gibt es doch auch eine nette Geschichte zu.
Luna Baumgarten:
Wir kannten uns vorher überhaupt nicht. Wir sind auf der LINGA Blockwoche im Mai 2014 aufeinander getroffen. Die LINGA Blockwoche war eine interdisziplinäre studentische Blockwoche der Landesinitiative Niedersachsen generationengerechter Alltag in Cuxhaven. Hier wurde man mit Studierenden aus verschiedenen Hochschulen, aus verschiedenen Studiengängen durcheinandergewürfelt und sollte etwas zum Thema "Watt innovatives" erarbeiten. Bei uns kam der Strandkorb heraus, zumindest eine Idee eines barrierefreien Strandkorbes.

Wir durften eine Woche lang mit verschiedenen Expertisen kreativ sein und haben auch direkt am Strand vor Ort die Leute, unsere jetzigen Kunden, befragt: "Was wollt ihr? Was braucht ihr? Was fehlt euch?" Und so haben wir nach und nach, eigentlich mit den Kunden zusammen, unsere Produktideen entwickelt.

Direkt nach dem Seminar habt ihr wahrscheinlich nicht gegründet. Wann wart ihr wirklich soweit? Wann habt ihr gesagt: wir gründen?
Luna Baumgarten:
Nachdem wir mehrere Wettbewerbe mit unserer Idee und dem dazugeörigen Konzept gewannen, haben wir gesagt: "Okay, wenn auch andere Leute sagen, unsere Idee und unsere Umsetzungsstrategie sind gut, dann lasst uns das einfach versuchen." Wir haben uns im Mai 2014 kennengelernt und haben im Dezember 2014 schon gegründet. Das mit der Gründung musste vor allem so schnell gehen, da wir zusammen mit dem TourismusMarketing Niedersachsen im März auf der ITB 2015 [Internationale Tourismus Börse] in Berlin vertreten waren. Dort hat der Wirtschaftsminister Olaf Lies unseren ersten Prototypen enthüllt. Seitdem kann man bei uns barrierefreie Körbe kaufen. Also genau ein Jahr später nachdem wir uns kennengelernt haben, waren wir mit unserem Produkt am Markt.

Ihr stellt Strandkörbe her. Brauchtet ihr da nicht ein hohes Startkapital? Wie habt ihr das hinbekommen?
Luna Baumgarten:
Nein. Ich habe fünf Jahre BWL studiert und habe überlegt, wie kann man das mit möglichst wenig oder gar keinem Budget und ohne Finanzierungsmittel von außen machen. Wir haben eigentlich nur unsere Preisgelder in Höhe von 5.000 Euro genommen und haben daraus alles andere erschaffen. 5.000 Euro sind nicht besonders viel, aber keiner von uns musste mit Eigenkapital ein Risiko eingehen. So hätten wir am Anfang nicht viel verloren, wäre die Idee nicht so erfolgreich. Dass man mit 5.000 Euro nicht so weit kommt, merkt man besonders, wenn man Patente anmeldet oder Anwaltskosten bezahlen muss. Unser restliches Budget haben wir über Kooperationen und "Win-win-Deals" erhalten, von denen immer beide Seiten etwas hatten. Und so sind wir weit gekommen.

Ihr seid zwei BWLerinnen im Team. Ist es wichtig, dass jemand mit BWL-Kenntnissen dabei ist?
Luna Baumgarten:
Also es ist ein Vorteil. Viele Prozesse und Strukturen sind dann schon im Voraus klar, weil man es gelernt hat und man es einfach nur noch anwenden muss. Ich glaube, dass andere Unternehmen, die ohne BWL-Hintergrund starten, es natürlich auch schaffen. Nur haben sie es wahrscheinlich an Anfang etwas schwerer.

Wie ist es so in einem Frauenteam zu gründen? Hast du das Gefühl, es ist anders, als wenn ihr einen Mann dabei hättet oder wenn ihr Männer wärt?
Luna Baumgarten:
Anders wäre es bestimmt. Ja, die Start-up-Szene, ist meist sehr männerdominiert. Und man wird erst mal belächelt. Wenn man dann sagt, was man genau macht und vor allem wie man das macht, dann sind sie alle erstaunt und fragen: "Wie funktioniert das denn genau? Aha! Mhm!" Ja, ich glaube, am Anfang war es so: "Die drei Mädels". Jetzt ist es so: "Oh die drei Unternehmerinnen!" Es ist auch immer wieder zu Beginn von Vertragsverhandlungen amüsant, denn wir sind alle drei nicht die Größten. Aber das gleichen wir in den Verhandlungen mit Verhandlungssicherheit und -stärke aus.

Wer produziert die Strandkörbe für euch?
Luna Baumgarten:
Wir haben einen externen Produzenten, der auch mit Strandkörben großgeworden ist und der seine Fachexpertise mit einbringt. Wir selbst werden keine Produktionsstraße aufbauen. Das sind Maschinen- und Personalkosten, die noch nicht in unser Budget passen. Das Know-How haben wir uns von außen noch dazu geholt, denn keiner von uns ist professioneller Strandkorbbauer.

Und der Produzent sitzt in China, Vietnam oder Kambodscha?
Luna Baumgarten:
Nein, in Deutschland. Wir haben darauf Wert gelegt, dass es deutsche Qualität bleibt. Der Strandkorb ist ein deutsches Gut, den kennt man auch in Deutschland und den genießt man meistens auch in Deutschland. Von daher haben wir gesagt: ein deutsches Produkt, deutsche Qualität - das ist uns sehr wichtig. Der Strandkorb wird auch handgeflochten. Da steckt viel Liebe drin.

Wer kauft eure Strandkörbe? Wer ist eure Zielgruppe?
Luna Baumgarten:
Ganz unterschiedlich. Also unsere Zielgruppen reichen von der Privatperson, die sich den Urlaub in den Garten holen möchte bis hin zu Gemeinden und Kommunen. Borkum hat zum Beispiel einen Strandkorb in Kooperation mit dem Radiosender FFN gekauft. Es sind auch Rhea- und Kureinrichtungen oder Erholungszentren, die unseren Strandkorb für ihre Einrichtung bzw. für ihr Feriendomizil anbieten und sagen, "Wir sind auch in dem Bereich barrierefrei. Sie können gerne bei uns vorbeischauen."

Nun eine Frage zu eurem Netzwerk. Es ist ja immer wichtig, dass man Leute kennt und Leute hat, die einen unterstützen. Wie war das bei euch? Ist für euch eher das private Netzwerk wichtig, das gesagt hat: "Ja, ihr schafft das!" Oder waren für euch die Institutionen für euch wichtiger?
Luna Baumgarten:
Beides würde ich sagen. Zuerst das eine, dann das andere. Das private Umfeld muss am Anfang zu 100 Prozent hinter einem stehen. Wir haben fast ein Jahr lang auf Privatleben verzichtet, um unser Unternehmen so schnell vorwärts zu bringen. Wir mussten uns erst kennen lernen, unser Unternehmen definieren und unser Produkt weiter entwickeln. Am Anfang muss das Privatleben immer motivierend dabei sein und leider auch viel zurückstecken. Es waren alle froh, als die Gründungphase vorbei war und nun das Unternehmen LoeL- Lotsen für erfahrbare Lebensräume erfolgreich besteht.

Es ist ganz wichtig sich zu vernetzen und viele Leute aus verschiedenen Bereichen zu kennen. Man sollte nicht nur sagen, ich komme aus der BWL-Richtung, ich vernetze mich nur mit BWLern. Falscher Ansatz. Wichtiger ist es, besonders viele andere Fachrichtungen kennen zu lernen. Das gibt so viel Input und so viele neue Ideen. Und nebenbei lernt man viele tolle Menschen kennen.

Das Netzwerk beeinflusst einen ja auch, inwiefern man sich weiterentwickeln kann. Ich glaube, Bücher lesen kann man ganz viele. Wichtiger ist es aber von den Erfahrungen anderer Menschen zu lernen. Beispielsweise sollte man auch zu euch, zur Technologietransferstelle, gehen, die einem sagen, was man alles machen, wo man hingehen kann und wer da vielleicht auch Ideen zu hat.

Wir sind auch der Meinung, dass eine Idee nicht in der Schublade bleiben sollte. Man sollte sie möglichst weit kommunizieren, da nur dann die Idee wachsen kann und man ein Gefühl für seine Idee entwickelt. Also Netzwerken ist einer der Top-Five würde ich sagen.

Wenn du dir etwas von der Stadt, der Hochschule oder andere Institutionen für eure Gründung wünschen könntest? Was wäre das?
Luna Baumgarten:
Wir wurden von allen Seiten sehr gut unterstützt. Wir haben vieles alleine gemacht, ohne vorher irgendwen zu fragen. Zwischendurch haben wir aber festgestellt, hier brauchen wir einen Ansprechpartner. Dann war immer jemand da. Ich würde mir wünschen, dass andere das auch so in Anspruch nehmen: ihre Ideen entwickeln, aber immer mal wieder Rücksprache halten. Das fand ich hier in der Technologietransferstelle sehr schön. Denn immer wenn wir gesagt haben, "wir wissen nicht ganz genau", dann sind wir unter anderem hierhergekommen und wurden mit offenen Armen empfangen. Dann wurde gesagt: wir gucken uns das zusammen an oder wir wurden weitergeleitet an jemanden, der es mit uns mit einem Rat zur Seite stehen konnte. Für uns war das genau die richtige Mischung zwischen: wir sind da und wir lassen euch machen.

Du wohnst in Braunschweig und deine Partnerinnen in Osnabrück. Wie habt ihr es empfunden, dass ihr an zwei unterschiedlichen Standorten saßt?
Luna Baumgarten:
Es hat Vor- und Nachteile, an mehreren Standorten zu sein. Wir müssen und immer gut abstimmen. Ich hätte mir am Anfang gewünscht, dadurch dass wir uns auch nicht gut kannten, dass wir an einem Ort gewesen wären. Dann wäre vieles einfacher gewesen. Allerdings konnten wir so durch den Bezug zu zwei Start-up-Szenen eine größere Vielfalt nutzen: Hier in Braunschweig mag ich die Start-up-Szene unheimlich gerne, da sie übersichtlich ist, aber gleichzeitig kommen immer wieder neue Leute dazu. Und wenn man sich unter die innovativen Menschen mischt, gibt es einen super Austausch. In Osnabrück haben wir auch Start-ups, mit denen wir kooperieren und gesagt haben, "okay, da möchten wir gucken, wie man zusammenarbeiten kann und jeder mit Gewinn herausgeht".

Könnt ihr mittlerweile von eurem Unternehmen leben?
Luna Baumgarten:
Nein, das wäre auch sehr utopisch, wo wir ja erst im Dezember 2014 gegründet haben. Da würde auch jeder sagen, der vielleicht auch schon mal eine Gründung durchgemacht hat: "Also vielleicht das erste Jahr und dann noch die ersten fünf Jahre überstehen das ist schon super. Und danach kann man weitersehen." Es ist ja auch nach wie vor ein Nischenprodukt. Es wird den normalen Strandkorb nicht in absehbarer Zeit ersetzen, sondern es ist ein Zusatzangebot, das wir anbieten. Wir hoffen natürlich viele unserer Körbe am Strand zu sehen.

Was ist eure Vision für die nächsten fünf Jahre?
Luna Baumgarten:
Auf jeden Fall auf dem Markt zu bleiben - und zu wachsen. Wir würden natürlich gerne unser Produkt so entwickeln, dass es zu 100 Prozent möglich ist jeden Kundenwunsch umzusetzen. Zusätzlich wollen wir unser Portfolio ausbauen. Aber wir haben auch schon gesagt, dass wir langsam wachsen- das ist ein organisches Tempo und wir können in Ruhe mitwachsen.

Ganz herzlichen Dank. Ich fand das Gespräch sehr spannend.

Luna Baumgarten: Ja. Herzlichen Dank für die Einladung.