An dieser Stelle stellen wir in regelmäßigen Abständen besonders interessante Objekte aus der pharmaziehistorischen Sammlung Braunschweig vor. Neben dem großen, von Wolfgang Schneider in den 1950er Jahren begonnenen Bestand der Forschungssammlung befinden sich heute auch Objekte aus pharmakognostischen Sammlungen sowie aus verschiedenen Apotheken des 19. und 20. Jahrhunderts im Bestand. Auf der rechten Seite finden Sie einige Objekte aus den vergangenen Monaten!
Das Emplastrum Cerussae, synonym Bleiweißpflaster oder Froschlaichpflaster, entstammt der Sammlung von Pflastern und Wachs des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts aus der ehemaligen Alten Apotheke in Wolfenbüttel. Die zu kleinen Tafeln (3 x 2 cm) gegossenen weißen Pflaster sind mit Pergamentpapier umwickelt.
Seit der Antike wurde ein Pflaster, das Bleiweiß und Bleiglätte enthielt, bei Abszessen, Furunkeln und äußerlichen Krankheiten eingesetzt. Eine Froschsalbe kannte bereits Dioskurides.
Im 16. Jahrhundert kamen die Frösche und die Bleiverbindungen zusammen vor, und das Emplastrum Cerussae wurde außerdem als Heilpflaster verwendet, da ihm austrocknende Wirkung bei Wunden, Geschwüren, drohendem Dekubitus, Hämorrhoidalknoten und Verbrennungen zugeschrieben wurde. Gerne wurde das Pflaster bei Säuglingen, Frauen und Kindern genutzt. Für diese Zeit ist auch Froschlaich als Hauptzutat überliefert, woraus sich der Name bis heute ableitet.
Nach der Rezeptur des DAB III aus dem Jahr 1890, dem ungefähren Herstellungszeitraum, gehörten zu den Inhaltsstoffen des Pflasters Bleiglätte (Blei-(II)-oxid), Bleiweiß (basisches Bleicarbonat) und Olivenöl. Froschlaich fand sich also jetzt nur noch im Namen.
Die Herstellung erfolgte, indem sieben Teile fein gepulvertes Bleiweiß mit zwei Teilen Olivenöl sorgfältig angerieben und dazu zwölf Teile geschmolzenes Bleipflaster, das aus Bleiglätte und Olivenöl bestand, zugemischt wurden. Unter Umrühren und Wasserzugabe kochte man das Gemisch bis zur erforderlichen Pflasterkonsistenz.
Bleiweiß war nicht nur ein wichtiger Inhaltsstoff des Emplastrum Cerussae, sondern auch des Roten Schutzpflasters, synonym Emplastrum defensivum rubrum. Auch dieses Pflaster in Tafelform aus der Alten Apotheke in Wolfenbüttel ist in den Bestand der Arzneimittelhistorischen Sammlung übergegangen. Das hier abgebildete Namensschild verweist auf den ursprünglichen Aufbewahrungsort in einer Schublade. Die auffällige orangerote Farbe des Roten Schutzpflasters entstand durch die eingearbeitete Mennige, auch als Minium bezeichnet, chemisch Blei(II,IV)-oxid. Zur Anwendung wurde auch dieses Pflaster geschmolzen, auf eine textile Unterlage gestrichen und appliziert.
Als Defensiv-Pflaster sollte es im 17. Jahrhundert der Entstehung von Wunden vorbeugen, Entzündungen von Wunden oder „Flüsse zu dem kranken Theil“ verhindern und das beschädigte Körperteil schützen. Im 18. Jahrhundert wurde das Rote Schutzpflaster als Bestandteil von Reise-Apotheken gerne angewendet zum Bedecken von Brandwunden und anderen Wunden, bis der Chirurg zur Behandlung der Wunden kam. Die Giftigkeit von Bleiweiß und anderen Bleiverbindungen war über Jahrhunderte bekannt, dennoch fanden diese einen breiten Einsatz in weiteren äußerlich anzuwendenden Zubereitungen wie Salben und Kosmetika. Noch im DAB 6 von 1947 waren bleihaltige Pflaster aufgenommen, verschwanden danach aber aus den Pharmakopöen.
Leonie Funke, Nabiga Mahmood, Charlotte Kalinowski, Esma Kurt
(Wahlpflichtfach Pharmaziegeschichte, Wintersemester 2022/23)