An dieser Stelle stellen wir in regelmäßigen Abständen besonders interessante Objekte aus der pharmaziehistorischen Sammlung Braunschweig vor. Neben dem großen, von Wolfgang Schneider in den 1950er Jahren begonnenen Bestand der Forschungssammlung befinden sich heute auch Objekte aus pharmakognostischen Sammlungen sowie aus verschiedenen Apotheken des 19. und 20. Jahrhunderts im Bestand. Auf der rechten Seite finden Sie einige Objekte aus den vergangenen Monaten!
Das Arzneigefäß mit dem historischem Arzneimittel „Lapis aetites“, volkstümlich auch als Adlerstein oder Klapperstein bezeichnet, kam ca. 1950 aus dem Deutschen Apotheken-Museum in den Bestand der Forschungssammlung Wolfgang Schneiders. Über weitere Provenienzen des Minerals aus Toneisenstein ist nichts bekannt. Namensgebend für die Bezeichnung Adlerstein war die Beobachtung, dass Adler solche Steine zum Schutz des Geleges in den Horst trugen. Die faustgroße, ovale, schalenartige und gebrochene Hülle enthält einen braungelben, locker sitzenden Stein, der beim Schütteln Geräusche erzeugt. Lapis aetites war seit der Antike im medizinischen Gebrauch und als Mittel mit Signaturenbeziehung sowie als magisches Mittel anzusehen. Das Werk Basilica chymica des Arztes, Pharmazeuten und Alchemisten Oswald Croll (1560-1609) prägte die Chemiatrie des 17. Jahrhunderts maßgeblich. Gemeinsam mit der Basilica chymica erschien 1623 Crolls Signaturentraktat, De signaturis internis rerum. Dem „schwangeren Stein“, ein Stein, in dessen Hohlraum sich ein weiterer Stein (oder Bruchstücke davon) befindet, wurde von Oswald Croll die Kraft zugesprochen, die vorzeitige Geburt zu verhindern oder zu gegebener Zeit die Geburt zu erleichtern, wenn er an den Körper einer Gebärenden gebunden, bzw. wieder abgenommen wurde.
Zu Pulver verrieben und äußerlich angewendet verweist das Zedler Lexikon mehr als hundert Jahre später darauf, dass Lapis Aetites „wider die Schwere-Noth [Epilepsie], hilfft die Milch vermehret, auf solche Art auch die Geburt befördern kann. Er ist anziehend, dienet dahero wider die Pestilentialischen Fieber und rothe Ruhr“. 1721 konnte in Braunschweiger Apotheken das Mittel für 6 bis 8 Mark pro Stück gekauft werden. Auch nach der „Pharmacopoeia Wirtenbergica“ von 1741 erleichterte der Stein aus der Kategorie der gemeinen Steine die Geburt und war ein Adstringens. Nach 1800 waren Adlersteine nicht mehr in Arzneibüchern aufgenommen.
Von Anette Marquardt