Datum: 17.6.2014
Technik ist in unserem Arbeitsalltag allgegenwärtig. Wir schreiben Texte am PC, buchen Dienstreisen über eine App oder Skypen mit unserem Kollegen in Australien. Erst wenn etwas nicht funktioniert, wenn diese "Dinger" stören und nerven, tritt ihr Technik-Sein für uns in den Blick. Manchmal ist dann eine Lösung schnell zur Hand, manchmal können wir das Problem auch einfach umgehen oder aber wir müssen uns Expertenrat holen.
Auch unser Mann- oder Frausein ist Bestandteil unseres Arbeitsalltages. Wenn Geschlecht richtig funktioniert, dann ist es uns allerdings ebenso wenig bewusst wie ein gut funktionierender Kugelschreiber. Es ist einfach da und tut seinen Dienst. Doch auch unser Mann- und Frausein kann manchmal stören und nerven, z.B. wenn die Beförderung ausbleibt, weil eine Frau den Posten bekommen soll oder wenn man böse Blicke erntet, weil man 8 Wochen in Elternzeit gehen will.
All dies sind soziale Phänomene, die etwas damit zu tun haben, wie wir gemeinsam eine Vorstellung vom "Normalen" und vom "richtig Funktionieren" teilen. Dieses "Normale" kann sich natürlich ändern, denn ebenso wenig halten wir mittlerweile einen Akustikkoppler für eine geeignete Verbindung ins Internet wie wir es gutheißen, wenn ein Ehemann seiner Frau das Arbeiten verbietet.
Die Soziologie verfügt über eine lange Tradition, das was uns Selbstverständlich und Normal erscheint als gemeinsam Gemachtes aufzudecken, als etwas das nicht naturwüchsig so ist, sondern durch soziale Prozesse hervorgebracht wird. Insbesondere die Erforschung des Alltäglichen spielt dabei eine zentrale Rolle. Denn wir alle sind zwar Experten unseres Alltages, aber dies in einer Art und Weise, dass unser Expertentum uns nicht bewusst ist.
Der Vortrag wird zentrale Erkenntnisse der soziologischen Geschlechter- und Technikforschung beleuchten und miteinander in Kontakt bringen. Dies vor dem Hintergrund einer empirischen Studie in einer Internetagentur. Fokussieren werden wir dabei die enge Verwobenheit von Technik- und Männlichkeitskonstruktionen.
Prof. Dr. Diana Lengersdorf ist Juniorprofessorin für Geschlecht, Technik und Organisation an der Universität zu Köln. Sie wurde an der TU Dortmund mit einer Studie über den Arbeitsalltag in einer Internetagentur promoviert. Aktuell leitet sie ein DFG-gefördertes Projekt zur Dramaturgie im Museum, das die Reproduktion sozialer Ungleichheiten im Museum untersucht. Ein Projekt in Vorbereitung fokussiert Transformationen hegemonialer Männlichkeit und den Strukturwandel der Erwerbsarbeit.
Aktuelle Publikationen: Wissen - Methode - Geschlecht. Erfassen des fraglos Gegebenen, Wiesbaden: Springer-VS (2014, hrsg. zusammen mit Cornelia Behnke und Sylka Scholz) / Schlüsselwerke der Science & Technology Studies, Wiesbaden: Springer-VS (im Erscheinen, hrsg. Zusammen mit Matthias Wieser).