Mechanische Baugruppen im Mikro- und Nanomaßstab werden für zukünftige Technologien zunehmend an Bedeutung gewinnen. Aktuell sind Systeme wie Chips, Sensoren und Aktoren in elektrischen und mechanischen Systemen in der Größenordnung von Millimetern bis einigen hundert Mikrometern verbaut. Der Trend geht zu immer kleiner werdenden Strukturen, hin zu Nanosystemen. Gegenüber konventionellen "Makrosystemen" sind Mikro- und Nanosysteme energiesparend und ressourcenschonend. Kleine Systeme benötigen zudem weniger Platz und reduzieren das Gewicht des Bauteils, woraus sich ein großes Funktionsspektrum und eine hohe Funktionsdichte ergeben. Dabei ist zu beachten, dass die Materialeigenschaften von Mikro- und Nanostrukturen nicht allein von der Art des Ausgangsmaterials abhängen, sondern in besonderer Weise von ihrer Größe und Gestalt. Beispielsweise ist im Nanobereich der Einfluss von adhäsiven Kräften und Kräften aufgrund von Ladungsunterschieden größer als die Gewichtskraft. Daraus ergeben sich spezielle Anforderungen für die Herstellung definierter Strukturen, sowie Methoden und Ansätze der Fertigungstechnik, die sich von denen im Makroskopischen unterscheiden.
Das Projekt "Umformung metallischer Nanopartikel" untersucht insbesondere das mechanische Verhalten und die Möglichkeiten der Formgebung (Schmieden) von einkristallinen Ni3Al-Nanopartikeln im Rasterelektronenmikroskop. Ziel der Umformung von Nanopartikeln ist die Charakterisierung der mechanischen Eigenschaften und die Herstellung definierter Strukturen, welche zu komplexen Systemen zusammengefügt werden sollen.
Bevor mit der Formgebung der Nanopartikel begonnen werden kann sind zwei Voraussetzungen erforderlich. (a) Die Bereitstellung geeigneter Nanopartikel und (b) die Fertigung der Werkzeuge für die Manipulation und das Umformen (Schmieden).
(a) Aufgrund ihrer wohldefinierten Geometrie eignen sich die würfelförmigen, einkristallinen Ausscheidungen von Nickelbasis-Superlegierungen besonders gut als frei bewegliche Schmiedeteile. Sie werden elektrochemisch von dem Grundmaterial isoliert. Der Prozess ist vergleichbar mit dem zur Herstellung nanoporöser Membranen durch elektrochemische Phasenextraktion. Dabei wird die γ-Phase aufgelöst und lediglich die γ'-Phase bleibt in ihrer würfelförmigen Morphologie bestehen. Die Abbildung zeigt die Mikrostruktur der Nickelbasis-Superlegierung vor (links) und nach (rechts) der Phasenextraktion.
Die γ'-Teilchen werden anschließend in Methanol dispergiert und auf das Substrat (Si-Wafer) appliziert. Das Methanol verdampft und auf dem Substrat bleiben die Nanopartikel zurück.
(b) Für das Positionieren und Umformen von Nanopartikeln sind entsprechend feine Werkzeuge erforderlich. Sie werden aus einem Wolframdraht mit einem Durchmesser von 0,5 mm durch ein Abtragverfahren, dem elektrochemischen Dünnen (ECM-electrochemical milling), gefertigt. Mit diesem kann durch Variation der Prozessparameter die Größe und Form der Werkzeuge eingestellt werden. Während die Werkzeuge für die Manipulation einen sehr kleinen Spizenwinkel mit einem Durchmesser von etwa 300 nm (links) aufweisen müssen, ist für das Umformwerkzeug ein Spitzendurchmesser von etwa 1000 nm (rechts) erforderlich.
Durch Variation der Prozessparameter können beide Geometrien reproduzierbar hergestellt werden. Die abgeplattete Form des Umformwerkzeugs entsteht durch das Andrücken an das Si-Substrat nahe des Umformortes. Dadurch wird Planparallelität zwischen den Andruckflächen sichergestellt.
Die Untersuchung des mechanischen Verhaltens erfolgt durch Druckversuche. Hierzu wurden verschiedene Systeme für die Kraft- und Dehnungsmessung entwickelt. Einen Versuch mit einer piezoresistiven Kraftmesseinrichtung zeigt die untenstehende Abbildung. Dabei wird ein Nanopartikel auf einem Cantilever (Biegebalken) positioniert und mit dem Umformwerkzeug belastet. Als Folge der Durchbiegung ändert sich der elektrische Widerstand des Cantilevers. Das elektrische Signal wird ausgelesen und in ein Kraftsignal umgewandelt. Untersuchungen mit größerer Auflösung erfolgen mithilfe eines Nanoindenters an der Eidgenössischen Materialprüfanstalt (EMPA) in Thun (Schweiz).
Die Besonderheit an diesen einkristallinen kubischen Nanopartikel, sind die enorm hohen Festigkeiten nahe der theoretischen Festigkeit und ein hoher Umformgrad von über |φ|=1,5. Das erklärt einerseits die exzellente Umformbarkeit und ermöglicht andererseits die Verwendung als hochfestes Bauteil.
Zwei Umformverfahren wurden konzipiert und ermöglichen die Durchführung des "Frei-Form"- und des "Gesenk"-Schmiedens von Nanopartikeln.
Beim Freiformen wird zwischen ebenen Stauchbahnen umgeformt. Durch das sog. Recken kann das Material gebreitet werden (siehe Abbildung). Auch ist das partielle Umformen möglich, um lediglich definierte Bereiche zu strukturieren.
Durch Lithografie können Löcher unterschiedlicher Größe in Si-Substraten erzeugt werden. Diese eignen sich ab einer Größe unter 400 nm als Formen für das Gesenkformen. Dabei wird ein geeignetes Teilchen mit der ebenen Stauchbahn des Umformwerkzeugs aufgenommen und über einem Loch positioniert. Die Kraft wird langsam aufgebracht und das Material formt sich in die Kavität ein. Es entsteht ein zylindrischer Bolzen an einer flachen Scheibe (siehe Abbildung).
Durch Variation der Gestalt der Form können in Zukunft auch komplexere Geometrien hergestellt werden.
[1] A. Landefeld, J. Rösler: Nanoforging - Innovation in three-dimensional processing and shaping of nanoscaled structures, Beilstein Journal of Nanotechnology, 2014
[2] A. Landefeld, W. M. Mook, J. Rösler, J. Michler: Compression Experiments on γ'-Nanoparticles, ISRN Nanomaterials, 2012
[3] A. Landefeld, J. Rösler: Fabrication of metallic Nanocomponents by Forging of Ni3Al-Nanoparticles, MRS Proceedings, 2012
[4] J. Rösler, D. Mukherji, K. Schock & S. Kleindiek, Forging of metallic nano-objects for the fabrication of submicron-size components, Nanotechnology, 18, 125303, 2007
[5] J. Schloesser, J. Rösler, & D. Mukherji, Deformation behaviour of freestanding single-crystalline Ni3Al-based nanoparticles, International journal of materials research, 102, 532-537, 2011
Bearbeiter: Dipl.-Ing. Andreas Landefeld