Nanoporöse Metallmembranen

Allgemeines:
Die aus Superlegierungen hergestellten nanoporösen Membranen sind offenporige Strukturen, die den herkömmlichen Einsatzbereich der Superlegierung als Hochtemperaturkonstruktionswerkstoff auf funktionale Anwendungen erweitern. Um das industrielle Anwendungspotenzial zu spezifizieren, liegt der Forschungsschwerpunkt des Projektes in der Entwicklung und Optimierung des Herstellungsprozesses der nanoporösen Membranen sowie in der Charakterisierung der Materialeigenschaften.

Herstellung:
Als Ausgangsmaterial zur Herstellung nanoporöser Strukturen dienen Nickel-Basis-Superlegierungen. Diese können signifikante Volumenanteile der kohärenten γ'-Ausscheidungsphase aufweisen. Bei einigen Legierungen erreicht dieser Anteil bis zu 70 Vol.-%, wobei bei hohen γ'-Gehalten die Ausscheidungen typischerweise in würfelförmiger Morphologie aus der mischkristallgehärteten Nickelmatrix, die als γ-Phase bezeichnet wird, ausgeschieden werden. Die Würfel mit einer Kantenlänge von zirka 300 nm bis 500 nm ordnen sich aus energetischen Gründen äußerst regelmäßig an. Ein solches γ/γ'-Gefüge ist zum Beispiel in der gezeigten Rasterelektronenmikroskopaufnahme der einkristallinen Legierung CMSX-4 vorhanden.

Nanoporöse Metallmembran

In diesem Zustand ist es durch elekrochemische Phasenextraktion nicht möglich, eine poröse Struktur zu erzeugen. Durch selektives Auflösen der γ-Matrix würden lose γ'-Würfel entstehen, während die gezielte Auflösung der Ausscheidungen nur die oberflächlich zugängliche γ'-Phase entfernen würde. Dass dennoch nanoporöse Strukturen aus den vorangehend beschriebenen Nickel-Basis-Superlegierungen hergestellt werden können, liegt in einem Phänomen begründet, welches bei den herkömmlichen Hochtemperaturanwendungen des Werkstoffes (zum Beispiel als Turbinenschaufeln) unerwünscht ist. Dieses Phänomen wird als gerichtete Vergröberung oder Floßbildung bezeichnet und geht mit einer Veränderung bzw. Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften des Materials einher. Hervorgerufen durch thermomechanische Beanspruchung vollzieht sich eine Morphologieänderung des Gefüges. Die γ'-Ausscheidungen wachsen dabei in bevorzugten Richtungen relativ zur Belastungsrichtung, weil die Symmetrie der inneren Energien an der Grenzfläche zwischen γ- und γ'-Phase durch die äußere Belastung gestört wird. Dieses kann sowohl bei simultaner Beaufschlagung durch Temperatur und mechanischer Spannung als auch bei plastischer Vorverformung mit anschließender, äußerlich spannungsfreier Temperatureinwirkung eintreten. Unter speziellen Voraussetzungen bildet sich eine plattenförmige Morphologie aus, indem die γ'-Würfel in der Ebene senkrecht zu der Belastungsrichtung vergröbern und zusammenwachsen. Für die Legierung CMSX-4 ist dieses in der folgenden Abbildung gezeigt.

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Hervorzuheben ist die Tatsache, dass die lamellare Struktur ein dreidimensionales, interpenetrierendes Netzwerk sich gegenseitig durchdringender γ- und γ'-Phase darstellt. Aus den diskreten γ'-Würfeln ist eine einzige zusammenhängende γ'-Struktur entstanden. Die Breite dieser Platten, auch Flöße genannt, liegt in der gleichen Größenordnung wie die Kantenlänge der anfänglichen γ'-Ausscheidungen, aus denen sie entstanden sind, d.h. einige hundert Nanometer.

Durch gezielte Wahl eines Elektrolyten lässt sich in diesem Materialzustand selektiv die eine oder andere Phase mittels galvanostatischer oder potentiostatischer Prozessführung elektrochemisch herauslösen. Es ergibt sich, je nachdem welche der beiden Phasen entfernt wird und wie hoch der γ'-Volumenanteil ist, eine nanoporöse Struktur mit einer Porosität zwischen ca. 30 und 70 Prozent.

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Da die Ionen der herauszulösenden Phase mit fortschreitender elektrolytischer Extraktion aus immer tieferen Kanälen (Poren) diffusiv an die Oberfläche transportiert werden müssen, sinkt die Extraktionsgeschwindigkeit stetig, bis auf technische Anwendungen bezogen eine Grenzextraktionstiefe erreicht wird. Somit ist ersichtlich, dass sich eine nanoporöse Struktur in Membranform ergibt, wie die nebenstehenden Abbildung zeigt.

Nanoporöse Metallmembran

Zielsetzung der Forschung im Bereich der Herstellung ist es, die einzelnen Prozessschritte so zu entwickeln und zu optimieren, dass eine industrielle Fertigung von Bauteilen für die im Folgenden beschriebenen, denkbaren Anwendungen ermöglicht wird. Dazu zählt unter anderem die kostengünstige Erzeugung von großflächigen Membranen, die Verbesserung des Extraktionsvorganges in Bezug auf Geschwindigkeit und mögliche Extraktionstiefe sowie die Herstellung homogener Strukturen mit definierter Porosität und Kanalbreite in hoher, reproduzierbarer Qualität.

Eigenschaften und Anwendungspotenzial:
Die nach dem Ätzprozess verbleibende Phase bildet eine sich selbst tragende Netzwerkstruktur, während an Stelle der herausgelösten Phase eine regelmäßige Struktur untereinander verbundener, schlitzförmiger Poren mit einer Breite von einigen hundert Nanometern auftritt. Dabei ist die Form der Poren bzw. der Porenwände über den Floßbildungs-Prozess in gewissen Grenzen einstellbar. Die äußere Oberfläche der Membranen zeigt weiterhin metallischen Glanz, im Gegensatz zu den Superlegierungen tritt jedoch ein Interferenzeffekt auf. Auf Grund der Legierungszusammensetzung zeigen die Materialien eine verhältnismäßig hohe Beständigkeit gegenüber Korrosion bzw. Oxidation. Mit diesem Eigenschaftsprofil unterscheiden sich die nanoporösen Membranen deutlich von anderen porösen metallischen Werkstoffen, die z.B. durch Sintern von Pulvern oder durch Aufschäumen flüssiger Metalle hergestellt werden können. Diese Materialien weisen häufig eine unregelmäßigere Porenstruktur auf. In Abgrenzung zu porösen Materialien auf der Basis keramischer Werkstoffe zeigen die untersuchten Filtermaterialien für Metalle charakteristische Merkmale wie thermische und elektrische Leitfähigkeit sowie Schweißbarkeit. Weiterhin entsprechen die Versagenseigenschaften denen eines soliden Metalls: Die Membranen sind verhältnismäßig riss- und bruchunempfindlich, nicht spröde und plastisch verformbar.

Nanoporöse Metallmembran

Aus diesen Eigenschaften ergeben sich eine Reihe von möglichen Anwendungen für nanoporöse Superlegierungen. So erscheint zum Beispiel der Einsatz als Wärmetauscher im Mikromaßstab denkbar. Ein weiteres potenzielles Einsatzgebiet für die nanoporösen Superlegierungen ist die Verwendung als Trägermaterial für Katalysatoren bei chemischen Reaktionen. Dies ist vor allem für Anwendungen interessant, bei denen das Trägermaterial mechanischen Stoßbelastungen, wie zum Beispiel beim Einsatz in Kraftfahrzeugen, ausgesetzt wird. Dabei können neben den bei porösen Materialien üblichen Beschichtungsverfahren für den eigentlichen Katalysator wie CVD oder PVD auch einfache nass- bzw. elektrochemische Methoden zum Einsatz kommen. Ebenfalls von großem Interesse sind die Untersuchungen zu den strömungsmechanischen Eigenschaften der Membranen. Auf Grund der Permeabilität eignen sich die porösen Materialien für den Einsatz im Bereich der Phasentrennung und könnten zum Beispiel als Biofilter, wie die nebenstehende Abbildung einer γ'-Membran mit einem E.-Coli-Bakterium zeigt, zum Einsatz kommen. Weiterhin zeigen die Metallmembranen bei der Durchströmung mit Gasgemischen eine gewisse Trenncharakteristik, wodurch eine praktische Anwendung im Bereich der Gastrennung möglich sein könnte.

Nanoporöse Metallmembran

Literatur:

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Weitere Informationen: