Entwicklungstendenzen zu höchsten Wirkungsgraden von Dampfturbinen zielen auf Dampftemperatur von 700C gegenüber heute maximal 580C ab. Dieser Technologiesprung erfordert den Austausch bisher verwendeter ferritischer 9-12% Cr-Stähle für Schmiedeteile wie zum Beispiel Turbinenwellen durch Superlegierungen auf Nickelbasis. Da Turbinenwellen sicherheitsrelevante Bauteile darstellen, werden sie gegen Wachstum des größten anzunehmenden Risses ausgelegt. Beachtet man die relativ langen Betriebsdauern bei Dampfturbinen und den vergleichsweise geringen Kriechrißwiderstand möglicher Kandidatwerkstoffe (z.B. IN 706, WASPALOY), so genügen diese Legierungen nicht den Anforderungen. Besonders beim Übergang von Vakuum zu Luft als umgebendes Medium stellt man eine Zunahme der Kriechrißgeschwindigkeit um z.T. mehrere Größenordnungen fest.
Eine wesentliche Verbesserung des Kriechrißwiderstandes an Luft bewirkt die Zugabe korngrenzensegregierender Elemente wie zum Beispiel Bor. Als nachteilig bei einer Dotierung mit Bor erweist sich jedoch die stark verschlechterte Gieß-, Schmied- und Schweißbarkeit des Werkstoffes. Aus diesem Grund ist der maximale Borgehalt in Schmiedelegierungen sehr niedrig gehalten.
Um die vorteilhafte Wirkung von Bor auch bei großen Schmiedeteilen wie z.B. Wellen nutzen zu können, wurde eine neue Methode entwickelt, die durch eine Diffusionsoberflächenbehandlung den besonders gefährdeten Randbereich von Schmiedeteilen (Kontakt zur Atmosphäre, hohe Spannungsintensitäten) mit Bor anreichert und somit den Kriechrißwiderstand verbessert.
Durch kritische Experimente kann gezeigt werden, daß diese Oberflächenbehandlung den Kriechrißwiderstand erhöht sowie den sog. SAGBO-Effekt drastisch verringert. Zukünftige Arbeitspunkte sind die Verfahrensoptimierung bei der Herstellung der Diffusionsschicht sowie eine umfassende Charakterisierung der Eigenschaften Schicht-Substrat.