Im Gemeinschaftsprojekt mit der WABCO GmbH wurden Untersuchungen zur Automatisierung schwerer Nutzfahrzeuge durchgeführt. Entwicklungsziel war die fahrerlose Ausführung langsamer Fahrmanöver, die klassischerweise auf Betriebshöfen notwendig sind. Aktuell kommt es während anspruchsvoller Rangieraufgaben in unübersichtlichem oder unbekanntem Umfeld häufig zu beachtlichen Rangierschäden. Darüber hinaus erfordern Rückwärtsfahrten eine weitere Hilfsperson, sofern die Gefährdungsfreiheit durch den Fahrzeugführenden nicht sichergestellt werden kann. Die Ausführung der Fahraufgabe durch Berufskraftfahrerinnen und -fahrer kann außerdem unwirtschaftlich sein, wenn das Rangieren auf Betriebshöfen - zum Beispiel durch ablaufbedingte Wartezeiten - mit längerem Stillstand verbunden ist.
Am Institut für Regelungstechnik wurde ein Sicherheitskonzept erarbeitet, das systematische und zufällige Fehler während der Ausführung fahrerloser Operationen durch ein Nutzfahrzeug adressiert. Zusätzlich erfolgten Untersuchungen von Sensorsystemen zur Umfeldwahrnehmung sowie von Wahrnehmungsalgorithmen für Rangier- und Parkaufgaben. Außerdem wird die Anforderungsanalyse als Teil des Entwicklungsprozesses automatisierter Fahrfunktionen für spezielle Einsatzumgebungen erforscht.
Motiviert durch Sicherheitsaspekte wurde zum Abschluss des Projekts im Frühjahr 2020 insbesondere die Anforderungsdefinition an das entwickelte System weiterverfolgt. Auf Grundlage einer umfassenden Analyse von Gesetzen und Normen wurden in Verbindung mit Vorarbeiten Sicherheitsanforderungen und spezifische Prüfkriterien in Hinblick auf eine Freigabe fahrerlosen Fahrens auf einem Betriebshof identifiziert. Ein wichtiger Aspekt ist hierbei das Ziel, automatisches Fahren mit Nutzfahrzeugen mit Straßenzulassung zu realisieren. Maßnahmen zur Gefährdungsvermeidung dürfen entsprechend den regulären manuellen Betrieb im öffentlichen Straßenverkehr nicht ausschließen. Allerdings können Anforderungen für die Durchführung fahrerloser Operationen auch die Infrastruktur der Betriebshöfe betreffen. Ergebnisse dieser gemeinsamen Studie sind in einem Konferenzbeitrag wiedergegeben1.
Darüber hinaus erfolgte im vergangenen Jahr eine prototypische Realisierung des Sicherheitskonzepts für die automatische Vorwärtsfahrt auf einem Betriebshof. Damit können spezifizierte Testfälle mit einem Nutzfahrzeugversuchsträger durchlaufen und die Robustheit von Hardware- und Softwarekomponenten evaluiert werden. Das Erreichen notwendiger Integritätsniveaus für sicherheitsrelevante Fahrzeugfunktionen stellt weiterhin auch in begrenzten Einsatzumgebungen eine zentrale Herausforderung dar.
1 Sabelhaus, D., Graubohm, R. & Wulf, O. (2019). Sicherheitsanforderungen für das automatische Fahren auf Betriebshöfen.
Gehalten auf der 9. Tagung Automatisiertes Fahren, München.