Die ›Kultur seiner selber‹ gilt nach Foucault als philosophischer Imperativ der Antike. Durch das frühe Christentum wird das Konzept der Selbstsorge adaptiert, spiritualisiert und unter Einbezug des christlichen Jenseitsglaubens transformiert. Der menschliche Weg zum Heil wird als Heiligungsprozess neu interpretiert. Sinn- und Urbild für die christliche Heilsvorstellung ist der Soter Jesus Christus, der an die Stelle antiker Heilgötter tritt. Im christlich geprägten Mittelalter ist das Verhältnis von Heil und Heilung als ambivalent zu bezeichnen. Im Zentrum der diesseitigen wie jenseitigen ›Kultur seiner selber‹ steht der Körper, der das religiöse Heil erst erfahrbar macht und doch transzendiert werden soll. Dieser heikle Zusammenhang wird in der Literatur des Mittelalters kontext- wie zielgruppenspezifisch ausgeleuchtet. So ist die Frage nach dem Ausmaß asketischer Übungen im monastischen Kontext in ganz anderer Weise relevant als beim laikalen Fürstenadel, wo Fragen der Gesundheit mit Fragen der Herrschaftsbefähigung verbunden sind. Die interdisziplinäre Tagung untersucht die Ambivalenz von Heil und Heilung in Mittelalter und früher Neuzeit diskursanalytisch, narratologisch, semantisch und kulturtheoretisch. Ziel ist, eine historische Archäologie gegenwärtig sich vollziehender Umbrüche und Umwertungen von Heilserwartung zu betreiben und das Konzept der Selbstsorge für die Analyse vormoderner Literatur fruchtbar zu machen.
Hier finden Sie den Programmflyer zum Download (pdf).
15.00 - 16.30
Besuch des Apothekenmuseums
mit der thematischen Führung »Pesthauch und Himmelduft - Heilkunde in Zeiten der Pest«
17.15 - 18.00
Begrüßung und Einführung
Tobias Bulang (Heidelberg) und Regina Toepfer (Braunschweig)
Sektion: Lectio christiana von Selbstsorge
18.00 - 19.30
Wolfgang U. Eckart (Heidelberg)
gesunte und lëbenthaft. Heil an Körper und Seele in der mittelalterlichen Diätetik
09.00 - 09.45
Manfred Eikelmann (Bochum)
sin angesihte zu den hymmeln keren. Zur christlichen Umdeutung antiker Selbstsorge in Konrad Humerys ›Tröstung der Weisheit‹
09.45 - 10.30
Almut Schneider (Magdeburg)
die diner clage wunden mit troste wollen heilen. Harmonia als heilende Kraft in allegorischer Lehrdichtung
10.30 - 11.00
Kaffeepause
Sektion: Körperlichkeit und Erlösung
11.00 - 11.45
Sonja Glauch (Erlangen)
Die paradoxale Struktur des Kastrations-(Un)Heils
11.45 - 12.30
Bernd Roling (FU Berlin)
Narben und Blut. Die körperliche Vollständigkeit des Auferstandenen zwischen Mittelalter und Neuzeit
12.30 - 14.00
Mittagspause
14.00 - 15.00
Besuch der Handschriftenabteilung
Medizinische Handschriften in der UB Heidelberg
15.15 - 16.00
Heike Schlie (Salzburg)
Blindenheilungen und Bildoffenbarungen
16.00 - 16.30
Kaffeepause
16.30 - 17.15
Dorothea Klein (Würzburg)
Geistliche Diätetik. Die Predigten Bertholds von Regensburg wider Völlerei und Trunksucht
Sektion: Narratives und performatives Heilshandeln
17.15 - 18.00
Julia Zimmermann (München)
Heillosigkeit als Krankheitskonzept in Texten zur Tanzwut
18.00 - 18.45
Beatrice Trinca (FU Berlin)
Ekel und Heil. Mystische Exzesse
9.00 - 09.45
Franziska Wenzel (München)
Leibliche und seelische Grenzen. Heilsbehauptungen in epischen und mystischen Texten
09.45 - 10.30
Elisabeth Schmid (Würzburg)
Heilsmythologie im ›Parzival‹
10.30 - 11.00
Kaffeepause
11.00 - 11.45
Udo Friedrich (Köln)
Zum Verhältnis von Heilen, Heil und Heilig in exemplarischen Erzählformen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit
11.45 - 12.30
Holger Runow (München)
Wissensvermittlung und Seelsorge in der späten Sangspruchdichtung
12.30 - 13.15
Bilanz und Ausblick
Prof. Dr. Tobias Bulang
Universität Heidelberg
Germanistisches Seminar
Hauptstraße 207-209
D-69117 Heidelberg
Prof. Dr. Regina Toepfer
Technische Universität Braunschweig
Institut für Germanistik
Bienroder Weg 80
D-38106 Braunschweig
Fritz Thyssen Stiftung
Martin Schneider: sekretariat.bulang@gs.uni-heidelberg.de