"Integrierte Zugdynamiksimulation für den modernen Güterzug";
Dissertation 25.04.2005
Stichwörter: Eisenbahn, Güterverkehr, Längsdynamik, Fahrzeugdynamik, Simulation, Bremssystem, Pneumatik
Die europäischen Eisenbahnen sehen sich im Schienengüterverkehr vor eine schwierige Optimierungsaufgabe gestellt. Auf der einen Seite besteht der Wunsch, die Zuggewichte und -längen signifikant zu steigern, um eine für das Bestehen am Transportmarkt wichtige Effizienzsteigerung zu erreichen. Auf der anderen Seite stellt der in Europa gebräuchliche Mischverkehr zunehmende Anforderungen an das Beschleunigungs- und Bremsvermögen der Güterzüge. Eine gleichzeitige Ausweitung aller Systemparameter kann zu einem unzulässigen Ansteigen der Längskräfte während der Zugfahrt führen. In der Folge kann es zu Zugtrennungen oder Entgleisungen kommen.
Um derart unsichere Betriebszustände ausschließen zu können, ist es notwendig, die zu erwartenden Zuglängskräfte a priori zu bestimmen. Dafür stehen grundsätzlich drei Vorgehensweisen zur Verfügung: Der Fahrversuch, die analytische Berechnung und die Simulation. Die Komplexität des dynamischen Systems eines Zugverbandes schließt eine analytische Lösung des Problems aus. Fahrversuche mit ganzen Zügen müssen aufgrund der damit verbundenen Kosten auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden. In der vorliegenden Arbeit wird daher ein Simulationsprogramm zu Berechnung von Zuglängskräften entwickelt
Neben der Beschreibung der aus zugdynamischer Sicht relevanten Aspekte der Güterzugtechnik dient eine Betrachtung bereits vorhandener Simulationssysteme und modelle als Grundlage der Entwicklung. Den bereits vorhandenen Modellen ist gemein, dass sie sich nur sehr eingeschränkt zur Modellierung moderner, europäischer Güterzugkonzepte eignen. Das entwickelte Modell ermöglicht die variable Anordnung und Steuerung von Triebfahrzeugen im Zugverband sowie die Simulation funkferngesteuerter Züge. Es zeichnet sich gegenüber den bestehenden Modellen durch die Integration der pneumatischen Simulation der Druckluftbremse und der mechanischen Simulation der Zugbewegungen aus.
Das entwickelte Modell wurde unter Anwendung moderner Softwaretechnik in ein Programmsystem umgesetzt, das auf handelsüblichen Personalcomputern zum Einsatz kommt. In einer Reihe von Bespielanwendungen wird nachgewiesen, dass das Modell zur längsdynamischen Bewertung innovativer Zugkonzepte angewendet werden kann. Die Simulationsergebnisse zeigen, wie sich das Zusammenspiel aus Bremssteuerung und Anordnung der Triebfahrzeuge auf die fahr- und längsdynamischen Eigenschaften eines Zuges auswirkt. Das Programmsystem stellt ein zeitgemäßes Werkzeug zur Simulation der Längsdynamik moderner europäischer Güterzüge dar.