Liebe Freunde des Institutes,
der diesjährige Jahresbericht deckt zwei sehr erfolgreiche Jahre ab. Da in 2011 eine Reihe von Aktivitäten abgeschlossen wurden, die über mehrere Jahre liefen, haben wir uns entschlossen, den Jahresbericht diesmal über zwei Jahre zu erstellen. Der Jahresbericht des IMAB wird inzwischen von unseren persönlichen Besuchern und auch von allen Nutzern unserer Webseite geschätzt und sollte auch in Zukunft als feste Einrichtung gepflegt werden. Die hier als Kurzberichte dargestellten Projekte und Überlegungen haben immer wieder zu Nachfragen, Diskussionen und auch neuen Projekten angeregt.
Angesichts des inzwischen infolge angezogener Konjunktur als dramatisch zu bezeichnenden Nachwuchsmangels auf dem Gebiet der elektrischen Antriebstechnik suchen immer mehr Unternehmen unseren Rat, so dass wir auch Bachelor und Master Studenten exzellente Bedingungen für praxisnahe Arbeiten anbieten können.
Glücklicherweise hat sich sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch bei den jungen Schulabgängern die Wahrnehmung technischer Berufe deutlich geändert. Es ist klargeworden, dass die aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft wie Einführung der Elektromobilität zur Bewältigung zunehmender Ressourcenverknappung bei den fossilen Energien als auch der Umbau unseres Energiesystems zur nachhaltigen Nutzung regenerativer Energien eine enorme Fachkompetenz erfordern, die für unser Land ein erheblicher Wettbewerbsvorteil sein kann. Gleichzeitig ist vielen jungen Menschen klargeworden, dass eine fundierte technische Ausbildung auch in Zukunft eine höhere Arbeitsplatzsicherheit und ein auskömmliches Leben ermöglichen wird. Dies schlägt sich in steigenden Studentenzahlen und einer höheren Auslastung der Lehrkapazitäten nieder. Ein erfreulicher Umstand, durch den bereits anstehende Kürzungspläne und Stellenblockaden in der Fakultät entschärft wurden.
Aufgrund der aktuellen Themenlage profitiert die Energietechnik hier besonders von diesem Nachfrageanstieg. Obwohl Energietechnik in jeder industrialisierten Volkswirtschaft das ökonomisch-technische Rückgrat bildet, wird - wie so oft in unserer durch kurzfristiges Denken geprägten Zeit - die Bedeutung dieser Disziplin erst öffentlich wahrgenommen, wenn Energie knapper und die Belieferung mit diesem Gut unsicherer wird.
Der Beitrag der schulischen Ausbildung hierzu ist jedoch nach wie vor unbefriedigend und die für ein technisch naturwissenschaftliches Studium erforderlichen Grundkenntnisse in Mathematik, Physik und Chemie müssen an den Schulen wieder in größerem Umfang vermittelt werden. Erste Ansätze hierzu sind erkennbar, jedoch sind die Zeitkonstanten offenbar sehr lang. Der Versuch der Universität, hier durch Vorkurse in Mathematik für Studienanfänger gegenzusteuern, um überhaupt ein akzeptables Niveau zu erreichen, kann nur die gröbsten Mängel ausgleichen, illustriert die Situation unserer Abiturienten jedoch überdeutlich.
Unsere Arbeit war in den letzten beiden Jahren durch drei Themenkreise dominiert: Mechatronik und Direktantriebe sowie Elektromobilität. So gelang es beispielsweise, in einem gemeinsamen Projekt mit den Kollegen von der Regelungstechnik, Linearmotoren zum Befahren dreidimensional gekrümmter Bahnen zu entwerfen, aufzubauen und erfolgreich zu testen. Hier kamen neuartige pulvermetallurgisch hergestellte, weichmagnetische Werkstoffe zum Einsatz, die völlig neue Gestaltungsfreiheiten für den magnetischen Kreis eröffnen. Auf diese Weise konnten auch tubulare Linearmaschinen für anspruchsvolle Regelaufgaben in Industrie und Automobiltechnik erfolgreich entwickelt und getestet werden.
Elektroantriebe für die Elektromobilität wurden für die unterschiedlichsten Antriebsstrangkonfigurationen entworfen, mit ausgeklügelten Kühlverfahren ausgerüstet und auf unseren Prüfständen getestet. Weitere Projekte umfassten beispielsweise Beiträge für den Antrieb eines fahrbaren Simulator-Fahrzeuges (Projekt InDrive, BMBF) oder Antriebe mit sehr hoher Leistungsdichte, bei denen die Grenzen des physikalisch Machbaren untersucht wurden.
Unser Berechnungsinstrumentarium konnten wir insbesondere auf dem Gebiet der energetischen Simulation, der extrem nichtlinearen Magnetkreise von Maschinen mit eingebetteten Permanentmagneten und der Systematik der Zahnspulenwicklungen erweitern. Ebenso konnte die Berechnungsmethodik für Wirbelströme in Permanentmagneten und massiven ferritischen Bauteilen elektrischer Maschinen verbessert werden, was zu mehreren Publikationen auf internationalen Konferenzen führte. Die Verfahren zur berührungslosen Energieübertragung fanden interessante Anwendungen nicht nur bei Stadtbahnen sondern auch beim automatischen Laden von Elektromobilen. Dieses Thema wird zur Zeit heiß diskutiert.
Ein neues Aufgabenfeld beginnt jetzt, stärkere Aufmerksamkeit zu beanspruchen: Generatoren für Windenergie und Wasserkraft und Energiespeicherung mit Druckluft oder Erdgas. Nachdem die Euphorie um die Superkondensatoren verflogen ist, rücken auch stationäre Schwungmassenspeicher für Netzanwendungen wieder in den Fokus. Regenerative Energieerzeugung verbunden mit effizienter Speicherung von Energie bedingt neue Netzstrukturen und andere Betriebsarten des Versorgungsnetzes mit neuen Regelungs- und Abrechnungsverfahren. Ein Arbeitsgebiet, zu dem der Elektromaschinenbau wichtige Beiträge liefern kann. Mit dem Projekt "Smart Nord" (Kooperation TU-BS, LUH, TU Clausthal, Offis und Uni Oldenburg, gefördert durch das Land Niedersachsen) wollen wir im Rahmen unseres Teilprojektes den Einsatz von Energiespeichern in Netzen mit diesen neuen Bedingungen und rechnergestützten Organisationsstrukturen untersuchen.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass uns die Arbeit offensichtlich nicht ausgeht, sondern eher zunimmt. Insofern ist es mir eine besondere Freude, dass wir mit Herrn Prof. Henke einen auf dem Gebiet der E-Maschinen ausgewiesenen Wissenschaftler gewinnen konnten, der mit meiner Pensionierung ab 1.4.2012 die Leitung des Institutes übernimmt, so dass eine nahtlose Weiterführung der Forschungs- und Lehraufgaben gewährleistet ist. Für mich geht eine 17 jährige Phase meine Arbeitslebens zu Ende, die mir viel Spaß und mit erfolgreichen Projekten viel Befriedigung vermittelt hat, aber es ist nur normal wenn nun jüngere Menschen den Staffelstab übernehmen. Ein Institutsleiter ist nichts ohne seine Mitarbeiter, deshalb möchte ich mich an dieser Stelle bei allen Mitarbeitern und Doktoranden, die mich im Laufe der Jahre begleitet haben, für ihr Engagement und die gute, freundschaftliche Zusammenarbeit bedanken. Natürlich werde ich auch weiterhin dem Institut mit Rat und Tat zur Verfügung stehen.
Wir bedauern das Ausscheiden von Herrn Prof. Zentner, der von einer Juniorprofessur auf eine attraktivere W2 Stelle gewechselt ist und wünschen ihm im neuen Tätigkeitsfeld viel Glück. Das hoch interessante Forschungsgebiet der mechatronischen Aktorik wollen wir jedoch weiter pflegen, wenn auch vorerst in reduziertem Umfang. Ebenso hoffen wir auf eine kurzfristige Freigabe der Professur für Leistungselektronik, um auch auf diesem wichtigen Gebiet Lehre und Forschung in vollem Umfang aufrecht erhalten zu können. Allen Mitarbeitern, die in diesen beiden Jahren unsere vielfältigen Aktivitäten mit viel Engagement und Begeisterung mitgetragen haben, sei an dieser Stelle herzlichst für ihren Einsatz gedankt. Ein weiterer Dank sei an die Firmen und Institutionen gerichtet, die uns bei unseren Forschungsaktivitäten beraten und gefördert haben oder die uns als Diskussionspartner zur Verfügung standen.
Braunschweig, im Februar 2012
Ihr
Prof. Dr.-Ing. W.-R. Canders