(deutschsprachiger Titel: Corona-Diskurse im Kontext situierten Wissens: Ein neues Konzept verantwortlicher Objektivitätskultur.)
Corona-Diskurse im Kontext situierten Wissens: Ein neues Konzept verantwortlicher Objektivitätskultur.
In Zeiten der Corona Pandemie ist die Aufmerksamkeit für die Wissenschaft in der Öffentlichkeit groß. Den Berichterstattungen kommen verschiedene Funktionen zu, so informieren z.B. Wissenschaftler*innen und (Wissenschafts-)Journalist*innen über die Pandemie und übersetzen komplexes wissenschaftliches Wissen für interessierte Lai*innen. Ihre Wissenschaftskommunikation dient aber auch der Akzeptanzbildung für politische Entscheidungen und Maßnahmen. Für alle Akteur*innen besteht eine große Herausforderung darin, mit variierenden und teilweise widersprüchlich erscheinenden Aussagen umzugehen. Dies kann die Erwartungen an ein ‚gesichertes Wissen‘ und unumstößliche ‚Fakten‘ verunsichern, das Vertrauen in die Wissenschaft verringern und Fake News -Auffassungen sowie wissenschaftsfeindlichen Positionen Vorschub leisten. Andere Nutzer*innen fühlen sich hingegen durch differenzierte Berichte gut informiert.
Das Projekt nimmt die crossmedial hohe Aufmerksamkeit für virologische, epidemiologische und medizinische Wissensbestände in den Blick, denen aufgrund der epistemischen Autorität der Naturwissenschaften Objektivität zugeschrieben wird. Unser Augenmerk gilt den Wissenschafts- und Objektivitätsverständnissen, die wir im Spannungsverhältnis von Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit analysieren? Wir fragen etwa: Wird wissenschaftliches Wissen „in the making“ (Latour 1988) in der Öffentlichkeit sichtbar? Werden Prozesse des Herstellens (und Verwerfens) von Wissensbeständen, das fortwährende Überprüfen und Korrigieren von Erkenntnissen sowie das Aushandeln von Wissen durch verschiedene Akteur*innen transparent? Bringen die öffentlichen Diskurse über Sars-CoV 2 unter der Beteiligung von Wissenschaftler*innen, (Wissenschafts-)Journalist*innen, Politiker*innen, der Bevölkerung und dem Virus ein neues Objektivitätsverständnis hervor, das über tradierte Konzepte von Faktizität, Evidenz und Wahrheit hinaus geht? Kann Wissen in den Corona-Diskursen als ein „situiertes Wissen“ im Sinne Donna Haraways (1988) verstanden werden?
Ein weiterführendes Ziel des Projekts ist es, mit Hilfe erkenntnistheoretischer Ansätze der feministischen Science & Technology Studies ein Konzept verantwortlicher Wissenschafts- und Objektivitätskultur zu entwickeln, das wissenschafts- und demokratiefeindlichen Positionen entgegenwirkt. Dieses neue Verständnis beinhaltet eine verantwortliche Wissensproduktion und -kommunikation, die – mit Bezug auf Haraways Verantwortungsbegriff („response-ability“, Haraway 2016) - auf gesellschaftliche Probleme antwortet. Zusammen mit Kunst- und Kulturschaffenden erarbeiten wir innovative Formen der Wissenschaftskommunikation, um eine neue Objektivitätskultur in Wissenschaft und Öffentlichkeit zu fördern.
Das Projekt wird von der VolkswagenStiftung im Programm "Corona Crisis and Beyond – Perspectives for Science, Scholarship and Society" gefördert und hat eine Laufzeit von März 2021 bis September 2022; Team: Dr.-Ing. Dr. hc. Corinna Bath, Dr. Smillo Ebeling, Hendrik Gaus, Antonia Krajewsky.
Projektverantwortliche: s.ebeling(at)tu-braunschweig, c.bath(at)tu-braunschweig.de