Der Bergbau prägte über Jahrhunderte die Region Harz und sicherte wirtschaftlichen Wohlstand. Die bergbauliche Infrastruktur (Zugänge, Stollen und Schächte) wurde im Zuge der Schließungen stillgelegt, ist heute aber noch weitgehend erhalten. Vor dem Hintergrund der Energiewende einerseits sowie zusätzlichen Herausforderungen an die regionale Wasserwirtschaft durch den Klimawandel andererseits, bietet sich die Möglichkeit, das erhebliche bergbauliche Potential im Harz wieder dauerhaft nutzbar zu machen. Insbesondere auch aufgrund seiner geologischen Formation und seiner geografischen Lage erscheint der Harz für die Realisierung von Modellvorhaben, insbesondere im Bereich der Energie- und Wasserspeicherung als besonders geeignet.
Die niedersächsische Wasserwirtschaftsverwaltung nimmt an, dass in der Zukunft die Häufigkeit und Intensität von Starkregenereignissen und Überschwemmungen zunimmt. Das jüngste Hochwasser von Juli 2017 ist ein exemplarisches Beispiel dafür. An einigen Fließgewässern des nördlichen Harzrandes wurden Abflussscheitelwerte festgestellt, die statistisch einem 1000-jährlichen Hochwasser entsprechen. Im Harzvorland hingegen wurden an einigen Pegeln Wasserstände beobachtet, welche über die bislang bekannten Höchstmarken hinausgingen. Um die Bevölkerung und die infrastrukturellen Einrichtungen bestmöglich vor Hochwasserschäden zu schützen, müssen neue Anpassungsstrategien entwickelt werden.
Das Ziel des interdisziplinären Gesamtprojektes ist es, mit der systemischen Kopplung der Energie- und Wasserwirtschaft eine wissenschaftliche fundierte Konzeption für einen „Energie- und Wasserspeicher Harz“ zu entwickeln, der die zukünftigen überregionalen Anforderungen in den Zieldimensionen Energieerzeugung und -speicherung, Hochwasserschutz, Trinkwassergewinnung sowie der Niedrigwasserabgabe erfüllt. Hierzu werden verschiedene Maßnahmen systemisch erfasst und anschließend unter Kosten-Nutzen-Aspekten (auch aus volkwirtschaftlicher Sicht) miteinander verglichen. Es gilt diejenigen Varianten zu identifizieren, die insgesamt den größten volkswirtschaftlichen Nutzen stiften und entsprechend diesem Kriterium eine Priorisierung einzelner Maßnahmen für eine spätere Realisierung vorzunehmen.
Das Gesamtprojekt verfolgt dabei insbesondere die folgenden Ziele:
Ziel des Teilprojektes der Abteilung HYWAG ist die integrierte numerische Modellierung des Wasserhaushalts und des (Verbund-) Betriebs von Speichern unterschiedlichen Typs (oberirdisch, unterirdisch, wasserwirtschaftliche und/oder energiewirtschaftliche Funktionen) im Untersuchungsgebiet. Der Betrieb dieses wasserwirtschaftlichen-energietechnischen “Systems“ ist auf die vier Systemdienstleistungen Trinkwasserversorgung, Hochwasserschutz, Niedrigwasseraufhöhung, Energieerzeugung und -Speicherung“ unter Berücksichtigung der Wechselwirkungen dieser Dienstleistungen ausgerichtet. Als Input in die Modellierung dienen meteorologische Datenserien von ca. 30-jährigen Zeitperioden “Vergangenheit bis heute“ sowie “Zukunft mit Klimaänderungssignal“. Untersucht werden das heutige System mit den vorhandenen Stauanlagen als Referenzzustand sowie Planungsvarianten, die eine Verbesserung der o.a. Systemdienstleistungen zu erwarten lassen. Für die Planungsvarianten, die von den Verbundpartnern entwickelt und von der TU Braunschweig modelliert werden, sind aus den Simulationen mittels iterativer Optimierung letztlich Kenngrößen (performance indices) der erreichten Systemdienstleistungen bereitzustellen. Die Kenngrößen werden von den Verbundpartnern für eine sozioökonomische Bewertung benötigt. Es gilt, diejenigen Varianten zu identifizieren, die insgesamt den größten volkswirtschaftlichen Nutzen stiften und entsprechend diesem Kriterium eine Priorisierung für eine spätere Realisierung vorzunehmen. Wissenschaftliche Analysen zu den Umweltauswirkungen der Projektvarianten sind nicht Bestandteil von EWAZ, da sie den Projektrahmen sprengen würden. Solche erforderlichen und umfangreichen Analysen sollten zwingend in Folgephasen durchgeführt werden.
Die Entwicklung von neuen Anpassungsstrategien für die beschriebenen Systemdienstleistungen (Trinkwasserversorgung, Hochwasserschutz, Niedrigwasseraufhöhung, Energieerzeugung und –Speicherung) wird über einen iterativen Kooperationsansatz durchgeführt. Denn alle vier Systemdienstleistungen sind miteinander gekoppelt und beeinflussen sich gegenseitig. Zunächst müssen die individuellen Beiträge der einzelnen Aufgaben zum übergeordneten Ziel einer integrativen und nachhaltigen Energie- und Wasserwirtschaft für Niedersachsen mit volkswirtschaftlichem Mehrwert erfasst und quantifiziert werden.
Das Projekt umfasst die Arbeitspakete AP1-AP7. Die Arbeitspakete 1 und 2 werden von der Abteilung HYWAG des LWI geleitet. Teilprojektpartner sind TUC CUTEC, TUC IBB und die Hochschule Ostfalia sowie den Kooperationspartnern Harzwasserwerke (HWW) GmbH und HarzEnergie GmbH und Co. KG. Der Aufbau und die Interaktion der Arbeitspakete ist in Abbildung 1 veranschaulicht.
Das Untersuchungsgebiet ist das Einzugsgebiet (Wasserscheide) für die Aller einschließlich des Verbundspeichersystems von Oker-, Grane- und Innerstetalsperre. Das Untersuchungsgebiet umfasst nach Unterstrom das Harzvorland bis in die Region Braunschweig und bis oberhalb von Hannover. Für das Projekt EWAZ steht grundsätzlich das hydrologische Modellsystem (Software) PANTA RHEI des TUBS LWI, wie es in den niedersächsischen Klimaprojekten KLIFF (zuständig: MWK) und KliBiW sowie in der Hochwasservorhersage des Landes Niedersachsen (zuständig: Umweltministerium und NLWLKN) verwendet wurde und wird, zur Verfügung. Es umfasst das gesamte Einzugsgebiet der Aller bis zur Mündung in die Weser. Bei Bedarf kann in EWAZ die untere Modellgrenze somit auch weiter nach Unterstrom als oben beschrieben verschoben werden.
Um den zu erwartenden Nutzen dieser Dienstleistungen zu quantifizieren, werden Planungsvarianten für ein zukünftiges Wasserspeicher- und Bewirtschaftungssystem definiert. Planungsvarianten werden definiert als Neubau von Stauanlagen, Erweiterung vorhandener Stauanlagen, Nutzung offener Tagebauten sowie Nutzung untertage Bauwerke bzw. Neuauffahrungen. Mittels mathematischer Modellrechnungen des Gesamtsystems über lange Zeitperioden werden die Wirkungen der Varianten gegenüber dem heutigen Zustand anhand von Bewertungskriterien quantifiziert. Zur sozio- und regionalökonomischen Bewertung wird das definierte System mit unterschiedlichen Betriebsstrategien mathematisch modelliert und simuliert. Die dafür erforderlichen Bewertungskriterien werden erstmals für ein derartig gekoppeltes System entwickelt und exemplarisch angewendet. Auf Basis der Ergebnisse werden Verbesserungsoptionen zur Erfüllung der Bewertungskriterien durch angepasste Betriebsstrategien und - wenn nötig - auch durch Änderungen der Planungsvarianten entwickelt. Diese Iterationsschleife wird jeweils unter den gegebenen Randbedingungen aus den meteorologischen Klimaszenarien durchlaufen.
Die Benutzung der vorgesehenen Modellkette durch die Abteilung HYWAG ist in Abbildung 2 dargestellt. Die gelb markierten Komponenten werden vom gesamten Konsortium bearbeitet.
Förderungszeitaum: 01.07.2019 bis 30.06.2022
Förderer: Niedersächsische Investitions- und Förderbank (NBank), Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), Land Niedersachsen
Gesamtkoordination
Prof. H.-P. Beck, TU Clausthal
Projektleitung der TU Braunschweig
Dr.-Ing. Gerhard Riedel (stv.)
Projektleitung der TU Clausthal
Prof. H.-P. Beck, TU Clausthal
Projektbearbeitung der TU Braunschweig