Mit zunehmender Etablierung der Elektromobilität steigt gleichzeitig der Bedarf nach immer leistungsfähigeren Fahrzeugen. Dabei stellt die Batterie eine Schlüsselkomponente dar. Zukünftig werden immer größere Energiemengen effizient auf möglichst geringem Bauraum angeordnet. Pouchzellen, die vergleichsweise dicht gepackt werden können, sind prinzipiell zum Aufbau eines solchen bauraumoptimierten Batteriespeichers geeignet. Aktuell bieten Zellhersteller jedoch eine Vielzahl an unterschiedlichen Formaten an, welche eine effiziente und nachhaltige Gestaltung beeinträchtig. Des Weiteren erschweren unterschiedliche länderspezifische Zulassungsanforderungen eine einheitliche Batteriekonfiguration über alle Märkte hinweg.
Wesentlicher Forschungsschwerpunkt des Projektes ist neben der Entwicklung neuer Zellkomponenten auch die Standardisierung von Formaten und Sicherheitsprüfverfahren. Dabei verfolgen die Projektpartner das Ziel, die derzeitige Bewertung der Sicherheit von einzelnen Zellen, einem Verbund von Zellen oder des kompletten Speichersystems anhand von Experimenten zu vereinheitlichen bzw. zu harmonisieren und die bereits auf Zellebene zeit- und kostenintensiven Versuche zu reduzieren. Parallel dazu wird die Zellkomponentenentwicklung vorangetrieben, sodass durch einheitliche Zellformate und Sicherheitsmechanismen ein Normentwurf für künftige Standard-Pouchzellen entwickelt werden kann. Dies führt zur Beschleunigung von Entwicklungszyklen und bereitet so den Weg für leistungsfähigere und kostengünstigere Elektrofahrzeuge.
Lithium-Ionen-Batterien kombinieren Aktivmaterialien mit hohen Energiedichten und hochentzündliche Elektrolyte. Durch äußere Einflüsse wie Kurzschlüsse, hohe Temperaturen oder mechanische Deformationen können sicherheitskritische Situationen ausgelöst werden. Bei Pouchzellen sind solche Einflüsse, aufgrund der geringeren Punktlasttoleranz, kritischer zu betrachten als bei Hardcase- oder Rundzellen mit stabilem Gehäuse. Aus diesem Grund müssen in der Konstruktionsphase bereits externe Einflüsse mitbetrachtet und sowohl passive als auch aktive Sicherheitsmechanismen auf Zellebene vorgesehen werden. Klare Vorteile dieser Zellbauform sind ihre sehr guten Kühleigenschaften bei guter thermischer Kontaktierung, eine gute Skalierbarkeit und ein sehr gutes Packaging bei geringem Gewicht. Zudem können hohe Energiedichten bei vergleichsweise günstiger Fertigung realisiert werden. Nachteilig sind dagegen die geringere mechanische Stabilität und Dichtheit sowie ein mögliches Aufblähen der Zelle durch einen erhöhten Innendruck bei Gasentwicklung. Einheitliche Standardformate und Sicherheitskonfigurationen (z.B. Sollbruchstellen, Berstscheiben, PTC, CID, etc.) sind bisher im Bereich der Pouchzellen nicht zu finden.
Unter dem Gesichtspunkt der Fahrzeugsicherheit stellt die Integration des Batteriesystems eine besondere Herausforderung dar. Besonders das Sicherheitsverhalten in Crash-Situationen muss eine risikolose Nutzung des Elektrofahrzeuges ermöglichen. Darüber hinaus dürfen auch andere missbräuchliche Ereignisse nicht zu Batteriebränden führen. Zur Verringerung dieses Gefahrenpotentials durchlaufen die Komponenten des Batteriesystems daher länderspezifische Zertifizierungsprozesse. Diese Prozesse setzen sich aus verschiedenen Prüfverfahren (elektrisch, thermisch und mechanisch) zusammen, die durch regionale Normen und Richtlinien definiert sind. Sowohl die Randbedingungen der Prüfverfahren als auch die zu befolgenden Gestaltungnormen variieren dabei erheblich. Zusätzlich unterliegen diese marktspezifischen Rahmenbedingungen derzeit, durch die teils erheblichen Fortschritte der Batterietechnologie, einem hohen Erneuerungsdruck. Dies führt dazu, dass die Normung und Standardisierung mit den aktuellen Entwicklungen nicht Schritt halten kann.
Im Bereich der Batteriezulassung sind lediglich die internationalen Normen UN ECE R 100 für mobile Anwendungen und die UN T 38.3 zum Transport von Lithium-Ionen-Batterien verpflichtend zu erfüllen. Andere länderspezifische Standards sind nicht verbindlich, gelten aber am Markt als Qualitätsmerkmal. Durch eine Harmonisierung der verschiedenen Normen bzw. Richtlinien der relevanten Märkte (China, EU, USA) kann zukünftig ein einheitlicher Zertifizierungsprozess entstehen, der sowohl den höchsten Sicherheitsstandard ermöglicht, als auch Entwicklungszyklen beschleunigt.
Das Konsortium verfolgt innerhalb des Projektes zwei parallele Arbeitsstränge. Ausgehend von indifferenten Sicherheitstestprozeduren und verschiedenen Pouchzellformatvarianten werden sowohl die Harmonisierung internationaler Normen im Bereich der Batteriesicherheitstests als auch die Entwicklung einheitlicher Zellformate vorangetrieben.
Dazu werden zunächst die Sicherheitsanforderungen aus dem chinesischen und europäischen Markt zusammengetragen und in Korrelation mit den zugehörigen Sicherheitstests (Abusetests) gebracht. Dabei gilt es geeignete Sicherheitsszenarien zur Prävention von exothermen Reaktionen der Lithium-Ionen Batterie zu identifizieren. Des Weiteren soll im Abusefall eine Propagation von Zell- auf Systemebene verhindert werden. Eine Vielzahl an potentiellen Ursachen können in diesem Zusammenhang bereits auf Zellebene zum initialen Auslöser werden. Diese Daten dienen im Zusammenspiel mit der Festlegung realistischer Lastfälle als Grundlage für die Entwicklung einer übergeordneten Zertifizierungsstrategie, die letztendlich in der Anwendung und Weiterentwicklung der Sicherheitstests mündet und standardisierte Testkonfigurationen möglich macht. Das fördert die Vergleichbarkeit von Sicherheitsbewertungen und mindert Kosten innerhalb des Zulassungsprozesses durch den Wegfall potentiell überflüssiger Tests.
Parallel dazu werden auf Zellebene neue Materialkombinationen untersucht und die Komponentenentwickelung vorangetrieben. Dies beinhaltet sowohl experimentelle Untersuchungen als auch die Marktanalyse von kommerziellen Pouchzellen. Dadurch werden Abhängigkeiten zwischen dem Zellformat, der Zellgeometrie und der potentiellen Zellperformance aufgezeigt, sodass bestmögliche Kombinationen erarbeitet und ein (oder mehrere) Standardformat(e) festgelegt werden können. Die anschließende Entwicklung und Integration zusätzlicher Sicherheitsmechanismen (z.B. Berstscheiben, PTC, CID, PCB) ermöglicht es, den Sicherheitsstandard von Pouchzellen auf ein vergleichbares Niveau wie das der Rundzellen (z.B. 18650) anzuheben.
Zum Nachweis der Plausibilität erfolgt abschließend eine Validierung der erarbeiteten Ergebnisse anhand von Zelldemonstratoren. Dabei wird deren Funktionalität hinsichtlich kritischer Lastfälle überprüft und eine Sicherheitsbewertung durch die zuvor entwickelten Sicherheitstests vorgenommen. Des Weiteren sollen in Zusammenarbeit mit dem DKE erste Normungsvorbereitungen angestoßen werden und die Ergebnisse des Projektes zur künftigen Standardisierung von Zellformaten und Sicherheitstests beitragen.
Um das beschriebene Vorhaben zur parallelen Entwicklung von Sicherheitseigenschaften und Sicherheitstest von Lithium-Ionen-Batteriezellen durchführen zu können, ist ein interdisziplinär agierendes Team zwingend notwendig. Zu diesem Zweck vereinigt die Einrichtung der Battery LabFactory Braunschweig (BLB) der Technischen Universität Braunschweig die Elektrotechnik, Fertigungs- und Verfahrenstechnik, Konstruktionstechnik und Fügetechnik.
Die Zusammenführung und Detaillierung von Standards im Hinblick auf die Zellgeometrie und die dazugehörigen Sicherheitstests sollen im Laufe des Projekts zu folgenden wesentlichen Erkenntnissen führen: Zukünftige Materialentwicklungen (Aktiv- und Inaktivmaterial) sowie Änderungen von Produktionsprozessen und -parametern lassen sich in wesentlich höherem Maße vergleichen. Dies kann letztlich zur Reduktion von Entwicklungsaufwänden und somit zur Steigerung der Effizienz in der Produktentwicklung neuer Materialsysteme national und international genutzt werden. Ferner können länderübergreifend standardisierte Formate eine Steigerung der Sicherheit von Pouchzellen bei gleichzeitiger Vermeidung von Überdimensionierung ermöglichen. So kann die Verbreitung gesteigert und größere Absatzzahlen erzielt, Skaleneffekte genutzt und damit eine Serienentwicklung erst wirtschaftlich ermöglicht werden.
Bei Interesse an den aktuellen Projektergebnissen kontaktieren Sie uns gern.
Das Forschungsvorhaben „BaSS - Sicherheitstechnische Auslegung von Pouch-Zellen mit zukünftigen High-Performance-Materialien – Standardisierung von Format und Prüfverfahren“ wird im Rahmen des Förderschwerpunktes „Technologieforschung für die Elektromobilität im Verbund mit China (EV-China)“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Dieses sieht einen länderübergreifenden Wissenstransfer zwischen den Forschungsinstituten der Battery Labfactory Braunschweig (BLB) und dem Clean Energy Automotive Engineering Center (CEAEC) der Tongji Universität in Shanghai vor.