Die DFG-geförderte Forschungsgruppe „Neue Suburbanität“ betrachtet aktuell geplante und entstehende Stadtteile an den Rändern deutscher Großstädte. Nachdem viele Städte in den letzten 20 Jahren eher die Innenentwicklung und Nachverdichtung priorisierten, sorgt die anhaltende Nachfrage nach Wohnraum heute wieder dazu, dass neue Wohnquartiere in den Außenbezirken entstehen. Dabei sind die Pläne oft sehr ambitioniert, die neuen Quartiere sollen urbaner sein als frühere Stadtrandquartiere, kompakter und ressourcenschonender, sie sollen soziales Leben und vielfältige Arbeitsmöglichkeiten anbieten. Die Forschungsgruppe stellt die Frage, welche Zukunft des Wohnens und Zusammenlebens in den neuen Quartieren entsteht und inwiefern die großen Pläne Realität werden.
Die Forschungsgruppe verknüpft Perspektiven der Stadt- und Regionalplanung, der Freiraum- und Landschaftsplanung sowie der raumbezogenen Sozialwissenschaften verknüpfen. Insgesamt neun Teilprojekte beschäftigen sich mit den zugrundeliegenden städtebaulichen Leitbildern, mit Biodiversität in Neubaugebieten oder mit den dort gelebten Lebens-Arbeits-Modellen. Beispielhaft werden Großprojekte in oder bei Berlin, Hamburg, München, Frankfurt/Main und Freiburg untersucht.
Sprecher der Forschungsgruppe ist Uwe Altrock (Fachgebiet Stadterneuerung und Planungstheorie an der Universität Kassel). Weitere Forschende an der Universität Kassel, der HafenCity-Universität Hamburg, der TU Braunschweig sowie der Technischen und der Humboldt-Universität Berlin sind beteiligt.
Die Kritik an früheren suburbanen Wohnsiedlungen beinhaltete auch die Schwierigkeiten insbesondere für Frauen, Erwerbs- und Sorgearbeit zu vereinbaren, woraus wiederum teils unerwünschte Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern entstanden. Unter anderem als Reaktion darauf orientieren sich aktuelle Stadterweiterungsvorhaben wieder stärker am Leitbild der kompakten Stadt. Bislang ist es noch weitgehend ungeklärt, welche Möglichkeiten für Vereinbarkeit sich in den neueren, vermutlich eher urban gedachten Siedlungen bieten und welche räumlichen und strukturellen Bedingungen Menschen mit Sorgeverantwortung konkret brauchen, um ihren Alltagsanforderungen gerecht zu werden.
Das Teilprojekt untersucht, welche Maßnahmen und Strategien sowohl von Seiten der Planung als auch von Bewohner*innen umgesetzt werden, um Erwerbs- und Sorgearbeit erfolgreich zu vereinbaren und inwiefern Geschlechtergerechtigkeit dabei eine Rolle spielt. Bislang scheint es so, als würde das „Mitdenken“ von Vereinbarkeit und Geschlechtergerechtigkeit eher implizit passieren und zudem vor allem die Erhöhung der ökonomischen Leistungsfähigkeit von Sorgenden im Blick haben. Deshalb fragt das Teilprojekt nicht nur nach raumbezogenen Optimierungsmöglichkeiten für Sorgende als Menschen mit hochkomplexen Nutzungs- und Mobilitätsanforderungen, sondern auch nach möglichen strukturellen und mentalen Veränderungen im Bereich der Erwerbsarbeit sowie die Rollen, die weitere Akteursgruppen aus Verwaltung, Zivilgesellschaft und Privatwirtschaft dabei einnehmen oder zukünftig einnehmen könnten.