Ambivalenzen bilden ein Leitparadigma der Analyse der geistlichen Spiele. Vom Beginn der Wissenschaftsgeschichte an orientieren sich die Forschungsbeiträge an begrifflichen Oppositionen: Aufführung und Schrift, Ritualität und Theatralität, Andacht und Unterhaltung, Sakralität und Profanität, Präsenz und Repräsentation. Wesentliche Impulse gingen von Rainer Warnings Studie 'Funktion und Struktur' (1974) aus, die zu einer kulturwissenschaftlichen Wende in der Spieleforschung führte. Das Ambivalenzkonzept selbst blieb allerdings weitgehend ungeklärt.
Die Gandersheimer Tagung lädt zu einer Reflexion über das Phänomen und den Begriff der Ambivalenz ein. Dabei soll eine Forschungsbilanz gezogen und über Chancen und Gefahren des Paradigmas diskutiert werden. Ausgangspunkt ist die Frage, ob es sich bei Ambivalenz um eine literaturwissenschaftliche Metakategorie oder um ein historisches Gattungskriterium handelt. Kann man das Nebeneinander unterschiedlicher Forschungsperspektiven als Ausdruck jener Ambivalenzen begreifen, die den Spielen selbst eingeschrieben sind? Oder spiegeln sich hierin nur die Aporien der Metaebene? Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Ambivalenzparadigma ist angezeigt, um künftige Aufgaben der Forschung auszuloten.
Flyer mit Tagungsprogramm (hier)
11.30 Uhr Pressekonferenz der Organisatoren mit den Kooperationspartnern
13.15 Grußworte der Bürgermeisterin von Bad Gandersheim Franziska Schwarz und des Präsidenten der TU Braunschweig Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Jürgen Hesselbach
13.30 Uhr Jörn Bockmann (Kiel) und Regina Toepfer (Braunschweig): Einführung
14.00 Uhr Christian Popp (Göttingen): Hroswida Gandersemensis Canonissa - Das Frauenstift Gandersheim im 10. Jahrhundert
14.45 Uhr Glenn Ehrstine (Iowa, USA): Von Ambivalenzen und Pseudokommunikation
15.30 Uhr Kaffeepause
16.00 Uhr Cornelia Herberichs (Stuttgart): Religiöse Einfalt, religiöse Ambivalenzen? Zu einem Kategorienproblem am Beispiel der mittelalterlichen Passionsspiele
17.30 Uhr Führung durch die Stiftskirche (Thorsten Henke, Museumsleiter des Portals zur Geschichte, Bad Gandersheim)
19.00 Uhr Öffentlicher Abendvortrag im Kaisersaal
Fidel Rädle (Göttingen): Hrotsvit von Gandersheim. Von der poetischen Verwandlung einer unheiligen Welt
20.30 Abendessen
Grußworte der Bürgermeisterin von Bad Gandersheim, Franziska Schwarz und des Präsidenten der TU Braunschweig, Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Jürgen Hesselbach
(Fotos: Miriam Geißmar)
9.00 Uhr Jan-Dirk Müller (München): Die Messe - ein Drama? Geistliches Spiel und Messauslegung
9.45 Uhr Christoph Petersen (München): Von ritueller zu literarischer Ästhetik. Funktionen des performativen Dreischritts im geistlichen Spiel
10.30 Uhr Kaffeepause
11.00 Uhr Hans-Rudolf Velten (Siegen): Kontrastmedium, Lachritual, Profanierung. Zur Bewertung der Komik im Krämerspiel
11.45 Uhr Carla Dauven-van Knipenberg (Amsterdam): Das Emotionspotenzial von Ambivalenzen im geistlichen Spiel
12.30 Mittagspause
14.30 Uhr Ulrich Barton (Tübingen): Tragische Lust im Passionsspiel? Zur Ambivalenz des Mitleids als religiösen und literarischen Affekts
15.15 Uhr Jutta Eming (Berlin): Ambivalenz und Figur. Überlegungen am Beispiel der Maria Magdalena
16.00 Uhr Kaffeepause
16.30 Uhr Bruno Quast (Münster): Gewaltenteilung. Überlegung zur Form des geistlichen Spiels
17.15 Uhr Werner Williams-Krapp (Augsburg): 'Überlieferung und Gattung. Zur Gattung Spiel im Mittelalter' - revisited
18.00 Uhr Abendessen
20.00 'Rosie träumt'. Szenische Lesung mit Schauspielern der Domfestspiele
Regie: Christian Doll (Intendant der Gandersheimer Domfestspiele)
Links: Gespräch der Organisatoren mit Susanne Schuberth (Braunschweigische Stiftung) und Kaffeepause im Klosterhof Brunshausen (rechts)
(Fotos: Wiebke Ohlendorf (links); Miriam Geißmar (rechts))
9.00 Uhr Verena Linseis (Gießen): Tod oder Taufe? - Variable Ambivalenz der Glaubensvermittlung im 15. und 16. Jahrhundert
9.45 Uhr Elke Ukena-Best (Heidelberg): Aspekte des Ambivalenten im 'Sündenfall' des Arnold Immessen
10.30 Uhr Kaffeepause
11.00 Uhr Ursula Schulze (Berlin): Divergierende Urteile über geistliche Spiele in der Reformation
11.45 Uhr Julia Gold (Gießen): Ambivalente Normativität? Die zwölf Apostel im Märtyrerdrama des 16. Jahrhunderts
12.30 Uhr Mittagspause
13.30 Uhr Führung durch die Ausstellung im Kloster Brunshausen (Thorsten Henke, Museumsleiter des Portals zur Geschichte, Bad Gandersheim)
14.30 Uhr Klaus Wolf (Augsburg) und Ulrich Müller (Berlin): Katholischer Brauch bei frommen Protestanten:das neuentdeckte Königsberger Fastnachtspiel. Erstedition und Erläuterung der Gattungsambivalenzen
15.15 Uhr Bilanz und Ausblick
16.00 Uhr Abreise
Führung durch das Portal zur Geschichte und die Klosterkirche Brunshausen
(Fotos: Miriam Geißmar)