Mittelalterliche Werksteinbrücke Hildesheim

Mittelalterliche Werksteinbrücke Hildesheim

Die mittelalterliche Werksteinbrücke in Hildesheim

Bauforschung an der mittelalterlichen Werksteinbrücke in Hildesheim, Arbeitsfoto
Bauforschung an der mittelalterlichen Werksteinbrücke in Hildesheim, Arbeitsfoto

Die Bauforschung an der mittelalterlichen Brücke aus dem 12. Jahrhundert in Hildesheim startete Ende April 2023. Sie wurde mit Sondermitteln des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur des Landes unterstützt und fand in Zusammenarbeit mit der Stadt Hildesheim und dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege statt. Die Firma Archaeo-Firm war mit der Ausgrabung beauftragt.

Die hochmittelalterliche Steinbogenbrücke lag Jahrhunderte im Boden versiegelt und ist dadurch in ihrer Substanz gut erhalten. Die Brücke bietet eine seltene Gelegenheit zur Untersuchung des historischen Mauerwerks, der mittelalterlichen Bautechnik und der Stadtgeschichte Hildesheims.

Die Bearbeitung umfasste einen terrestrischen Laserscan, eine Befund- und Fotodokumentation und die Planerstellung. Der Erhaltungszustand der Werksteine deutete darauf hin, dass die Brücke nur kurze Zeit der Witterung ausgesetzt war. Vermutlich wurde die Brücke nicht lange als solche genutzt, schon im Mittelalter wurde sie entlang der Längsseite verbaut und die Bögen dadurch verschlossen. Die Gründe hierfür können vielfältig gewesen sein, eine genauere Analyse stand noch aus. Im bearbeiteten Bereich sind 7 Bögen erkennbar, an vielen Stellen lassen sich Spuren einer hohen Druckbelastung nachvollziehen. Die wenigen Hebe- und Transportspuren an den Steinen eröffnen weitere Fragen zum Konstruktionsvorgang. Zusätzlich existiert ein erhaltenes Bauwerk an der Längsseite, dessen Nutzen und Einbindung in das Stadtgefüge noch nicht geklärt werden konnte.

Die Forschungserkenntnisse wurden im Rahmen von zwei studentischen Arbeiten und als Forschungsprojekt am Institut für Baugeschichte weiter ausgearbeit.

Abb. 1 Laserscan Werksteinbrücke Hildesheim
Abb. 2 Materialkartierung Werksteinbrücke Hildesheim

Die Aufarbeitung der Bauphasen ergab, dass die identifizierbaren Bau teile (Abb. 2) grundsätzlich je einer Phase zugeordnet werden konnten. In der Kontextualisierung mit der Stadtgeschichte Hildesheims konnten ungefähre Zeiträume für die einzelnen Elemente herausgearbeitet wer den. Das Brückenbauwerk samt Pfeiler, Bögen und Straßenaufbau aus der Mitte des 12. Jahrhundert bilden somit die älteste Bebauung im bearbei teten Bereich. Südlich angeschlossen wurde vermutlich im 14. Jahrhun dert eine Vorsatzmauer, die später teilweise für den Bau des Turmes (15. Jahrhundert?) abgebrochen wurde. Weitere Reste von Bruchsteinmauern befinden sich auf dem Turm sowie auf der Brücke, bilden also die jüngste Bauphase.

Auf der Grundlage dieser Ergebnisse konnten Vermutungen zum ur sprünglichen Brückenbau angestellt werden. Diese wurden in zwei Re konstruktionszeichnungen (Ansicht und Aufsicht, Abb. 3 & 4) visualisiert. Die Brücke war ca. 7,10 m breit. Die ursprüngliche Länge konnte nicht untersucht werden. Von Westen nach Osten steigen die Bogenscheitel um ca. 3 % an. Der Hochpunkt der Brücke könnte also noch weiter öst lich gelegen haben.

Die Analyse der Konstruktion lieferte viele Erkenntnisse zur Steinbear beitung, jedoch wenige zum Transport und Versatz der Werksteine. Auf grund der Steingrößen und dem Gewicht von ca. 300 bis 450 kg einzelner Steine müssen Hebezeuge und Lehrgerüste zum Bau verwendet worden sein, welche jedoch nicht an Befunden nachgewiesen wurden. Im Grün dungsbereich konnten einzelne Metallklammern dokumentiert werden. Die Steinoberflächen sind meist stark verwittert, sodass keine Werkspu ren mehr dokumentiert werden konnten. An ursprünglich verdeckten Stoßflächen ist jedoch der Randschlag von ca. 3 bis 4 cm Breite sowie der „überflächte“ (doppelt mit dem Beil behauene) Spiegel erhalten.

Fest steht, dass ein derartig aufwändig errichtetes Bauwerk einem Zweck gedient haben muss. Vermutlich wollte die Stadt ihren wirtschaftlichen Stand repräsentieren. Außerdem bot die Steinbrücke einen sicheren Weg, um schwere Baumaterialien für andere Vorhaben nach Hildesheim zu befördern.

Abb. 3 Rekonstruktionszeichnung Ansicht Werksteinbrücke Hildesheim, Linnea Altrogge
Abb. 4 Rekonstruktionszeichnung Aufsicht Werksteinbrücke Hildesheim, Linnea Altrogge