Resilienzfaktoren und -mechanismen

Anpassungsprozesse angesichts von psychosozialen Stressoren

Foto: Junge schaut nach oben, bunte kleine Puzzlesteine fallen auf ihn herunter.

Resilienz verstehen wir als die Aufrechterhaltung oder schnelle Wiederherstellung psychischer Gesundheit während oder nach Stressbelastung. Doch wie kann das gelingen? Aktuelle Ansätze der Resilienzforschung gehen davon aus, dass hierfür Resilienzfaktoren relevant sind. Resilienzfaktoren sind psychosoziale Ressourcen auf Ebene des Individums oder sozialer Systeme, wobei eine Vielzahl dieser Faktoren diskutiert wird. Es wird angenommen, dass sich eine größere Anzahl an Resilienzfaktoren zu einer geringeren Zahl an Resilienzmechanismen bündeln lässt, die beim Umgang mit Herausforderungen relevant sind.

Was wir bisher wissen

Aktuelle Forschungsprojekte in diesem Bereich

resiMETA – A Living Database for Trajectory-Based Resilience Research

⚭ mit dem Leibniz-Institut für Resilienzforschung (federführend)

Logo: resiMETA

Menschen reagieren unterschiedlich auf belastende Lebensereignisse (z. B. einen Autounfall, die Scheidung der Eltern). Seit 2004 nutzen zahlreiche Studien im Bereich der Resilienzforschung verlaufsbasierte Ansätze (z. B. Wachstumskurvenmodelle), um Anpassungsprozesse nach belastenden Lebensereignissen zu untersuchen. Bisher fassten zwei Übersichtsarbeiten (Galatzer-Levy et al., 2018; Schäfer, 2022) diese Studien zusammen. Dabei blieben sie jedoch auf eine kleinere Anzahl an Studien oder bestimmte belastende Ereignisse (z. B. COVID-19-Pandemie) beschränkt. Die ResiMETA-Datenbank hat das Ziel, alle verlaufsbasierten Studien zusammenzufassen und somit eine nachhaltige Wissensbasis für die Beantwortung zentraler Forschungsfragen der Resilienzforschung zu schaffen.

➔ Basierend auf 320 eingeschlossenen Studien sollen sowohl die Häufigkeit einzelner Verläufe nach verschiedenen Stressereignissen als auch der Vorhersagewert einzelner Resilienzfaktoren untersucht werden.

Projektstart: Januar 2023, fortlaufend
Finanzielle Förderung: keine

ResFaSoc – Resilienzfaktoren im Kontext gesellschaftlicher Krisen

⚭ mit dem Leibniz-Institut für Resilienzforschung (federführend)

Schematische Illustration verschiedener Resilienzfaktoren

Auf welche Resilienzfaktoren kommt es beim Umgang mit gesellschaftlichen Krisen – wie etwa Pandemien, Naturkatastrophen oder Terrorschlägen – an? Diese Frage haben wir am Leibniz-Institut für Resilienzforschung in der Arbeitsgruppe Lieb gemeinsam mit Forschenden des Robert Koch-Instituts untersucht und hierzu 50 Einzelstudien systematisch zusammengefasst. In 50 Studien wurden insgesamt 54 individuelle, soziale und gesellschaftliche Resilienzfaktoren beforscht, wobei ein Schwerpunkt der Forschung auf individuellen Faktoren lag. Für die meisten Faktoren waren die Ergebnisse inkonsistent zwischen einzelnen Studien. Die stärksten Hinweise auf einen Zusammenhang mit resilienten Anpassungsreaktionen fanden sich für sozioökonomische Ressourcen (d. h. ein höheres Einkommen, ein höherer sozioökonomischer Status), mehr wahrgenommene soziale Unterstützung, adaptive Emotionsregulationsstrategien und psychologische Flexibilität. Der Zusammenhang mit resilienten Anpassungsreaktionen war jedoch auch für diese Faktoren meist numerisch klein.

➔ Details zu den Ergebnissen finden sich in unserem Artikel (Schäfer et al., 2024) sowie in einer Vorabveröffentlichung eines Folgeprojekts zu sozialen und gesellschaftlichen Resilienzfaktoren (Supke et al., 2024). 

Projektdauer: 1. Mai 2023 - 31. Oktober 2023
Beteiligte Mitarbeitende: Max Supke und Lea Schaubruch 
Finanzielle Förderung: Das Projekt wurde finanziell durch einen Auftrag des Robert Koch-Instituts an das Leibniz-Institut für Resilienzforschung gefördert (Antragsstellende: Sarah Schäfer, Klaus Lieb).

ResReBoFam – Resilienz, Ressourcen und Belastungen bei Regenbogenfamilien

Resilienz ist die Aufrechterhaltung oder der schnelle Rückgewinn psychischen Gesundheit während oder nach Stressbelastung. Es gibt Menschen, die ein überdurchschnittlich hohes Risiko haben, intensiven Stress zu erleben. Hierzu zählen Regenbogenfamilien. Bisher gibt es in Deutschland wenig belastbare Daten, die die Belastung dieser Familien beschreiben und erfassen, welche Resilienzfaktoren und -mechanismen sie nutzen, um mit diesen besonderen Herausforderungen umzugehen. Hierfür interessieren wir uns in einer Online-Befragungsstudie, zu der wir Regenbogenfamilien seit 2024 eingeladen haben. 

➔ Die Ergebnisse des Projekts sollen dazu beitragen, bestehende Wissenslücken zu schließen und Regenbogenfamilien im Umgang mit herausfordernden Situationen gezielt zu unterstützen.

Projektstart: 1. Januar 2024, fortlaufend
Projektleitung: Max Supke
Finanzielle Förderung: Förderung der Stelle einer studentischen Hilfskraft durch das Braunschweiger Zentrum für Gender Studies.

EmoFlex – Flexibler Emotionsausdruck bei Kindern und Jugendlichen mit psychischer Belastung sowie ihren Sorgeberechtigten

Foto: Wütender Junge in einem Klassenzimmer

Lange Zeit fokussierte sich die Forschung zu Emotionsregulation v. a. auf den Einsatz verschiedener Strategien und die Frage, inwiefern diese adaptiv oder maladaptiv sind. Neuere Ansätze nehmen hingegen eher die Flexibilität des Einsatzes verschiedener Emotionsregulationsstrategien in den Blick (Bonanno & Burton, 2013) und gehen davon aus, dass in verschiedenen Situationen unterschiedliche Strategien adaptiv bzw. maladaptiv sein können. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Flexibilität des Emotionsausdrucks – d. h. die Fähigkeit, Emotionen stärker oder schwächer ausdrücken zu können als diese eigentlich empfunden werden. Bei Erwachsenen gibt es Befunde, die nahelegen, dass ein höheres Maß an Flexibilität im Emotionsausdruck mit mehr psychischer Gesundheit assoziiert ist (Chen et al., 2018). Bei Kindern und Jugendlichen steht diese Forschung noch in ihren Anfängen (Haag et al., 2024). Wir wollen mit dem Projekt EmoFlex dazu beitragen, diese Lücke zu schließen, indem wir bei Kindern und Jugendlichen mit psychischer Belastung sowie ihren Sorgeberechtigten die Fähigkeit zur flexiblen Regulation des Emotionsausdrucks untersuchen. Hierzu befragen wir seit 2023 Klient*innen in der Jugendberatungsstelle MondoX in Braunschweig sowie Patient*innen der Psychotherapieambulanz für Kinder und Jugendliche. 

Wir möchten herausfinden, wie die Fähigkeit zum flexiblen Emotionsausdruck mit dem Einsatz bestimmter Emotionsregulationsstrategien und verschiedenen Indikatoren psychischer Belastung und Gesundheit zusammenhängt. 

Projektstart: 20. Februar 2024, fortlaufend
Kooperierende Forschende: Dr. Ann-Christian Haag
Finanzielle Förderung: keine