Ein besonderes Merkmal des sonnennächsten Planeten Merkur ist sein Magnetfeld. Für gewöhnlich entstehen die planetaren Magnetfelder durch Strömungen im flüssigen Planetenkern - in einem sogenannten Dynamoprozess. In der Vergangenheit dachte man, dass Merkur keinen flüssigen Kern haben sollte, da der Planet schon längst als ausgekühlt angenommen wurde. Entgegen dieser Lehrmeinung konnte die NASA- Mission Mariner 10 in den 70er Jahren in zwei kurzen Vorbeiflügen ein globales Magnetfeld bestätigen. Also gibt es wohl doch einen Dynamoprozess im Inneren des Merkurs. Eine wichtige Voraussetzung für den Dynamoprozess ist, dass zumindest ein Teil des Eisenkerns im Inneren des Planeten flüssig ist. Mittels erdgebundener Radarvermessungen der leicht ungleichmäßigen Rotation des Planeten konnte eine flüssige Schicht im äußeren Kern nachgewiesen werden. Es wird vermutet, dass ein gelöstes, leichtes Element wie Schwefel den Kern des Planeten bis heute flüssig gehalten hat.
Doch wieder sorgte das Magnetfeld für Kopfzerbrechen. Die Frage ist: Wieso ist das Magnetfeld so schwach? Wenn man die Erkenntnisse vom Erddynamo und den erforschten Magnetfeldern von anderen Planeten im Sonnensystem auf Merkur überträgt, sollte dessen Magnetfeld mindestens 10 Mal so stark sein. Eine Reihe von Forschern haben Vermutungen angestellt, wie dieser Widerspruch zur Dynamotheorie entstehen kann. Dazu wurden meist spezielle Modelle zum inneren Aufbau des Planeten erdacht und in Computersimulationen umgesetzt. Diese Simulationen sind für die Wissenschaftler eine wichtige Methode, um quasi in den Planeten hineinzuschauen. Nun muss das Magnetfeld des Merkur besser kartiert werden, um das tatsächliche magnetische Außenfeld mit den Dynamosimulationen zu vergleichen. Dazu hat die ESA, in Zusammenarbeit mit der japanischen Raumfahrtagentur JAXA, die BepiColombo Mission auf den Weg gebracht.
BepiColombo wird die erste europäische Raumfahrtmission zum Merkur. Der Raketenstart ist für 2015 vom Weltraumbahnhof in Kourou in Südamerika geplant und erst nach 7 Jahren Reise trifft die Mission beim Merkur ein. Die Mission besteht aus zwei Satelliten:
Mit diesen beiden Satelliten ist es dann möglich, diesen ungewöhnlichen Planeten detailliert zu untersuchen. Die große Herausforderung ist, die Satelliten mit Instrumenten auszustatten, die die extremen Temperaturschwankungen in dieser Sonnennähe verkraften, denn Merkurs Abstand zur Sonne beträgt gerade mal rund ein Drittel des Erdabstandes. Damit ist dort die Sonneneinstrahlung rund 10 mal so stark wie bei der Erde. Eines der wissenschaftlichen Instrumente an Bord ist ein Magnetometer der TU Braunschweig vom Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik (IGEP). Dieses Magnetometer wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Weltraumforschung, Graz, Österreich und dem Imperial College, London, Großbrittanien entwickelt.
Am IGEP werden aber nicht nur Magnetometer entwickelt, sondern es wird auch das Magnetfeld modelliert. Auf Grund des schwachen Magnetfeldes bildet sich nämlich nur eine kleine Magnetosphäre aus. Diese ist im Vergleich zur terrestrischen auch noch hochdynamisch. Das Problem ist, dass man durch die hohe Dynamik Schwierigkeiten hat, räumliche und zeitliche Variationen voneinander zu trennen. Welcher Teil des Magnetfeldes stammt von Innen, also vom Dynamoprozess, und welcher stammt von der Magnetosphäre? Dieser Frage gehen die Forscher am IGEP nach. Die zwei BepiColombo-Satelliten versprechen eine gute Datengrundlage, um dieses Ziel der Trennung der magnetischen Quellen zu erreichen. Die derzeit im Orbit befindliche NASA-Mission Messenger besitzt nur einen Satelliten und die Datengrundlage wird nicht so umfassend wie es von der BepiColombo-Mission erwartet wird.
Am IGEP wird auch an einem speziellen Dynamomodell geforscht. Das Magnetfeld der Magnetosphäre kann nämlich auch die Ursache für das schwache Dynamofeld sein. Da das Dipolfeld des Planeten und das genäherte Feld der Magnetosphäre inhärent anti-parallel ausgerichtet sind – also auch nach einer Umpolung – kann eine negative Rückkopplung entstehen. Die Forscher am IGEP konnten in einer Computer-simulation zeigen, dass nur ein geringes von außen einwirkendes Magnetfeld ausreicht, um die Entwicklung des Dynamos wesentlich zu beeinträchtigen. Mit der Computer- simulation ließ sich auch ein charakteristisches magnetisches Spektrum ausarbeiten, dass einen Vergleich mit den gespannt erwarteten Daten der BepiColombo-Mission zulässt.