Pflanzen, die im hellen Sonnenlicht wachsen, nehmen weit mehr Lichtenergie auf als sie für ihre Photosynthese und damit für ihre Lebensvorgänge benötigen. Sie leben also im permanenten Energieüberfluss und müssen die überschüssige Energie entsorgen, ohne dass sie dabei Schaden erleiden. Unter normalen Bedingungen gelingt dies relativ problemlos mithilfe unterschiedlicher Schutzmechanismen, so dass ein großer Teil der aufgenommenen Energie als Hitze abgeführt (dissipiert) wird. Sind die Pflanzen allerdings Stressbedingungen ausgesetzt, wird es deutlich schwieriger, die überschüssige Energie abzuführen ohne dass schädigende Sauerstoff-Radikale entstehen. Bei Stress steigt also der Reduktionsstatus der Zelle und es kann angenommen werden, dass die erhöhte Reduktionskraft generell alle Synthesen reduzierter Verbindungen, wie z.B. auch der pflanzlichen Sekundärstoffe, erhöht. Diese Zusammenhänge sind auch die Grundlage für ein Phänomen, dass sicherlich die meisten schon einmal selbst beobachtet haben: die Gewürz- und Arzneipflanzen, die in Südeuropa in semiaridem Klima wachsen, weisen aufgrund höher Sekundärstoffgehalte ein sehr intensives und ausgeprägtes Aroma auf; werden diese Pflanzen nun in gemäßigtem mitteleuropäischen Klima gut gewässert kultiviert (im heimischen Garten) sind die Naturstoffgehalte sehr viel niedriger. Diese Zusammenhänge werden zurzeit in mehreren Forschungsprojekten untersucht, bei denen die Verbesserung der Qualität von Gewürz- und Arzneipflanzen durch gezielte Applikation von Trockenstress im Mittelpunkt des Interesses steht.
Sowohl für diese Arbeiten als auch für andere zum Teil grundlagenwissenschaftlich ausgerichtete Arbeiten zum Stressmetabolismus sind verlässliche Stress-Marker erforderlich. In diesem Zusammenhang kommt der Expression stress-spezifischer Proteine wie z.B. den Dehydrinen oder der Akkumulation von Stress-Metaboliten wie der γ-Aminobuttersäure (GABA) eine besondere Aufmerksamkeit zu. Da die Marker auch wichtige Instrumente bei der Erfassung von Stoffwechselprozessen sind, die im Zuge der Nachernteprozesse, z.B. bei der Trocknung von Rohkaffee oder bei der Malzproduktion, eine wichtige Rolle spielen, resultiert aus grundlegenden Arbeiten zum Stress-Metabolismus eine sehr enge Verzahnung der einzelnen Forschungsschwerpunkte der Arbeitsgruppe.