Doktorandin: Saskia Braun
Betreuer:
Prof. Dr. Martin Neef, Prof. Dr. Katja Koch (TU Braunschweig)
Mentor:
Prof. Dr. Hans-Joachim Motsch (Universität zu Köln)
Die Promotion beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit sprachtherapeutische Konzepte für die Förderung des Deutschen als Zweitsprache bei Jugendlichen adaptiert werden können. Fokussiert wird dabei der Erwerb des Akkusativs, der eine besondere Erwerbshürde darstellt. Es soll geklärt werden, ob eine Adaption von kasustherapeutischen Maßnahmen für eine Förderung des Zweitspracherwerbs möglich ist und zu einem schnelleren Lernerfolg führt. Untersucht wird in diesem Zusammenhang die Kontextoptimierung, ein evidenzbasiertes Therapiekonzept zur Überwindung grammatischer Störungen, deren zentrale Merkmale die Inputmanipulation, die Gestaltung metasprachlicher Sequenzen und der Wechsel aus Rezeptions-, Produktions- und Reflexionsphasen sind.
Ziel ist es, herauszufinden, unter welchen Bedingungen ein kontextoptimierter Ansatz den Akkusativerwerb bei der fokussierten Zielgruppe beschleunigen kann. Durch die gewählte Methode ergeben sich darüber hinaus allgemeine Erkenntnisse zum Spracherwerb geflüchteter Jugendlicher, zum Verhältnis von Kasus- und Genuserwerb sowie zu der Frage, zu welchem Zeitpunkt des Zweitspracherwerbs eine Akkusativförderung überhaupt effektiv ist.
In der Arbeit wird zunächst ein integrativer Ansatz modelliert, in dem kontextoptimierte und zweitsprachdidaktische Elemente unter Beibehaltung der ihnen jeweils zugrundeliegenden didaktischen Prinzipien miteinander kombiniert werden. Der Modellierung voraus geht ein interdisziplinäres Modell zur Konzeption von Unterricht, das allgemeindidaktische, sozialpädagogische sowie zweit- und fremdsprachdidaktische Modelle vereint und die Termini Konzept/Ansatz, Methode und Verfahren bzw. Technik disziplinübergreifend vereinheitlicht.
In einem zweiten Schritt soll die Wirksamkeit eines solchen modellierten "kontextoptimierten DaZ-Unterrichts" in Bezug auf die Akkusativförderung bei Jugendlichen in einer doppelt kontrollierten Interventionsstudie nachgewiesen werden. Der kontextoptimierten Förderung wird dabei eine parallelisiert geplante DaZ-Förderung gegenübergestellt. Beide Treatments unterscheiden sich ausschließlich in den kontextoptimierten Elementen, die gemäß des modellierten Ansatzes in die Präsentations-, Semantisierungs- und Übungsphase implementiert werden. Beide Treatments lassen sich als Varianten zur Realisierung von Focus on Form analysieren. Als Erstsemantisierung erscheint in der zweiten Experimentalgruppe anstelle des kontextoptimierten "Kick-offs" eine Semantisierung mittels der induktiven Grammatikvermittlungsmethode "SOS" (Sammeln, Ordnen, Systematisieren).
2016 wurden bereits drei von insgesamt sieben einwöchigen Interventionen durchgeführt. Die Interventionen finden im Rahmen des Sprachcamps "TalentCAMPus" in Kooperation mit der VHS Wolfenbüttel statt. Sie werden über das Förderprogramm "Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung" vom BMBF finanziert, an dem sich der Deutsche Volkshochschul-Verband mit dem Konzept beteiligt. Im "TalentCAMPus" erhalten junge Geflüchtete Sprachförderung in Verbindung mit einem medienpädagogischen Konzept. Insgesamt erhalten die TeilnehmerInnen 18 Sprachfördereinheiten à 45 Minuten. Die Dozentinnen haben eine Doppelausbildung in Logopädie/Kontextoptimierung und Deutsch als Zweitsprache und werden vor den Interventionen für den Einsatz des Unterrichtsmaterials intensiv gecoacht. Der Unterricht wird zu Analysezwecken begleitend dokumentiert. In den ersten drei Durchgängen haben bislang insgesamt 54 Jugendliche teilgenommen. Neben personenbezogenen Variablen (Alter, Geschlecht, Aufenthaltsdauer in Deutschland, Bildungsbiographie) werden kognitive Fähigkeiten (fluide Intelligenz, phonologischer Arbeitsspeicher) und der allgemeine Sprachstand (rezeptive lexikalische Fähigkeiten, Profilstufe) erfasst. In einem Pre-, Post- und Follow-up-Test werden die bewusste Genuszuweisung und die Fähigkeit, Akkusativ mit dem bestimmten Artikel zu markieren, überprüft. Eingesetzte Tests sind: der CFT-20-R, der Mottier-Test, der PPVT-4 und die ESGRAF 4-8 (Subtests 3 und 4b). Um den Interventionswortschatz zu erfassen, wurde zusätzlich eine Adaption der ESGRAF 4-8 konzipiert und eingesetzt. Neben den standardisierten Tests werden durch Videos evozierte Spontansprachdaten und schriftliche Texte in Bezug auf die Artikeleinsetzung und die korrekte Markierung des Akkusativs in der Nominalphrase ausgewertet.