- Europaweit einmalige Forschungsinfrastruktur hinsichtlich der Großkalorimeter
- Interdisziplinäre Erforschung der Brandsicherheit nachhaltiger Bauweisen und Produkte der Energiewende
- Laborausstattung ermöglicht Erforschung der Branddynamik vom Klein- bis zum Realmaßstab
Mehrgeschossige Häuser aus Holz, Dämmungen aus Hanf oder Seegras, digital gefertigte Bauteile, Energiespeicher in Fahrzeugen. Um die Brandsicherheit bei nachhaltigen Bauweisen und neuen Produkten der Energiewende zu gewährleisten und zu erforschen, ist heute der Forschungsbau des Zentrums für Brandforschung der Technischen Universität Braunschweig feierlich eröffnet worden. Das Forschungszentrum mit seiner europaweit einmaligen Forschungsinfrastruktur, die einzigartige experimentelle Möglichkeiten bietet, trägt dazu bei, Antworten auf die Fragestellungen der Brandforschung zu finden und leistet so einen Beitrag zur Stadt der Zukunft. Die Baukosten in Höhe von 25 Millionen Euro werden jeweils zur Hälfte vom Bund und Land jeweils zur Hälfte getragen.
Dem gesellschaftlichen Sicherheitsbedürfnis Rechnung zu tragen und sichere nachhaltige Gebäude und Produkte gestalten zu können, hat sich das Zentrum für Brandforschung (ZeBra) zum Ziel gesetzt, das Brandverhalten und das Gefährdungspotenzial zu erforschen. Denn die Entwicklung neuartiger Bauweisen kann nur gelingen, wenn die Brandgefahr minimiert wird und die Brandeinwirkungen präzise durch effiziente und belastbare Prognosemodelle vorhergesagt werden können. Das ZeBra verfolgt dazu einen ganzheitlichen Ansatz: Zum einen ermöglicht das Zentrum die effiziente Modellierung und Simulation von Bränden, um Prognosen für Brandverläufe zu erstellen und zum anderen experimentelle Großbrandversuche, um entsprechende Daten für die numerische Modellierung zu gewinnen. Die daraus gewonnenen Brandforschungsergebnisse fließen zum Beispiel in Risikoanalysen und Sicherheitskonzepte ein.
Forschungsbau mit europaweit einzigartiger Ausstattung
Der maßgeschneiderte Forschungsbau des ZeBra gliedert sich in drei Gebäudeteile: ein zweigeschossiger Büro- und Messraumriegel, eine 23 Meter hohe Experimentierhalle, und die 16 Meter hohe Halle für die Rauchgasreinigung. Die Experimentierhalle – Advanced Firelab – ist das Herzstück des neuen Forschungsbaus. Hier können Brände bis zu 20 Megawatt untersucht werden. Die Halle ist mit zwei Großkalorimetern ausgestattet. Sie bestehen aus einer 12 mal 12 Meter großen, verschiebbaren Haube, über die alle Brandgase aufgefangen und mit bis zu 70 Kubikmetern pro Sekunde abgesaugt werden können. Die dort freigesetzten Gase werden analysiert und über die Messung des Sauerstoffgehalts kann auf die freigesetzte Wärme geschlossen werden.
Im Freikalorimeter untersuchen die Wissenschaftler*innen beliebige Brandlasten – beispielsweise ganze Wohnungseinrichtungen, Fahrzeuge und Busse, aber auch Hochvoltspeicher, wie dicht gelagerte Antriebsbatterien mit Lithium-Ionen-Technologie, die in der Produktion und Lagerung vorkommen. Das zweite Kalorimeter ist mit einem viergeschossigen Brandhaus gekoppelt. Hier können verschiedene Bauweisen von Fassadenkonstruktionen mit bis zu zwölf Metern Höhe und vertikale Brandausbreitungen über mehrere Geschosse vermessen und erforscht werden. Zudem werden auch neue Löschanlagen oder Brandbekämpfungsstrategien und -methoden von Feuerwehren im Realmaßstab erprobt.
So wurde jetzt im ersten Großversuch des ZeBra mit der Feuerwehr Hamburg untersucht, wie sich ein Brand bei einer mehrgeschossigen Holzfassade in Verbindung mit brennbaren, nachwachsenden Dämmstoffen entwickelt und wie das Feuer am besten gelöscht werden kann. Dafür haben die Mitarbeiter*innen des Zentrums für Brandforschung über drei Stockwerke des vierstöckigen Fassadenprüfstandes eine Fassade mit unterschiedlichen Holzkonstruktionen angebracht und einen Brand im ersten Obergeschoss entfacht, der sich über die weiteren Geschosse ausbreitete. Für die Feuerwehr sind diese Experimente wichtig, da der Holzbau im urbanen Raum zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Interdisziplinärer Ansatz
Das Bauwesen steht im Zuge des Klimawandels und der Energiewende vor einer großen Transformation. Hier werden neuartige Bauweisen unter Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen entwickelt, die unter anderem durch die digitale Fertigung von Bauteilen materialsparender und ressourceneffizient erstellt werden. Antworten auf die Frage, wie sich diese neuen Bauteile und Produkte im Falle eines Brandes verhalten, sind unter anderem eine der wesentlichen Voraussetzung für eine sichere Gestaltung der Stadt der Zukunft. Diesen Forschungsfragen gehen nun interdisziplinär Wissenschaftler*innen des Bauingenieurwesens, der Chemie, der Umweltwissenschaften, der rechnergestützten Modellierung, der Verfahrenstechnik sowie des Maschinenbaus zusammen am neuen Forschungsbau des ZeBra nach, damit neue Bauweisen, aber auch Energiespeichersysteme und Photovoltaikanlagen sicher gestaltet werden können.
Experimentelle und theoretische Forschung gehen Hand in Hand
Neben der experimentellen Forschung im Rahmen von Großbrandversuchen im Realmaßstab ist ein weiterer wichtiger Bestandteil des Forschungszentrums die Brandmodellierung – mit dem Ziel, effizient und genau rechnende Modelle zu entwickeln. Die aus den Brandversuchen gewonnenen thermophysikalisch-chemischen Daten fließen in die Computermodelle ein, mit denen dann beliebige Bände mit großen Parameterdimensionen berechnet werden können. Die Großversuche im Realmaßstab dienen auch dazu, diese numerischen Modelle immer wieder zu überprüfen und immer besser beschreiben zu können. Hier gehen im Forschungszentrum experimentelle und theoretische Forschung Hand in Hand. Diese Möglichkeiten machen das Forschungszentrum besonders.
Stimmen zum Forschungsbau
Falko Mohrs, Niedersächsischen Minister für Wissenschaft und Kultur
„Am neuen Zentrum für Brandforschung wird künftig das Brandverhalten und das Gefährdungspotenzial von neuen Materialien und Technologien erforscht. Das ZeBra ist damit elementar für die brandsichere Entwicklung innovativer Produkte in der Energie- und Mobilitätswende. Ich beglückwünsche die TU Braunschweig zu dieser europaweit einzigartigen Forschungsanlage.“
Anke Kaphammel, Bürgermeisterin der Stadt Braunschweig
„Das ZeBra der Technischen Universität bildet einen wichtigen und ergänzenden Baustein für die Forschungsschwerpunkte „Mobilität“ und „Stadt der Zukunft“. Ich freue mich, dass die TU Braunschweig durch den neuen Forschungsbau von einer der beiden deutschlandweit führenden Brandforschungseinrichtungen zum Hotspot – zum einmaligen Zentrum – wird. Ich wünsche der neuen Einrichtung und allen, die hier forschen und arbeiten, viel Erfolg – für eine brandsichere Stadt der Zukunft!“
Prof. Angela Ittel, Präsidentin der TU Braunschweig
„Mit dem Forschungsbau des ZeBra stoßen wir in neue Dimensionen der Brandforschung vor, um Antworten auf äußerst relevante gesellschaftliche Fragestellungen für nachhaltige Bauweisen und Produkte der Energiewende zu finden. Das Zentrum für Brandforschung ergänzt aufs Hervorragendste unseren Forschungsschwerpunkt Stadt der Zukunft und lässt die TU Braunschweig durch die hier europaweit einzigartige Forschungsinfrastruktur auch international strahlen.“
Prof. Jochen Zehfuß, Sprecher des ZeBra, Leiter des Fachgebiets Brandschutz des Instituts für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz
„Das ZeBra mit seiner hervorragenden Laborausstattung, durch die wir die Branddynamik vom Klein- bis zum Realmaßstab grundlegend erforschen können, ist insbesondere hinsichtlich der Großkalorimeter europaweit einzigartig und eröffnet uns erstklassige Forschungsmöglichkeiten.“
Kontakt
Prof. Dr.-Ing. Jochen Zehfuß
Technische Universität Braunschweig
Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz
Fachgebiet Brandschutz
Beethovenstraße 52
38106 Braunschweig
Tel.: 0531 391-5590
E-Mail: j.zehfuss(at)ibmb.tu-braunschweig.de
www.tu-braunschweig.de/ibmb
Weitere Informationen
Weitere Informationen zum Zentrum für Brandforschung
Anwendungsmöglichkeiten_ Advanced Firelab
Reportage Erster großer Brandversuch im Zentrum für Brandforschung
Video zum Großbrandversuch
Presseinformation aus dem MAGAZIN der TU Braunschweig