- Methodik der neutestamentlichen Exegese
a) UTB-Taschenbuch
Für Theologiestudierende ist die Fähigkeit zur Auslegung biblischer Texte eine zentrale Kernkompetenz, die im Studium erworben werden sollte. Biblische Texte stammen aus einer Zeit und setzen bei ihren ursprünglichen Rezipient*innen ein Weltwissen voraus (mit Eco kann man auch von Enzyklopädie sprechen), das nicht in allen Bereichen unserem heutigen Weltwissen entspricht. Zugleich ist die Bibel mit ihren Texten norma normans und wesentliche Richtschnur der protestantischen Theologie. Zu erlernen ist also ein methodengeleitetes Herangehen an die biblischen Texte, das diese einerseits in ihrer Fremdheit erstnimmt und diesen Sachverhalt hermeneutisch reflektiert, das andererseits aber zugleich erschließt, inwiefern sie nach wie vor für die Gegenwart relevante Texte sind.
Die beim Verlag Mohr Siebeck als UTB-Taschenbuch erscheinende Einführung in die neutestamentliche Exegese (geplantes Erscheinungsdatum Herbst 2021) stellt die Methoden der modernen neutestamentlich Exegese handlungsorientiert dar und richtet dabei besonderes Augenmerk auf die Situation Lehramtsstudierender ohne Kenntnis der biblischen Schriften. Sie brauchen nicht nur Erläuterungen anhand von ins Deutsche übersetzten Bibeltexten, sondern auch gezielte Hinweise auf für sie geeignete Fachliteratur und digitale Ressourcen, die möglichst nah an die originalsprachliche Textwelt heranführen.
b) Fremde Textwelten erschließen – Digitalisierung in der Lehrerbildung (Verbundprojekt im Rahmen von QLB III)
Um Schülerinnen und Schüler adäquat mit biblischen Texten und deren Inhalten vertraut machen zu können, benötigen Religionslehrerinnen und -lehrer eine umfassende Textkompetenz. Die hinter den biblischen Texten stehenden Tradierungsprozesse sind ausgesprochen komplex; eine wissenschaftlich fundierte Texterschließung setzt Kenntnisse der Texte in ihren Originalsprachen voraus, die die meisten Studierenden für den Grund- und Haupt-/Realschulbereich aber nicht beherrschen. Mit dem Einsatz von Digitalisaten biblischer Texte wird einerseits bereits am Bild der alten Handschriften verdeutlicht, dass diese Texte aus einer “fremden Welt” stammen, und die Erkenntnis vermittelt, dass ihre Interpretation entsprechendes methodisches Werkzeug und hermeneutische Kompetenz verlangt. Andererseits helfen elektronische Editionen, die fremde Textwelt auch ohne dezidierte Altsprachenkenntnisse besser zu erschließen, vgl. z.B. die Kombination von Digitalisat und Edition in der Online-Präsentation des Codex Sinaiticus (www.codexsinaiticus.org) oder die Bibelsoftwareprogramme Bibleworks und Accordance.
Wie diese Tools sinnvoll in die Lehramtsausbildung einfließen können, soll innerhalb des Verbundprojektes „DiBS – Digitale Kompetenzen für die Lehrerbildung an der TU Brauschweig“ im Rahmen einer Qualifikationsstelle (65%) für drei Jahre von 2021 bis 2023 untersucht werden und direkt in die Lehrveranstaltungen einfließen und dort auch evaluiert werden.
Fördersumme für das Teilprojekt: 136.390 EUR
Weitere Informationen zum Projekt DIBS - Digitalisierung in der Lehrerbildung sind auf der Projektseite zu finden.
- Godly Play / Gott im Spiel
Godly Play/Gott im Spiel ist ein bibeldidaktisches Konzept, das insbesondere die spirituelle Bildung von Kindern befördern will. Es hat Wurzeln in der Montessoripädagogik und bringt mit eigens entwickelten Materialien und Textvorlagen in einem vierteiligen Prozess der Darbietung und Ergründung, des sich Austauschens und gemeinsam Feierns Kindern biblische Geschichten auf eine ganz spezifische Weise nahe. Das in den USA von Jerome Berryman für die Sonntagsschule in der Episcopal Church entwickelte Konzept Godly Play wird in Deutschland seit den 2000er Jahren rezipiert und hat als Gott im Spiel eine eigene Ausprägung erfahren. Dazu gehört neben einem Handbuch, das in das Konzept einführt (U.U. Kaiser u.a.: Gott im Spiel. Godly Play weiterentwickelt. Handbuch für die Praxis. Stuttgart: Calwer u.a., 2018), auch die Entwicklung neuer Geschichten-Darbietungen, mehr dazu hier.
- Wörterbuch der frühchristlichen Metaphorik
In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Christine Gerber, Berlin ist die Erarbeitung eines Wörterbuchs der frühchristlichen Metaphorik geplant, das die zentralen theologischen Metaphern der frühchristlichen Literatur, insbesondere des Neuen Testaments, in ihren literarischen Aussagekontexten erschließt. Dabei sollen in Anlehnung an die aktuellen kognitivistisch orientierten Metapherntheorien nicht nur, wie bislang weitgehend üblich, Verwendungen desselben Ursprungsbereichs analysiert werden. Vielmehr soll die metaphorische Interaktion rekonstruiert werden auf der Basis der in den metaphorischen Äußerungen implizierten Erfahrungswirklichkeit der antiken Welt und zugleich erschlossen werden, in welcher Weise diese Erfahrungsbereiche die Metapher strukturieren. Das Projekt zielt somit nicht auf ein Wörterbuch im herkömmlichen Sinne, das einem Lemma eine oder mehrere Bedeutungen zuweist, sondern fokussiert in besonders starkem Maße die Kontextgebundenheit metaphorisch Aussagen. Es wird einen wichtigen Beitrag leisten, das in seiner Art unersetzbare, aber semantisch und theologisch überholte „Theologische Wörterbuch zum Neuen Testament“ zu ergänzen und, wo nötig, zu korrigieren.
- Frühchristliche Apokryphen, insbesondere Kindheitsevangelien
a) „Protevangelium des Jakobus“ und „Kindheitsevangelium des Thomas“. Einleitung und Neuübersetzung in der Reihe „Große Bibliothek der antiken jüdischen und christlichen Literatur“, hg. v. Jürgen Wehnert, Schöningh-Verlag
Das bis Ende 2020 laufende Projekt wird diese beiden wichtigsten Texte unter den apokryphen Kindheitsevangelien für ein breiteres, theologisch interessiertes (Laien-)Publikum öffnen.
Es bietet zum einen eine Neuübersetzung des „Kindheitsevangeliums des Thomas“ auf der Grundlage des inzwischen zuverlässig edierten ältesten griechischen Textzeugen (Codex Sabaiticus; ed. T. Burke). Neben der Übersetzung der als textus receptus weit verbreiteten Langfassung (hg. v. C. v. Tischendorf) in Bd. 1 der „Antiken christlichen Apokryphen“ (Übers. U.U.Kaiser) wird somit eine wichtige weitere Textfassung in deutscher Übersetzung zugänglich gemacht.
Auch in die Übersetzung des „Protevangeliums des Jakobus“, die sich im Wesentlichen auf Papyrus Bodmer V (ed. E. de Strycker) stürzten wird, werden Erkenntnis aus der aktuellen Forschung zum Textbestand (vgl. v.a. G.T. Zervos) einfließen.
b) Mitarbeit im wissenschaftlichen Beirat des mediävistischen Forschungsvorhabens zur „Kindheit Jesu“ des Konrad von Fußesbrunnen (Dr. Stefan Tomasek, Universität Würzburg)
Die Überlieferung jener apokryphen Texte, die die Geburt und Kindheit Jesu sowie seiner Mutter, Maria, thematisieren, zeichnet sich nicht nur in der antiken Zeit durch viele Textvarianten, Umarbeitungen und Inkorporationen in neue Werke aus, sondern setzt sich in ähnlicher Weise auch in der Literatur des Mittelalters fort. Die inhaltlichen Einflüsse der antiken christlichen Apokryphen auf diese Literatur sind deutlich, eine genauere Analyse ist durch unklare Quellenlagen aber oft erschwert. Das digitale Editionsprojekt der „Kindheit Jesu“ des Konrad von Fußesbrunnen (https://www.germanistik.uni-wuerzburg.de/mediaevistik/mitarbeiter/tomasek-stefan/aktuelle-projekte/) widmet sich einem dieser bedeutsamen mittelalterlichen Werke. Ziel der Kooperationen ist es, theologisch-exegetische und mediävistische Kompetenz zu bündeln, um zur Erhellung von Überlieferungswegen und theologischer Konturierung einzelner Textpassagen beizutragen.
- „Gnosis“-Forschung und Nag Hammadi-Texte
Neuere Textfunde verändern immer wieder die Kenntnisse über das, was in der Forschung keineswegs mehr unwidersprochen unter dem Terminus „Gnosis“ subsummiert wird. Die erste wissenschaftliche Übersetzung der (schon länger bekannten und im Übrigen nicht ausschließlich „gnostischen“) Texte aus Nag Hammadi im zweibändigen Werk „Nag Hammadi deutsch“ (hg. v. H.-G. Bethge, U.U. Kaiser und H.-M. Schenke; Berlin: de Gruyter 2001 und 2003) liegt inzwischen als gekürzte Studienausgabe in der dritten Auflage vor und ist um Übersetzungen der erst seit 2007 wissenschaftlich zugänglichen Texte des Codex Tchacos ergänzt.
In Arbeit ist nun die entsprechende Überarbeitung und Aktualisierung der zweibändigen Ausgabe in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Jens Schröter und Dr. Uwe-Karsten Plisch (Berlin).