von Petra Sandhagen
Wunderschön und watteweich sehen die Wolken aus. Je länger Mädchen und Jungen in den Himmel schauen, desto mehr können sie dort entdecken. Die Wolken scheinen ein Eigenleben zu besitzen. Einige sehen aus wie Wale, die durch Wolken-Wellen gleiten. Andere gleichen einem Elefanten oder erinnern an einen Hund. Mit ein bisschen Fantasie lassen sich immer mehr Wolkentiere entdecken. Stundenlang könnte man in den Himmel schauen und träumen.
Wolken sind nicht nur am Himmel zu sehen. Mädchen und Jungen, die auf dem Campus spazieren gehen, können Wolken entdecken, die an einem Gebäude befestigt sind. Das sind keine Wolken wie am Himmel, sondern Wolken aus Metall. Diese Wolken sind eine Skulptur, also Kunst. Ein Tipp: Die Wolken sind am Audimax angebracht, an einer Seite des Gebäudes, in dem die Vorlesungen der Kinder-Uni Braunschweig-Wolfsburg stattfinden.
ABBILDUNG 1: Foto der Wolken von Hans Arp am Audimax
Abbildung 1: So sieht die Skulptur "Wolkenzug auf nachtschwarzem Himmel" von Hans Arp aus. Die Wolken sind an der Westseite des Audimax angebracht. Heute sind die Wolken schwarz und der Himmel dafür hell gestrichen. Früher war es genau umgekehrt: Die Wolken waren silbrig und die Fassen schwarz gestrichen.
Der Künstler Hans Arp hat die Wolken 1960 geschaffen. Arp nannte sein Kunstwerk an der Westseite des Audimax "Wolkenzug auf nachtschwarzem Himmel". Er wollte damit eine zuversichtliche Sicht auf die Zukunft ausdrücken. So wie Wolken am Himmel ziehen, sollte sich auch die Technische Universität in eine gute Zukunft bewegen. Es herrschte Aufbruchstimmung. Die Menschen glaubten an den Fortschritt. Wand und Wolken wurden umgestrichen, weil sich das Schwarz der Fassade thermisch ungünstig auswirkte. Eigentlich müsste die Skulptur jetzt "Schwarze Wolken auf hellem Himmel" heißen.
Die Universität und das Wohngebiet waren im Zweiten Weltkrieg stark zerstört worden. 1960 war der Krieg zwar schon fünfzehn Jahre vorbei, aber viele Zerstörungen waren noch zu sehen. Das Hauptgebäude war wieder aufgebaut worden, doch der Forumsplatz, der Hauptplatz der Universität, musste völlig neu gestaltet werden. Die Arp-Wolken sind ein Zeichen für diesen Neuanfang.
Ein Architekturstil namens Braunschweiger Schule
Gegenüber dem Hauptgebäude entstehen Ende der 1950er-Jahre bis 1970 die Gebäude rund um den Forumsplatz an der Pockelsstraße. Dazu gehören die Bibliothek, das Verwaltungsgebäude und das Audimax. Mädchen und Jungen können sich mitten auf den Forumsplatz stellen und sich ganz langsam einmal im Kreis drehen. Dabei kann jedes Kind alle vier Gebäude miteinander vergleichen. Die hohen Fenster des Hauptgebäudes besitzen Rundbögen. Die drei neueren Gebäude sehen deutlich anders aus. Ihre Struktur ist gleichmäßig. Gerade Linien und strenge Formen bestimmen das Bild. Die Gebäude sehen funktional aus. Alles wirkt durchdacht und klar und ohne Schnörkel. Dieser Baustil war damals neu. Die Forumsgebäude hat Architekt Professor Friedrich Wilhelm Kraemer geplant. In diesem Stil arbeiteten auch die Architekten Walter Henn und Dieter Oesterlen. Da sie alle aus Braunschweig stammen, heißt ihr Baustil "Braunschweiger Schule".
ABBILDUNG 2: Foto Forumsplatz mit Bibliothek, Forumsgebäude und Audimax
Abbildung 2: Am Forumsplatz gehören Bibliothek (links), Verwaltungsgebäude (Mitte) und Audimax (rechts) zusammen. Sie gehören alle zum Architekturstil der "Braunschweiger Schule".
Wer auf dem Forumsplatz steht, kann noch ein Gebäude der "Braunschweiger Schule" entdecken. Das Hochhaus ragt hinter dem Hauptgebäude hervor und grenzt fast an die Oker. Es wird Okerscheibe genannt, der Architekt Professor Dieter Oesterlen hat es gebaut hat. Die besondere Wirkung dieser Bauten entsteht dadurch, dass sowohl der Oesterlen-Bau als auch das Verwaltungsgebäude für ihre Höhe vergleichsweise schmal sind. Die Bauten sind hoch und schlank. Dadurch wirken die Gebäude nicht so wuchtig wie zum Beispiel ein Schloss.
Was damals neu und modern war, ist mittlerweile auch schon 50 Jahre alt. Das ist so alt, wie die Omas und Opas vieler Kinder-Uni-Studierender alt sind. Da die Gebäude für einen besonderen Baustil, die Braunschweiger Schule stehen, sollen sie erhalten bleiben und nicht verändert werden. Die Gebäude sind denkmalgeschützt. Doch ein Haus, das 50 Jahre jedem Regen und Sturm getrotzt hat und in dem viel studiert und gearbeitet wird, muss renoviert werden. Deshalb sind zurzeit im Audimax und im Oesterlen-Bau keine Studierenden zu finden, sondern Handwerker. Die Studierenden sind in Seminarräume, in Containern, in Kinohörsäle und in ein Zelt umgezogen, denn der Betrieb in der Universität darf ja nicht still stehen, nur weil einige Gebäude renoviert werden. Die Technische Universität Braunschweig hat schon viele Bauten und Veränderungen erlebt.
ABBILDUNG 3: Foto vom Oesterlen-Bau
Abbildung 3: So sieht das Hochhaus an der Oker aus, das der Architekt Professor Dieter Oesterlen entworfen hat.