"Ein neuer Ansatz zur Kapazitätsbestimmung von Bahnsystemen";
Dissertation 01.11.2013
Stichwörter: Kapazität, Qualität, Bewertung, Netzzusammenhang, Net-R
Aufgrund des sich verkehrsträgerübergreifend stetig erhöhenden Transportbedarfs, steigt auch der Qualitätsanspruch bei den Eisenbahnen an die Verarbeitungs- und Organisationsprozesse sowie z. B. im Güterverkehr an den reibungslosen An- und Abtransport der Waren. Es sind daher effektive Methoden und leistungsstarke Planungswerkzeuge zur Bewertung und Optimierung der Anlagenleistungsfähigkeit bzw. Kapazität unverzichtbar.
Die Prozesse Kapazitätsbestimmung und -bewertung von Bahnanlagen sowie die Qualitätsbewertung des Betriebs werden jedoch häufig entkoppelt oder jeweils zu wenig differenziert betrachtet. Das Ziel der Arbeit ist daher die Entwicklung eines neuen Ansatzes zur differenzierten Kapazitätsbestimmung, wobei damit die Unterscheidung verschiedener Bewertungsebenen von der theoretischen bis zur praktischen Kapazität und die Unterscheidung spezifischer Netzelemente in Abhängigkeit der Art ihrer betrieblichen und verkehrlichen Nutzung gemeint sind. Die Arbeit konzentriert sich vornehmlich auf räumlich begrenzte, jedoch aufkommensstarke Teilnetze des Eisenbahngüterverkehrs. Bei Industrie- und Werkbahnen sowie in Rangier- und Umschlagbahnhöfen überlagern sich viele voneinander abhängige Einzelverkehre. Durch die gegenseitigen Beeinflussungen der durchzuführenden Fahrten wird die Kapazitätsbestimmung und -bewertung komplex. Um belastbare Kapazitätsaussagen zu erhalten und mögliche Restkapazitäten einer Infrastruktur verlässlich einschätzen zu können, ist es notwendig, die maximal möglichen Auslastungsgrade mit einer Betriebssimulation zu überprüfen. Dabei wird das betriebliche Leistungsverhalten im betrachteten Untersuchungsraum unter dem Einfluss von Störungen und Verspätungsübertragungen analysiert und die Erkenntnisse in die Kapazitätsbewertung eingespeist.
Die Ergebnisse der Arbeit ermöglichen durch die Überprüfung des Betriebs unter Realbedingungen eine abgesicherte Kapazitätsaussage, da sich die tatsächlich nutzbaren Zeitlücken innerhalb eines Netzes, Teilnetzes oder Streckenabschnittes erst unter Berücksichtigung von betriebsnotwendigen Dispositionshandlungen ergeben. Die Methodik bietet eine verlässliche Basis für die Beurteilung noch verfügbarer Restkapazitäten unter Marktanforderungen, wie z. B. attraktiven Transportzeiten, da Trassen mit vielen langen Halten oder Umwegen vom Markt abgelehnt werden würden. Auf diese Weise können komplexe Netze mit vielschichtigen Abhängigkeiten der Fahrten untereinander und charakteristischen infrastrukturellen sowie betrieblichen Besonderheiten detailliert untersucht werden.
Die Methodik beinhaltet die Überführung der Ergebnisse der Leistungsuntersuchung in das im Rahmen der Arbeit entwickelte Tool Net-RS zur Bewertung der Kapazitätsauslastung von Netzelementen. Die hierbei verwendeten Kapazitätskennwerte basieren auf dem simulierten Betriebsablauf mithilfe des Planungssystems RailSys. Dadurch wird eine netzweite Kapazitätsbewertung mit schnellen Variantenvergleichen in Abhängigkeit sich ändernder Betriebsbelastungen ermöglicht.
Die Arbeit stellt einen neuen und praktisch handhabbaren Ansatz für das Verfahren einer differenzierten Kapazitätsbewertung für aufkommensstarke Teilnetze des Eisenbahn-güterverkehrs dar, das zudem ein hohes Standardisierungs- und Übertragungspotential besitzt.