Das Materialverhalten des Betons ändert sich in Abhängigkeit von Zusammensetzung, Umwelteinflüssen und Lastgeschichte über den gesamten Lebenszyklus der betrachteten Konstruktion. Diese Änderungen werden häufig als Degradation bezeichnet. Aufgrund der gewählten Mehrfeld-Beschreibung müssen im Rahmen der Theorie poröser Medien für die berücksichtigten gekoppelten THMC-Prozesse konstitutive Modelle bereit gestellt werden.
Schädigung tritt häufig infolge der ungenügenden Berücksichtigung von Umwelteinflüssen während der Planung von Stahlbetonkonstruktionen auf. Die Korrosion der Bewehrung aufgrund von Karbonatisierung oder Chloridangriff ist eine der Hauptursachen für Schädigung. Während das im Porenwasser gelöste Chlorid den Bewehrungsstahl direkt angreift, reduzieren die chemischen Reaktionen des Kohlendioxids mit der Zementmatrix die Basizität des Porenwassers. Hydratisierung des Zementes, Chloridbindung, Karbonatisierung, Sulfatangriff und Dehydratisierung aufgrund hoher Temperaturen sind in den entwickelten konstitutiven Modellen neben der mechanischen Beanspruchung und dem Transportverhalten berücksichtigt.
Die Bilanzgleichungen für die Transportprozesse beinhalten Modelle für advektiven Transport von Wasser und Gas, der mithilfe des Darcy-Gesetzes beschrieben ist und für Diffusion, die das Fick'sche Gesetz erfasst. Die Einflüsse der Porosität n und des Porendrucks Pg auf die Permeabilität (vgl. Bilder) sind in den Modellgleichungen enthalten.
Das Modell für das mechanische Verhalten des Betons muss die heterogene innere Struktur der porösen Zementmatrix und der mineralischen Zuschlagstoffe erfassen und ist auf der Grundlage der Plastizitätstheorie und der Kontinuumsschädigungsmechanik entwickelt. Eine kombinierte Grenzfläche aus Rankine- und Drucker-Prager-Kriterien begrenzt die zulässigen Spannungen und beschreibt das duktile Verhalten aufgrund von Druckspannungen und das spröde Versagen aufgrund von Zugspannungen (Bild links). Die Schädigungsentwicklung ist dabei von der Beanspruchungsgeschichte abhängig.
Die Drucknormalspannungen σc entwickeln sich mit zunehmender Dehnung (Bild mitte). Das Be- und Entlastungsverhalten hängt dann von der vorhandenen Schädigung ab. Zusätzlich wird der Einfluss der chemischen Schädigung Mchem auf das momentane Spannungs-Deformationsverhalten berücksichtigt (Bild rechts).
Neben den elastischen und den irreversiblen Dehnungen sind auch thermische und hygrisch bedingte Dehnungen im mechanischen Modell erfasst. Das Modell für die irreversiblen Dehnungen enthält einen nicht-lokalen Ansatz, der die Netzunabhängigket der numerischen Lösung in Strukturanalysen bei mechanisch entfestigendem Material sicher stellt.
Der Einfluss des Porendrucks ist über das Konzept effektiver Spannungen ebenso berücksichtigt wie die Beschreibung der mechanischen Eigenschaften in Abhängigkeit des Hydratationsgrades.
Das Deformationsverhalten und die Festigkeit jungen Betons entwickeln sich infolge des Hydratationsprozesses, der durch Wärmefreisetzung und chemische Bindung von Wasser begleitet ist. In dem entwickelten Modell werden sowohl variable Temperaturen und Feuchtebedingungen als auch sich verändernde Materialviskositäten berücksichtigt.
Die Dehydratation beeinflusst das Spannungs-Deformationsverhalten von Beton unter hohen Temperaturen wesentlich. Die elastischen Eigenschaften werden reduziert, da sich die Zementmatrix schrittweise auflöst. Die Grenzspannungen sinken während des Dehydratationsprozesses sowohl im Zug- als auch im Druckbereich. Das veränderte Verbundverhalten von Beton und Bewehrung ist zu berücksichtigen.
Eindringendes Sulfat verursacht erhöhte Porendrücke durch Ettringittreiben und daraus folgend irreversible Verformungen und anisotrope Schädigung. Basierend auf mikromechanischen Überlegungen können diese makromechanisch modelliert werden, wenn die idealisierte Materialstruktur homogenisiert wird.
Beispiel: Auswirkung anisotroper Schädigung auf die Fließfläche
Fließflächen für ungeschädigtes und geschädigtes Material sind im Raum der nominalen Spannungen gegenüber gestellt. κmc beschreibt die modifizierte bezogene Risslänge. Das Schließen von Rissen ist nicht berücksichtigt.
Die Modellierung des Spannungs-Deformationsverhaltens von Stahlbetonkonstruktionen, die dynamischen Anregungen ausgesetzt sind, muss die Beschreibung anisotroper Schädigung infolge Mikrorisswachstums sowie des Nachbruchverhaltens unter Druck- und Zugbeanspruchung, hier im Rahmen der Kontinuumsschädigungsmechanik mit nichtlokalem Schädigungsansatz, enthalten. Die Phänomene des strain softening und des tension stiffening sollen erfasst werden.