Das Projekt „Ressource Denkmal-Dach“, gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur im Rahmen der Förderlinie ProNiedersachsen, nutzt Geodaten zur automatischen Bewertung von Denkmälern auf ihre Eignung für PV-Anlagen. Dabei werden neben dem Solarpotential verschiedene Kriterien wie Sichtbarkeit vom öffentlichen Raum und das vorhandene Dachmaterial berücksichtigt.
Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege und das Institut für Geodäsie und Photogrammetrie der TU Braunschweig sind beteiligt an dem Projekt. Am 1. Oktober 2024 haben die Projektpartner zu einem online Workshop eingeladen: „Ressource Denkmal-Dach: Automatisierte Analyse und Kartierung von Dächern“. Diese Veranstaltung hatte zum Ziel, Praxispartner und Forschende aus den Bereichen der Geoinformatik, Fernerkundung und Denkmalschutz zusammen zu bringen und sich über das sehr aktuelle Thema auszutauschen.
Die rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden zunächst von Ulrich Knufinke, dem Projektleiter seitens NLD begrüßt. Hierbei hob er die Interdisziplinarität dieses Themas hervor. In einem Einführungsvortrag haben Christoph Palmen und Yasmin Loeper in das Thema eingeführt, die Ziele des Projektes „Ressource Denkmal-Dach“ erläutert und erste Ergebnisse gezeigt.
Andreas Wichmann von der Jade Hochschule hat im nächsten Fachvortrag die Geodaten, welche Grundlage für das Projekt sind, und vom LGLN (Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen) – inzwischen unter open access Lizenz – zur Verfügung gestellt werden, vorgestellt. Hierzu zählen vor allem Digitale Orthophotos, Gelände-/Oberflächenmodelle und 3D-Stadtmodelle. Dabei hat er auch die Verarbeitungsschritte erläutert, die zur Erzeugung der unterschiedlichen Geodaten durchgeführt werden und Angaben zur Genauigkeit der Daten gemacht.
Valentina Schmidt vom LGLN referierte dann zu aktuellen Entwicklungen zur automatischen Modellierung von Dachflächen aus Oberflächendaten, wobei ein neuronales Netz zur Klassifikation und Rekonstruktion genutzt wird. Dabei zeigte sich die Komplexität der Aufgabe Dachgeometrien in dreidimensionalen Stadtmodellen automatisiert abzubilden und welcher Detaillierungsgrad dabei erreicht wird.
Konstantin Nahrstedt, der von der Uni Osnabrück an dem Workshop teilnahm, hat verschiedene Beispiele aus der (quantitativen) Fernerkundung in mehreren Skalen gezeigt und mögliche Verbindungen zum Projekt Ressource Denkmal-Dach, vor allem zu Möglichkeiten der automatischen Klassifikation von Dachmaterialien, aufgezeigt. In der dargestellten Luftbildanalyse von Agrarflächen und Erkennung von Pflanzenarten anhand von multispektralen Signaturen zeigte sich ein großes Transferpotential für die Analyse von Dachmaterialien.
Anica Mayer und Sabrina Sommer vom Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, zusammen mit dem Architekten Georg Sahner (G.A.S. planen bauen forschen) und Peter Zeile vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben über aktuelle Entwicklungen in Bayern informiert. In Bayern wird Denkmalpflege und Nutzung erneuerbarer Energie durch das Instrument sogenannter Solarrahmenpläne kombiniert und gesteuert. Anhand von Beispielen wurde die Methodik zur Erstellung solcher Solarrahmenpläne erläutert. Am Beispiel Freising wurde gezeigt wie eine detaillierte Erfassung des Solarpotential für das gesamte Ensemble erfolgt. Es wurde herausgestellt, dass eine Beurteilung des Einzelbauwerks (z. B. hinsichtlich Schutzwürdigkeit und energetischen Anforderungen) die Betrachtung des Kontextes von Straßenzug und Quartier erforderlich macht. In Landsberg am Lech erfolgt die Planung mit Hilfe eines hochdetaillierten digitalen Zwillings.
Schließlich ging Lucas Bilitsch (Landesamt für Denkmalpflege BW) in seinem Vortrag auf die Bestrebungen in Baden-Württemberg ein, Solarkataster für dortige Gesamtanlagen (Stadtensembles, historische Ortskerne) aufzubauen und als denkmalfachliche Planungsinstrumente den Gemeinden vor Ort zur Verfügung zu stellen. Am Beispiel Langenburg wurde dargelegt, wie nach bestimmten Kriterien (Fernsicht, Stadtbausteine, Kernzonen bewahren), Auflagen für bestimmte Bereiche definiert werden und welche Dachflächen für PV freigegeben werden können.
Den Fachvorträgen folgte eine Diskussion über die Potentiale für die Denkmalpflege, die sich aus der Nutzung von Fernerkundungsdaten ergeben. Die Bedeutung von Geodaten für die Denkmalpflege wurde deutlich. Stadtmodelle (LoD2) und Orthobilder bilden dabei eine wichtige Grundlage. Für eine detaillierte Betrachtung werden Daten in hoher Auflösung und mit einer exakten Modellierung benötigt. Für die Untersuchung größerer Ensembles werden weitere Informationen wie Ansichten benötigt. Ferner bestehen aufgrund landesspezifischer Denkmalschutzgesetze unterschiedliche Bedingungen die denkmalpflegerisch notwendigen Analysen vorzunehmen und dabei die aufgezeigten technischen Möglichkeiten zu nutzen.
Aufgrund der Aktualität des Forschungsthemas und des hohen Interesses der Denkmalpflegeämter über die Landesgrenzen hinweg wurde eine erneute Workshop-Veranstaltung für das kommende Jahr angeregt. Die Vorträge des Workshops wurden aufgezeichnet und sollen unter https://ressource-kulturerbe.de/vortraege-videos zugänglich gemacht werden. Weitere Beiträge aus dem Projekt finden sich in den Berichten zur Denkmalpflege in Niedersachsen (https://denkmalpflege.niedersachsen.de/aktuelles/publikationen/berichte-zur-denkmalpflege-in-niedersachsen-2-2023-227534.html) sowie im Podcast des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege mit der 25. Ausgabe zum Thema „Ressource Denkmal-Dach“ (https://ressource-kulturerbe.de/debatten).