Im Südwesten Islands wurden in der Vergangenheit bereits mehrere lokal angelegte geodätische Projekte zur Bestimmung rezenter Krustenbewegungen durchgeführt. Das damalige Institut für Vermessungskunde der TU Braunschweig hat 1967 erste terrestrische Netze im Bereich der Westlichen Vulkanischen Zone um den See Þingvallavatn beobachtet. Dieses Punktfeld, bestehend aus 20 Punkten wurde in den Jahren 1971, 1975 und 1983 wiederholt gemessen.
Die ersten Messungen mit GPS (Global Positioning System) wurden 1986 durchgeführt. In diesem regionalen GPS-Netz, das sich von der Halbinsel Reykjanes bis zur Östlichen Vulkanischen Zone erstreckt, wurden 1989 und 1992 Wiederholungsmessungen durchgeführt. In diesem Zeitraum hat sich die Genauigkeit der GPS-Messungen von 2 cm in den Jahren 1986 und 1989 auf 4 mm im Jahr 1992 erheblich gesteigert. Es wurden relative Bewegungen zwischen der Eurasischen und der Amerikanischen Platte von 2,1+/-0,4cm pro Jahr in Richtung 104°NO beobachtet.
Ausgehend von dem regionalen GPS-Netz, das 1986 bzw. 1989 initiiert worden ist, wurden in der Meßkampagne 1995 noch weitere Punkte beobachtet. Diese wurden über die drei geologischen Zonen rund um den geodynamisch interessanten Knotenpunkt im Bereich des Vulkanes Hengill verteilt, so daß sie nun mehrere lokale Projekte miteinander verknüpfen. Während der GPS-Kampagne 1995 wurden mit neun GPS-Empfängern (7 Trimble SSE, 2 Trimble SSI) in der Zeit vom 18. August bis 2. September 1995 in Südwestisland 72 Stationen beobachtet, die ein Gebiet von ca. 100 km x 100 km abdecken (Abb. 2). Die Beobachtungen erfolgten in 15 Tagessessionen mit einer mittleren Beobachtungsdauer von achteinhalb Stunden, und in 12 Nachtsessionen mit durchschnittlich 15 Stunden Beobachtungszeit. Die Zielsetzungen dieser Kampagne lassen sich in drei Hauptpunkte unterteilen:
1. Die großräumigen Deformationsuntersuchungen im regionalen GPS-Netz werden in einem Dreijahresrhythmus fortgesetzt (1986, 1989, 1992, 1995).
2. Mit einem angestrebten Punktabstand von 15 km liefert die Meßkampagne 1995 einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung des GPS-Grundlagennetzes Südisland. In diesem Netz sollen die Punkte des Braunschweiger Hauptnetzes, der Deformationsfigur, der Isländischen Landesvermessung sowie GPS-Stationen aus dem ISNET 93 miteinander verknüpft werden. Damit kann das aus 72 Punkten bestehende Netz die Grundlage, d.h. die Nullepoche aller zukünftigen geodynamischen Untersuchungen zu rezenten Erdkrustenbewegungen in diesem Gebiet bilden.
3. Fortsetzung der langjährigen Untersuchungen im lokalen Braunschweiger Hauptnetz in der Westlichen Vulkanischen Zone (WVZ).
Im Zeitraum vom 01.09. bis 15.09.1999 sind in Süd- und Südwestisland Wiederholungs- und Verbindungsmessungen mit GPS durchgeführt worden. Die Messungen umfassten ein Gebiet von Borgarnes und Grindavík im Westen bis Vík und Kirkjubæjarklaustur im Osten. Sie sind nötig geworden, um aktuelle Informationen zu gewinnen und die umfangreichen Ergebnisse der Messkampagne von 1995 besser nutzen zu können. Die Feldarbeiten wurden aktiv durch Landmælingar Íslands unterstützt. Zusätzlich wurden von Veðurstofa Íslands und Raunvísindastofnun Háskólans Permanent-Stationsdaten zur Verfügung gestellt. Die Messungen sind inzwischen vollständig ausgewertet. Die Publizierung der Ergebnisse, die sich aus diesen aktuellen Feldarbeiten ergeben, befindet sich in Vorbereitung.