Planeten haben ihren Ursprung in sogenannten protoplanetaren (Akkretions-) Scheiben um das Zentralgestirn (z.B. die Sonne). Die aus Gas und Staub bestehenden Scheiben bilden sich bereits in frühen Phasen der Sternentstehung, die durch den Kollaps von Molekülwolkenkernen ausgelöst wird. Hierbei entsteht eine Akkretionsstoßfront, welche von auf die Akkretionsscheibe fallendem Gas und Staub passiert werden muss. Staub- und Eisteilchen verdampfen dabei und rekondensieren in der Akkretionscheibe zu 0,1-10 µm großen Teilchen.
Es wird allgemein angenommen, dass in turbulenzfreien Bereichen protoplanetarer Akkretionsscheiben diese Teilchen durch Brownsche Bewegung wachsen, zur Mittelebene der Scheibe sedimentieren und danach in Richtung der Scheibenachse driften.
ICAPS steht für „Interactions in Cosmic and Atmospheric Particle Systems“ und untersucht die Agglomeration µm-großer, monomerischer SiO2-Teilchen unter Mikrogravitationsbedingungen. Um stabile Mikrogravitation zu verwirklichen flog das Experiment an Bord der Texus-56 Forschungsrakete. Währenddessen wurde die Bewegung der Staubwolke kontinuierlich überwacht und mittels einer thermischen Falle kontrolliert, welche aus vier Ringen aufgebaut ist. Die Agglomerationsprozesse innerhalb der Staubwolke wurden dabei mit zwei Übersichtskameras (OOS) und einem Fernmikroskop (LDM, engl.: long distance microscope) beobachtet.
In unseren Laborexperimenten simulieren wir das Wachstum von Staub- und Eisteilchen durch Sedimentation. Große Teilchen sedimentieren schneller und wachsen durch das Aufsammeln kleinerer Teilchen noch weiter an. Wir erhalten cm-große Teilchen mit einem Füllfaktor von 10 – 15 %. Dies entspricht in etwa der Größe, die diese Teilchen in einer protoplanetaren Scheibe erreichen, wenn sie zur Mittelebene sedimentieren. Hier simulieren wir das sedimentierende Teilchen durch ein Target, das von einem Gemisch aus Gas und µm-großen Staubteilchen umströmt wird. Dabei kommt es zu Wachstum durch Aufsammeln der im Gas enthaltenen Teilchen, ähnlich wie bei einer echten Sedimentation.
Anschließend lassen wir die so entstandenen Agglomerate kollidieren, um ihre Stoßeigenschaften zu bestimmen und mit einem von uns entwickelten Stoßmodell zu vergleichen. Hierbei verwenden wir eine etwa 2,5 m hohe evakuierte Glasröhre, die wir auch als Labor-Fallturm bezeichnen. Dort werden zwei Staubagglomerate übereinander angeordnet und mit einer kleinen Zeitverzögerung nacheinander abgeworfen. Dadurch erhalten sie eine Relativgeschwindigkeit die zu einem Stoß führt. Außerhalb der Glasröhre fällt eine Hochgeschwindigkeitskamera mit, die den Stoß filmt. Sie wird genau zwischen den Abwurfzeiten der beiden Agglomerate ausgelöst und fällt somit im Massenschwerpunkt beider Teilchen. Auf diese Weise lassen sich Haftgrenzgeschwindikeiten ermitteln, die für numerische Planeten-Wachstumsmodelle essentiell sind.
Die zugehörigen Filme zeigen Stöße im Labor-Fallturm, einen mit haftenden Staubproben und einen mit abprallenden Eisproben.
Um Agglomeration in der Anfangsphase der Planetenentstehung experimentell nachzubilden, werden schwerelose Umgebungen benötigt. Jedoch sind besonders lange Experimente in Schwerelosigkeit mit hohen Aufwand verbunden, da die Freifallzeit in Fallturmexperimenten nicht mehr ausreicht. Deshalb müssen Langzeitexperimente auf kostspielige Raketenflügen, auf Parabolflügen oder auf der ISS durchgeführt werden.
Bei Experimenten mit der Levitationstrommel wird statt einer schwerelosen Umgebung die Reibung der Staubpartikel an einem Gasstrom benutzt, um den Staub im Schwebezustand zu halten.
Die Levitationstrommel besteht aus einer rotierenden Vakuum-Zylinderkammer, welche mit einem Restgas im Millibarbereich gefüllt ist. Die Rotation führt zu einem Gasstrom, welcher starr mit der Kammer mitläuft. Am sogennanten Stabiltätspunkt heben sich Schwerkraft und Gasreibungskraft des Staubs in der Kammer auf. Es bildet sich eine Staubwolke, welche um diesen Stabilitätspunkt kreist. Der Staub kann so für bis zu einer Stunde im Schwebezustand
gehalten und zur Agglomeration gebracht werden. Am schwebenden Staub können optische Eigenschaften und Mikroskopaufnahmen
während der Agglomeration gemacht werden. Am Ende eines Experiments kann der Staub aufgefangen und später mit einem
Mikroskop analysiert werden.
Ein Langzeitexperiment mit der Levitationstrommel ist deutlich weniger aufwändig und es müssen deutlich weniger Anforderungen an die Instrumente als bei vergleichbaren Schwerelosigkeitsexperimenten erfüllten werden. Jedoch müssen spezifische Effekte der Levitationstrommel an der Agglomeration berücksichtigt werden.
Im Sommer 2018 wurde unter Kooperation der Universität von Hokkaido (Japan), der TU Braunschweig, der deutschen und japanischen Raumfahrtbehörden DLR und JAXA ein Suborbitalflug im Esrange-Space-Center (Kiruna, Schweden) mit dem DUST-Experiment durchgeführt.
Das Ziel des DUST-Experiments ist die Untersuchung der Kondensation und Agglomeration von Titancarbid-Nanopartikeln aus den Auswürfen von AGB-Sternen unter Schwerelosigkeit. Es wird angenommen, dass diese Partikel Teil des Ausgangsmaterials protoplanetarer Scheiben und somit am Anfang der Planetenentstehung beteiligt sind.
Das Experiment besteht aus einer Vakuumkammer mit verdünnter Argonatmosphäre, in dem ein titanumwickelter Kohlenstoffstab elektrisch geheizt wird. Während der Heizphase entsteht ein Gasgemisch aus Titan und Kohlenstoff, welches zu einer Wolke aus Titancarbid-Nanopartikeln kondensiert. Die Nukleation des Titancarbids aus der Gasphase wird aufgrund der Konvektion im Schwerefeld der Erde gestört, weshalb Schwerelosigkeit benötigt wird. In der Partikel-Wolke agglomerieren die Nanopartikel zu fraktalen Gebilden und fallen dann in einen Probennehmer, dessen Inhalt daraufhin nach der "weichen" Landung des Experiments in einem Transmissionselektronenmikroskop untersucht wird.