Qualifizierung der metastabilen β-Titanlegierung Ti Nb13 Zr13 für den Einsatz als Implantatwerkstoff durch Einstellen gradierter mechanischer Eigenschaften und partieller Oberflächenmodifikation
Titanlegierungen werden wegen ihrer hohen spezifischen Festigkeit seit etwa 50 Jahren insbesondere in der Luft- und Raumfahrttechnik eingesetzt. Die gute Biokompatibilität der Titanlegierungen, die durch die dünne Titanoxidschicht begründet ist, hat zum Einsatz von Titanwerkstoffen in der Medizintechnik, unter anderem in der Osteosynthese und der Implantattechnik, geführt. Titanwerkstoffe sind nichtmagnetisch, so dass Patienten mit Marknägeln, Knochenschrauben, Drähten oder Titanimplantaten problemlos in Kernspintomographen untersucht werden können. Ein weiteres wichtiges Kriterium für den Einsatz von Titanwerkstoffen in der Implantattechnik ist deren Korrosionsbeständigkeit in Körperflüssigkeiten und Enzymen, da anderenfalls mit dem Auftreten toxischer Metallionen im Körper gerechnet werden müsste. Titanlegierungen haben inzwischen andere, gängige Werkstoffe (beispielsweise Stähle oder Kobalt-Basis-Legierungen) weitgehend aus der Implantattechnik verdrängt. Seit der Einführung von Titanwerkstoffen in der Implantattechnik treten Implantatbrüche nur noch sehr selten auf und sind meistens eine Folge ungünstiger Werkstoffbelastung, beispielsweise durch Kerben oder Anrisse, die beim Stürzen eines Patienten entstehen.
Im Rahmen des Forschungsprojektes Qualifizierung der metastabilen β-Titanlegierung Ti Nb13 Zr13 für den Einsatz als Implantatwerkstoff durch Einstellen gradierter mechanischer Eigenschaften und partieller Oberflächenmodifikation soll die Titanlegierung Ti Nb13 Zr13 für den Einsatz als Implantatwerkstoff qualifiziert werden. Dazu soll die Legierung mit gradierten mechanischen Eigenschaften hergestellt werden. Dies lässt sich unter anderem über partielle thermo-mechanische Behandlungen einzelner Bauteilbereiche erreichen.
Am oberen Implantatteil, d.h. dem Bereich der sich außerhalb des Oberschenkelknochens befindet, werden hohe Festigkeiten angestrebt. Dort wäre eine niedrige Steifigkeit zwar wünschenswert jedoch nicht von entscheidender Bedeutung, da dieser Implantatteil nicht direkt mit dem Knochenmaterial verbunden ist, bzw. es keine Umhüllung mit Knochenmaterial gibt. So ist die Gefahr von Stress Shielding hier nicht gegeben. Der Implantatschaft soll eine möglichst niedrige Steifigkeit besitzen, um eine optimale Wechselwirkung zwischen Implantat- und Knochenmaterial und damit ein minimales Stress Shielding zu erreichen. Eine etwas niedrigere Festigkeit wäre im Implantatschaft unkritisch, da sich das Implantat im Knochen befindet und dort durch das Knochenmaterial gestützt wird. Eine maximale Dauerfestigkeit wird nur außerhalb des Knochens, bzw. an der Kontaktstelle benötigt, da dort die höchsten Biegewechsellasten auftreten.
Das Wärmebehandlungskonzept zum Einstellen gradierter mechanischer Eigenschaften ist in der folgenden Abbildung dargestellt:
Im oberen Bereich des Implantates müssen andere Oberflächeneigenschaften herrschen, als im Implantatschaft. Für den oberen Implantatbereich soll daher eine gezielte, partielle Oberflächenbehandlung mittels Plasmaanodisation durchgeführt werden, um die Abriebfestigkeit und die Korrosionsbeständigkeit dieses Implantatbereichs zu verbessern. Im Bereich des Implantatschafts sollen durch Anodisation in einem Medium, welches Hydroxyapatitnanopartikel enthält, die Biokompatibilität und die Korrosionsbeständigkeit erhöht werden, indem während des Anodisierprozesses bereits Hydroxyapatit in die Oxidschicht eingebaut wird. Es sind daher zwei partielle Anodisierschritte notwendig.
Des Weiteren ist es notwendig, die partiell wärmebehandelten sowie partiell anodisierten Werkstückoberflächen auf ihre Korrosionseigenschaften hin zu untersuchen. Insbesondere die Korrosionseigenschaften an den Grenzflächen der Wärmebehandlung bzw. der Anodisation stehen dabei im Fokus der Untersuchungen.
Zum Abschluss der Untersuchungen soll daher auch die Zellviabilität durch Aufbringen von Zellkulturen untersucht werden, um zu verifizieren, dass die Oberflächenbehandlung des Implantatschafts auch zu einer verbesserten Biokompatibilität führt.
Projektleiter: Carsten Siemers
Projektbearbeiter: Florian Brunke
Projektpartner: DECHEMA Forschungsinstitut (Arbeitsgruppe Korrosion)
Projektnummer: IGF 18116 N (AiF)
Projektlaufzeit: 1. Mai 2013 bis 30. Oktober 2015