In der Nationalen Wasserstoffstrategie legte die Bundesregierung 2020 fest, „grünen“ Wasserstoff als Schlüsseltechnologie für die Energiewende zu etablieren. Die Nachfrage nach Wasserstoff-Brennstoffzellen wird daher künftig steigen, etwa für den Ausbau der Elektromobilität durch Brennstoffzellenfahrzeuge, die Notstromversorgung, oder als Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen zur kombinierten Erzeugung von Strom und Wärme für die Industrie (Prozesswärme) sowie Büro- und Wohngebäude (Heizwärme).
Bislang bestehen Brennstoffzellen meist aus Metall und petrochemischen Kunstoffen. Innovatives Ziel des Leittechnologie Energiewende - Projektes ist nun ein biobasiertes Brennstoffzellensystem. Neben der Verwendung nachwachsender, möglichst regionaler Rohstoffe, statt einer petrochemischen Basis steht die mit den Entwicklungen verbundene Stärkung der Brennstoffzellentechnologie im Fokus.
Dabei werden compoundbasierte Bipolarplatten in den für die stationäre und mobile Nutzung geeigneten Niedertemperatur-Polymer-Elektrolyt-Membran-Brennstoffzellen (NT-PEM-BZ) eingesetzt.
Eine einzelne Brennstoffzelle besteht dabei aus einer Membran-Elektroden-Einheit, verschiedenen Dichtungen und zwei Bipolarplatten zur Medienverteilung, bzw. Temperierung und elektrischen Kontaktierung. Da eine einzelne Brennstoffzelle nur eine geringe Spannung liefert, werden üblicherweise mehrere Zellen in Reihenschaltung zu sogenannten Stacks zusammengesetzt. Zwei Endplatten dienen der Medienzu- und -abfuhr und ermöglichen einen gleichmäßigen Anpressdruck aller Zellen im Stack. Dieser Anpressdruck ist reduzierbar, wenn der Verbund und Kontakt über klebtechnische Lösungen erfolgt. Damit bieten sich mehrere Möglichkeiten, die chemischen Grundstoffe der Komponenten des Stacks aus alternativen Quellen zu nutzen.
In vier Teilprojekten, die von drei Forschungseinrichtungen verschiedener Ausrichtung bearbeitet und über drei Forschungsvereinigungen betreut werden, wird das Ziel des biobasierten Brennstoffzellenstacks erreicht. Bei positivem Projektabschluss steht eine Lösung für die Herstellung von kompakten, leichten NT-PEM-Brennstoffzellen auf Basis nachwachsender, regional verfügbarer Rohstoffe zur Verfügung.
Die Gesamtkoordination liegt dabei in den Händen des Instituts für Füge- und Schweißtechnik (IFS). Das Zentrum für Brennstoffzellentechnik (ZBT) aus Duisburg und das Fraunhofer-Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI) aus Braunschweig sind die Partner innerhalb der Projekte.
Teilprojekt 1: Fügetechnik und Funktion (FC_Bio_Joint and Function)
In diesem Teilprojekt legen die Projektpartner das Konstruktionsdesign unter Berücksichtigung der gewünschten Funktionalität, materialspezifischen Anforderungen, Fügestellen und verfahrenstechnischen Möglichkeiten fest. Der Schwerpunkt liegt auf dem klebtechnischen Aufbau der Brennstoffzellenstacks durch Zusammenführung der Ergebnisse aus allen Teilprojekten und deren Erprobung und Validierung im realen Brennstoffzellbetrieb. Zudem wird eine Wirtschaftlichkeitsanalyse durchgeführt und die Recyclingfähigkeit des biobasierten Brennstoffzellenstacks bewertet. Das IFS und das ZBT bearbeiten dieses Teilprojekt mit Unterstützung durch das WKI.
Teilprojekt 2: Endplatten aus Holzwerkstoff (FC_Bio_Wooden Endplate)
Bisher wurden die Endplatten aus Aluminium oder Stahl hergestellt. Zur Einsparung von Fertigungskosten sind sie überwiegend als massive Blockkomponente ausgeführt und daher recht schwer. Bei herkömmlichen PEM-Brennstoffzellenstacks machen die Endplatten ca. 30 Prozent des Gesamtgewichts aus. Metallische Endplatten weisen zudem eine hohe thermische und elektrische Leitfähigkeit auf. Daher sind in herkömmlichen Brennstoffzellenstacks Isolationsplatten verbaut, die zu höheren Material- und Montagekosten führen. Projektziel sind Endplatten aus hochleistungsfähigem, leichtem Holzwerkstoff. Da trockenes Holz ein sehr guter thermischer und elektrischer Isolator ist, kann auf Isolationsplatten verzichtet werden. Durch einen maßgeschneiderten Sandwichaufbau des Holzwerkstoffmaterials soll zusätzlich Gewicht eingespart werden. Dieses Teilprojekt wird vom WKI gemeinsam mit dem ZBT bearbeitet.
Teilprojekt 3: Bipolarplatte aus biobasierten Compounds (FC_Bio_Compound and Filler)
Zur Herstellung von Bipolarplatten werden sowohl metallische als auch graphitische Werkstoffe verwendet. Zur Sicherstellung der chemischen Beständigkeit und Reduzierung der Kontaktwiderstände müssen metallische Bipolarplatten kostenintensiv beschichtet werden. Graphit-Polymer-Compounds weisen aufgrund ihrer Eigenschaften auch ohne eine Beschichtung sehr hohe Lebensdauern bei gleichzeitig hohen elektrischen Leitwerten auf. Außerdem bieten Compounds die Chance, Bipolarplatten aus nachwachsenden Rohstoffen herzustellen. Bisher wurden thermoplastische Bipolarplatten aus erdölbasiertem Polypropylen und Graphit/Ruß als leitfähigem Füllstoff hergestellt. Projektziel sind elektrisch und thermisch hochleitfähige Compounds aus einem biobasierten Biopolymer als Binder und Naturgraphit, bzw. carbonisiertem Holz als Füllstoff. Das ZBT wird in diesem Teilprojekt durch das WKI unterstützt.
Biobasierte Kleb- und Dichtstoffe (FC_Bio_Adhesives)
Herkömmliche Brennstoffzellen werden mittels Spannmitteln (z. B. Schraubverbindungen, Drähte, Spannbänder) zu Stacks verspannt. Diese Fügetechnik ist zeitintensiv und bringt technische Nachteile. Beispielsweise benötigt man zum Erreichen einer adäquaten Dichtwirkung hohe Anpressdrücke und infolgedessen gewichtsintensive Spannelemente. Zur Vereinfachung der Füge- und Montageprozesse und zur Reduzierung des Gesamtgewichts bieten sich klebtechnische Lösungen an. Die grundsätzliche Eignung wurde in Vorläuferprojekten bereits erfolgreich untersucht. Projektziel ist es, biobasierte Kleb- und Dichtstoffe für die Fügestellen innerhalb der Brennstoffzelle zu entwickeln. Die Klebstoffe werden in diesem TP vom IFS entwickelt und vom ZBT auf ihre Eignung hin untersucht.
Relevanz für die Energiewende
Brennstoffzellen wandeln die Energie aus chemischen Energieträgern wie Wasserstoff direkt in Strom um. Ihr Wirkungsgrad ist daher potenziell deutlich höher als bei Verbrennungskraftmaschinen wie Diesel- und Otto-Motoren oder Gasturbinen. Außerdem wird bei der Energieumwandlung in Wasserstoff-Brennstoffzellen kein CO2 freigesetzt.
Das Ziel der nationalen Wasserstoffstrategie: Energie aus regenerativen Quellen wie Sonne, Wind, oder Wasserkraft klimaneutral in Wasserstoff speichern und dezentral zur Verfügung stellen, um die Energienetze zu entlasten. Außerdem kann Wasserstoff als klimaneutraler Energieträger nützlich sein, wo eine direkte Strom- und Wärmeversorgung aus regenerativen Quellen schwer möglich ist – etwa bei Bestandsbauten in eng besiedelten Gebieten, in denen aus Platzmangel oder anderen Einschränkungen keine Solaranlagen oder Wärmepumpen installiert werden können. Für Menschen, die auf ein Auto angewiesen sind, aber keine Lademöglichkeit für ein Elektroauto haben, könnten Brennstoffzellenfahrzeuge eine klimafreundliche Option sein. Wasserstoff bietet zudem die Chance, neue Industriestrukturen und Arbeitsplätze in Deutschland aufzubauen.
Es ist davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Brennstoffzellen künftig stark steigen wird und damit auch der Bedarf an Rohstoffen für die Brennstoffzellenproduktion. Mit diesem Forschungsprojekt tragen wir dazu bei, dass Brennstoffzellen in hohen Stückzahlen ressourcenschonend und günstig hergestellt werden können.
Teilprojekt 1 FC_Bio_Joint and Function: Konzept, klebtechnische Fertigung und Funktion von Brennstoffzellen-Demonstratoren auf Basis nachwachsender Rohstoffe (IGF 44 LN über DVS Forschung)
Teilprojekt 2 FC_Bio_Wooden Endplate: Entwicklung holzbasierter Endplatten für Brennstoffzellen (IGF 45 LN über iVTH)
Teilprojekt 3 FC_Bio_Compound and Filler: Entwicklung biobasierter Compounds zur Anwendung in Brennstoffzellen (IGF 46 LN über IUTA)
Teilprojekt 4 FC_Bio_Adhesives: Entwicklung biobasierter Klebstoffe für die Anwendung in Brennstoffzellen (IGF 47LN über DVS Forschung)
Laufzeit: 1.11.2021 - 30.4.2024
TU Braunschweig, Institut für Füge- und Schweißtechnik, IFS (Koordination)
Zentrum für BrennstoffzellenTechnik ZBT GmbH, Duisburg
Fraunhofer-Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut, WKI, Braunschweig