Überschwemmungen und Dürren können schwere Schäden verursachen und sind in vielen Teilen der Welt auf dem Vormarsch. Die Auswirkungen solcher Naturgefahren können durch ein angemessenes Risikomanagement verringert werden, wenn die Ursachen der zunehmenden Schäden bekannt sind. Dies wurde jedoch bisher durch einen Mangel an empirischen Daten erschwert. Eine groß angelegte internationale Zusammenarbeit von Forschenden der International Association of Hydrological Sciences (IAHS) unter der Leitung von Heidi Kreibich vom Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) hat nun zu wichtigen Erkenntnissen aus vergangenen Extremereignissen geführt.
Hochwasser- und Dürreereignisse in allen Kontinenten
Die Studie stellt jeweils zwei Hochwasserereignisse oder zwei Dürreereignisse, die sich in demselben Gebiet ereignet haben, gegenüber. Für die zeitlich aufeinander folgenden Ereignispaare werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Bezug auf die Risikofaktoren Gefahr, Exposition und Anfälligkeit untersucht sowie Entwicklungen zwischen den Ereignissen herausgearbeitet.
Insgesamt wurden 45 Hochwasser- und Dürre-Ereignispaare in allen Kontinenten betrachtet. Professor Kai Schröter war unter anderem an der Studie zum Vergleich der Hochwasser vom August 2002 und Juni 2013 im Gebiet der oberen Donau in Deutschland und Österreich beteiligt. Obwohl das Hochwasser im Juni 2013 mit höheren Niederschlägen und Abflüssen in weiten Teilen des Gebietes aus hydrologischer Sicht stärker war als im August 2002, waren die Schäden im Sommer 2013 geringer. Anhand der beiden Ereignisse zeigt sich, dass institutionelle Veränderungen, hohe Investitionen in technische und nicht-technische Vorsorgemaßnahmen sowie eine deutliche Verbesserung von Frühwarnsystemen und dem Katastrophenschutz für ein erfolgreiches und vorausschauendes Hochwasserrisikomanagement wichtig sind.
Vorausschauende Strategien sind selten
In vielen Fällen gelingt es jedoch nicht, die Auswirkungen von Extremereignissen zu reduzieren, deren Ausmaß in der Vergangenheit in dem betroffenen Gebiet noch nicht vorgekommen ist. Schröter erklärt dies mit zwei Faktoren: Erstens haben Infrastrukturen wie Dämme und Stauseen eine obere Auslegungsgrenze, bis zu der sie wirksam sind. Sobald ein Schwellenwert überschritten wird, werden sie unwirksam. Zweitens wird das Risikomanagement in der Regel reaktiv nach großen Überschwemmungen und Dürren eingeführt oder angepasst, während proaktive, vorausschauende Strategien selten sind. Der Grund für dieses Verhalten liegt zum Teil in einer kognitiven Verzerrung, die mit der Seltenheit und bisherigen Einzigartigkeit dieser Extremereignisse zusammenhängt, sowie in der Natur der menschlichen Risikowahrnehmung: Ereignisse, die man selbst bereits erlebt hat, werden in Zukunft eher wieder erwartet.
Erfolgsgeschichten wie das Beispiel an der oberen Donau zeigen aber auch, dass es Wege gibt, die Risiken proaktiv zu reduzieren. Drei Erfolgsfaktoren wurden identifiziert: eine effektive Steuerung des Risiko- und Notfallmanagements, hohe Investitionen in bauliche und nicht-bauliche Maßnahmen sowie verbesserte Frühwarn- und Echtzeit-Kontrollsysteme. Kai Schröter sagt: "Wir denken, dass die Anwendung dieser Erfolgsfaktoren dem aktuellen Trend zunehmender Schäden durch Extremereignisse auch unter den Auswirkungen des Klimawandels entgegenwirken kann."
Bilder: Kloster Weltenburg 2013 (c Wasserwirtschaftsamt Landshut)
Berechnete Überflutungsflächen für Hochwasser in einem Abschnitt der Donau (c Kai Schröter 2017)
Originalpublikation:
Kreibich, H., Van Loon, A.F., Schröter, K. et al. The challenge of unprecedented floods and droughts in risk management. Nature 608, 80–86 (2022).
https://doi.org/10.1038/s41586-022-04917-5
Auf der Seite Nature:
https://www.nature.com/articles/s41586-022-04917-5