Was mir in den Vorlesungen weniger klar war, ist wann und wo das Gelernte angewandt wird. Da ich immer (okay, meistens…) gerne praktisch gearbeitet habe und bereits länger die Themenbereiche des Risikomanagements kennenlernen wollte, habe ich mich bei der VW Financial Services AG beworben. Da die Bandbreite möglicher Themen recht weit ist, sollte einschränkend gesagt werden, dass sich Abteilung, in der ich tätig war, im Wesentlichen mit der (Weiter-) Entwicklung, Pflege und Überwachung von Rating- bzw. Scoringsystemen befasst. Sie werden auch als Risikoklassifizierungsverfahren zusammengefasst und folgen in ihrer Abgrenzung keiner offiziellen Definition. In der Praxis wird häufig die Bewertung von großen, sog. risikorelevanten Kunden als Rating und die (i. d. R. vollautomatisierte) Bewertung von Klein- oder Privatkunden als Scoring bezeichnet. Wie die aufsichtsrechtlichen Vorgaben solcher Risikoklassifizierungsverfahren für deutsche Kreditinstitute sind, findet sich in den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) wieder.
Da das ein eher quantitativ orientiertes Tätigkeitsgebiet ist, ist die größte Gruppe unter den Kollegen die der Finanz- und Wirtschaftsmathematiker und Mathematiker. Daneben finden sich aber auch Kollegen aus dem Bereich der VWL, Statistik, Ingenieurwissenschaften, BWL und Wirtschaftsinformatiker. Meine Erfahrung war dabei, dass es für die Aufgabenzuteilung keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt, welchen akademischen Hintergrund ein Mitarbeiter besitzt.
Eine Einarbeitungsphase ist unabhängig davon für jeden Mitarbeiter nötig. So gibt es z. B. fachliche Definitionen und hausinterne Prozesse, die nur in einem bzw. in diesem einen Unternehmen vorzufinden sind und sich nicht lehren lassen. Dazu zählen außerdem viele der genutzten Systeme, wobei zumindest in meinem Fall nur ein kleiner Teil davon für die eigene Tätigkeit notwendig war. Einige Standardsoftware kennt man hingegen evtl. schon. Das sind neben den Office-Klassikern, die man wahrscheinlich überall findet, auch SAP-Software oder in meinem Fall Software für Statistik und Datenaufbereitung (SAS / R).