Der Mangel an Erfahrung benebelt unsere Sinne oftmals so sehr, dass wir uns in unserer verzerrten Vorstellung weit weg von der tatsächlichen Realität befinden. Wir denken wir wüssten es besser, bis wir eines Besseren belehrt werden. Ich beendete mein Bachelorstudium in dem Glauben, ich sei für die Welt dort draußen vorbereitet. Doch was die Universität nur in geringem Maße lehren kann, sind z.B. zwischenmenschliche Beziehungen. Was mir während meiner Zeit bei Sony Music bewusst wurde, ist welch hohen Stellenwert Kooperationen in einem Unternehmen einnehmen – sei es mit Kunden oder mit den eigenen Kollegen. Und dass es nicht immer harmonisch zugeht. Und dass dabei die Kommunikation das A und O einer jeden Zusammenarbeit darstellt. Die (sowohl gute als z.T. auch weniger gute) Zusammenarbeit mit den Kollegen ist ein weiterer Grund, weshalb ich meine Erfahrungen dort als äußerst lehrreich beschreibe. Ich hatte mich zu Beginn gefragt, was für Menschen dort arbeiten. Die Antwort: Ein Haufen liebenswürdiger Menschen, die allesamt in einen Jungbrunnen gefallen zu sein schienen („Liegt wohl an der Musikbranche“). Von den Produktmanagern bis hin zu den Chefs und den externen Mitarbeitern: von jedem Einzelnen lernte ich nach einem Gespräch in der Kantine, auf den internen Feiern oder bei einem Meeting so viel Wissenswertes über die Branche und über sämtliche Künstler, dass ich zeitweise einfach nur da saß und mich wie ein aufsaugender Schwamm fühlte. Nichtsdestotrotz ist das Musikbusiness nicht nur für die Künstler ein hart umkämpftes Geschäft. Es wird hart gearbeitet, Erfolge erzielt und noch härter gefeiert. Im Best Case natürlich, der leider nicht immer auftritt.
Fast ein Jahr später, an meinem letzten Arbeitstag, stand ich wieder vor den Pforten des Sony Music-Gebäudes und ließ meine Eindrücke im Schnelldurchlauf Revue passieren: meine Arbeit, die mich nicht wirklich erfüllte und mich stattdessen nur noch zu einem funktionierenden Roboter werden ließ; die Hard und vor allem Soft Skills, die ich hingegen ausbauen konnte; die Erkenntnisse über meine Schwächen und Stärken, die mich vollkommen überraschten; meine Kollegen, die mich jeden Tag aufs Neue zum Lachen, Verzweifeln und Tanzen brachten oder die neu entdeckten Musiker und Musikrichtungen, die immer wieder für einen Musikrausch sorgten. Ich trat aus dem Gebäude heraus, mit einem unglaublich zufriedenen und dankbaren Gefühl. Meine Sinne in diesem Moment waren dabei so geschärft wie nie zuvor.
Rangina Ahmad