Antibiotika haben die Lebenserwartung des Menschen im 20. Jahrhundert stark erhöht. Dieser medizinische Fortschritt wird jedoch verstärkt durch resistente Keime gefährdet, die mit den zur Verfügung stehenden Antibiotika teilweise nur noch unzureichend bekämpft werden können. Neben den Herausforderungen bei der Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten fehlen auch im Bereich parasitärer Erkrankungen neue, effektive Arzneimittel. Die Entwicklung neuer Antiinfektiva hat sich nun ein Konsortium aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der TU Braunschweig, des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung und der Ostfalia zum Ziel gesetzt und greift diese Fragestellungen in einem institutionsübergreifenden Promotionsprogramm auf. Mit dem Antrag „Drug Discovery und Chemieinformatik für neue Antiinfektiva (iCA)“ hat der Verbund auch die Wissenschaftliche Kommission Niedersachsens in der Förderlinie „Promotionsprogramme“ überzeugt. „Mit dem neuen Promotionsprogramm haben wir die herausragende Chance, einerseits innovative Wirkstoffe auf Basis chemie- und bioinformatischer Daten zu entwickeln und andererseits neue biologische Zielstrukturen zu identifizieren, die bislang nicht von etablierten Arzneistoffen adressiert werden. Einen wichtigen Beitrag für diese Infektionsforschung liefern digitale Transformationstools, die sowohl Ansätze der künstlichen Intelligenz und molekularer Simulationsmethoden sowie umfassende Datenanalysen sehr großer Datensätze einschließen. Durch die Verknüpfung von Chemie- und Bioinformatik sowie der Theoretischen Chemie erhält die Entwicklung von Antiinfektiva einen wichtigen Impuls, der dazu beitragen kann, langfristig neue Behandlungsoptionen zu erschließen.“ freut sich Professor Ingo Ott vom Institut für Medizinische und Pharmazeutische Chemie der TU Braunschweig, Initiator und Sprecher des Promotionsprogramms.
Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur bewilligte für den Förderzeitraum 2019 – 2024 aktuell 15 Georg-Christoph-Lichtenberg-Stipendien sowie zusätzliche Sach- und Reisemitteln mit einem Gesamtbudget in Höhe von 900.000 EUR. Diese Förderung ermöglicht die interdisziplinäre Ausbildung von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in einem gesamtgesellschaftlich hochrelevanten Themenfeld, denn schwer therapierbare Infektionskrankheiten können jeden von uns jederzeit treffen. In dem ambitionierten Graduiertenprogramm werden digitale und experimentelle Wissenschaften eng verzahnt. Dieser interdisziplinäre Ansatz wird gestärkt durch ein Betreuungstandem aus den entsprechenden Fachbereichen sowie durch ein Lehrangebot, welches maßgeschneidert auf die Anforderungen der Doktorandinnen und Doktoranden eingeht. Dabei sind die Promovierenden eingegliedert in die Graduiertenschulen der TU Braunschweig und des HZI.
Das Promotionsprogramm ist eingebettet in das Zentrum für Pharmaverfahrenstechnik (PVZ) der TU Braunschweig, welches sich zum Ziel gesetzt hat, wirksame Arzneimittel kostengünstig und maßgeschneidert herzustellen. Unter dem Dach des PVZ arbeiten Expertinnen und Experten aus der Pharmazie sowie der Verfahrens- und Mikrotechnik interdisziplinär zusammen. Das PVZ bildet als Forschungszentrum mit über 100 Arbeitsplätzen und dem Aufgabenschwerpunkt Wissenschaftssupport die erforderliche Infrastruktur für eine nachhaltige Nachwuchsförderung bei der Entwicklung innovativer Antiinfektiva und arbeitet im Promotionsprogramm eng mit dem Sprecher vom Institut für Medizinische und Pharmazeutische Chemie der TU Braunschweig zusammen.