Der im Bauwesen verwendete Stahl ist durch sein linear-elastisches Verhalten bis zur Streckgrenze gekennzeichnet. Zur Modellierung des inelastischen Bereiches müssen je nach Beanspruchung weitere Phänomene wie Fließplateau, Plastitzität, Viskoplastizität, Kriechen, Verfestigung, Entfestigung und Schädigung hinreichend beschrieben werden.
Bei Stahlbauwerken unter signifikanten dynamischen Einwirkungen, wie z.B. Erdbeben, wird die Bewegungsenergie teilweise durch das inelastisches Materialverhalten dissipiert. Es bilden sich Fließzonen aus, in denen das Material zyklischer Belastung unterliegt, eine Verfestigung erfährt, aber auch durch Mikrorisse geschwächt wird. Im Hinblick auf die geringe Zyklenzahl und in Abgrenzung zur Ermüdung spricht man von Ultra Low Cycle Fatigue.
Die Beschreibung des Stahls im inelastischen Bereich erfolgt auf phänomenologischer Basis mit nichtlinearen Entwicklungsgleichungen für innere Variablen unter Annahme kleiner Verzerrungen auf Basis des Modells nach Chaboche & Rousselier. Sie beinhaltet Viskoplastizität zur Berücksichtung der Dehnratenabhängigkeit sowie kinematische und isotrope Verfestigung. Durch die Einführung einer Strain Memory Surface kann zusätzlich berücksichtigt werden, dass die Reihenfolge der Dehnungsampliduden Einfluss auf die Verfestigung des Materials hat.
Strain Memory Surface
Im 2D Dehnungsraum wird die Entwicklung einer Strain Memory Surface schemachtisch für die beiden Spannungszustände A und B dargestellt. Mit der erstmaligen plastischen Entwicklung im Punkt A wird durch die Strain Memory Surface der maximale inelastische Dehnungszustand durch den Stützvektor β und Radius q gespeichert. Bei einer neuen Richtung der inelastischen Verzerrungen in B verschiebt sich β und der Radius vergrößert sich. Die Kopplung mit der Verfestigung erfolgt über den Radius der Strain Memory Surface.
Schädigungsentwicklung
Entsprechend dem Konzept der Energieäquivalenz beschreibt die Materialgleichung bei vorhandener Schädigung die Entwicklung im ungeschädigten Restquerschnitt mit effektiven Spannungen und Dehnungen. Die Schädigung beeinflusst daher auch die Elastizität. Da Schädigung nur bei signifikanten plastischen Beanspruchungen auftritt, wird ein Grenzwert in Abhängigkeit der plastischen Vergleichsdehnung angesetzt. Die Schädigungsentwicklung wird nur im Zugbereich zugelassen und mit einer weiteren Evolutionsgleichung beschrieben. Durch eine modifizierte Fließbedingung in Abhängigkeit von der ersten und zweiten Spannungsinvarianten wird der anfängliche Fließzylinder mit zunehmender Schädigung D eingeschnürt und es bilden sich Kappen aus. Dann kann sich das geschädigte Material auch für einen rein hydrostatischen Spannungszustand inelastisch verhalten.
In Strukturen konzentriert sich die Ausbildung inelastischer Verzerrungen und die Ausbildung von Mikrorissen auf stark beanspruchte Bereiche. In der numerischen Simulation führt die Schwächung des Materials durch Schädigung zu einer Konzentration der inelastischen Verzerrungen. Um netzabhängige Ergebnisse und die verschwindende Dissipationsenergie bei zunehmender Netzverfeinerung zu vermeiden, werden die effektiven Größen mit einer nichtlokalen Schädigungsgröße beschrieben. Die Verteilung der lokal auftretenden Schädigung erfolgt mit einer impliziten Gradientenformulierung und einer charakteristischen Länge, die die Größe der Prozesszone unabhängig von der räumlichen Diskretisierung beschreibt.
Beispiel: Schädiungsentwicklung in einer CT-Probe
Die Bilder zeigen beispielhaft die Verteilung der Materialschädigung in einer Kompaktzugprobe aus Stahl nach konstanter Krafteinleitung am linken Rand. Rote Bereiche kennzeichnen stark geschädigtes Material.