Viele geologische Materialen sind granulare Medien, die aus einzelnen Sedimentkörnen bestehen. Die Sedimentkörner selbst sind zwar schlechte elektrische Leiter, aber den Porenraum zwischen den Körnern füllt meist ein gutleitender Elektrolyt. Messen wir die elektrischen Eigenschaften eines solchen Verbundmaterials, stellen wir fest, dass seine mikroskopische Inhomogenität einen messbaren Polarisationseffekt erzeugt, das heißt das Material lädt sich elektrisch auf. Mithilfe der geophysikalischen Methode der induzierten Polarisation (IP) vermessen wir solche Effekte und können aus den Daten Rückschlüsse auf Korngröße, Mineralzusammensetzung oder Elektrolytchemie der Materialien im Untergrund ziehen. Die Kenntnis dieser Materialeigenschaften ist u.a. für den Schutz und die Bewirtschaftung weltweit knapper werdender Grundwasserressourcen von großer Bedeutung.
Derartige Anwendungen der IP-Methode basieren hauptsächlich auf der Polarisation der sogenannten elektrischen Doppelschicht. Unter dieser Schicht verstehen wir die meist negative Oberflächenladung des Mineralkorns bzw. der Mineralmatrix sowie die entsprechende positive Gegenladung im angrenzenden Elektrolyt. Der Auswertung des gemessenen IP-Effekts werden dann einfache physikalische Modelle zugrunde gelegt – z.B. für die Polarisation einzelner kugelförmiger Mineralkörner.
Unter anderem aufgrund der sehr einfachen bisher verwendeten Modellgeometrien und Elektrolytzusammensetzungen klaffen aber für viele Materialien Modellvorhersagen und Messungen weit auseinander. Das Ziel unserer Forschung in diesem Bereich ist es daher die Modellierung elektrischer Gesteinseigenschaften weiterzuentwickeln und damit unser physikalisches Verständnis der Polarisationseffekte zu verbessern. Unsere Arbeitsgruppe verfolgt dazu verschiedene Ansätze – von grundlegenden analytischen Modellen bis hin zu Finite-Elemente Modellen, die auch die Untersuchung komplexer Modellsysteme erlauben.