Die jahreszeitlich geschichteten Sedimente des Stadtsees in Bad Waldsee, einer Stadt in Oberschwaben, stellen ein einzigartiges Archiv von Wirtschafts- und Umweltgeschichte seit dem Mittelalter dar. Sie ermöglichen, im Sediment gespeicherte Signale jahrgenau über Jahrhunderte mit schriftlichen Quellen zu korrelieren. Damit eröffnet sich die einzigartige Gelegenheit, zu überprüfen, ob, wann und wie sich die Geschichte der Stadt und ihres Umfelds auf die Seenentwicklung und Gewässerqualität ausgewirkt hat, und wie schnell sich Wasserqualität und aquatisches Ökosystem von den anthropogenen Aktivitäten erholt haben. Ein interdisziplinäres Forschungsteam aus Geo-, Bio- und GeschichtswissenschaftlerInnen wurde zusammengestellt, um zeitlich hochauflösende Diatomeen- und Pollenanalysen sowie geochemisch-sedimentologische Untersuchungen an vorhandenen Sedimentkernen aus dem Profundal des Stadtsees durchzuführen und mit Informationen aus historischen Schriftzeugnissen, Urkunden, Urbaren und Karten zu verschneiden und zu kalibrieren. Untersucht werden sollen Einflüsse von Bevölkerungswachstum und -rückgang, Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung, wirtschaftliche Produktionsprozesse, Handelstätigkeit, Klimaveränderungen und katastrophale Ereignisse wie z.B. Brände oder Extremniederschläge. Wir erwarten detaillierte Informationen über die Reaktion eines Stadtgewässers auf wechselnde Emissionen der Stadt und das langfristige Verhalten von persistenten Schadstoffen in der aquatischen Umwelt. Damit können grundlegende Erkenntnisse zur Entwicklungsgeschichte der Umweltbelastung in Deutschland, zu Referenzbedingungen und zur Resilienz von aquatischen Systemen gewonnen und erstmalig die Auswirkungen sozio-ökonomischer Entwicklungen für die vorindustrielle Zeit der Stadtentwicklung von 1200 bis 1800 auf die Umwelt bewertet werden (Quelle: DFG Antrag Bad Waldsee).