Derzeit werden in Klima‐ und Kälteanlagen, Wärmepumpen oder Organic Rankine Cycles in der Regel fluorierte Kohlenwasserstoffe (HFKW) als Arbeitsmittel eingesetzt, die jedoch ein hohes Erderwärmungspotenzial (GWP) besitzen, so dass dem Kyoto Protokoll folgend weltweit verschiedene Regularien für eine schrittweise Beschränkung ihrer Verwendung in Kraft getreten sind. Als alternative Arbeitsfluide für verschiedene technische Anwendungen werden u.a. ungesättigte fluorierte Kohlenwasserstoffe, so genannte Hydrofluoroolefine (HFO), oder auch Hydrochlorofluoroolefine (HCFO) vorgeschlagen. Um die Eignung dieser vielfältigen neuartigen Arbeitsmittel in technischen Anwendungen beurteilen zu können, sind Kenntnisse der relevanten thermophysikalischen Stoffdaten erforderlich. Da bisher aber nur wenige HFO bzw. HCFO kommerziell produziert werden, stehen in der Regel nicht genügend experimentelle Stoffdaten für diese neuen Arbeitsfluide zur Verfügung. Dies gilt insbesondere auch für ihre Gemische mit anderen Komponenten.
In der Arbeitsgruppe wurden molekulare Modelle (Force Fields) für HFO- und HCFO-Komponenten entwickelt, die die Vorhersage der Stoffeigenschaften (Phasenverhalten, Transporteigenschaften) dieser neuen Klasse von Arbeitsfluiden mittels molekularer Simulation ermöglicht. Dabei bestehen Kooperationen mit Modellierern und Experimentatoren wie Ryo Akasaka (Kyushu Sangyo University, Japan) oder Eric May (University of Western Australia). Die Simulationsergebnisse finden weltweit Anwendung, z.B. zur Entwicklung von hochgenauen empirischen Zustandsgleichungen für HFO und HCFO Komponenten oder Mischungsmodellen für die Beschreibung von Kältemittelblends. Somit finden die Ergebnisse der Forschungsarbeiten auch Eingang in das Simulationsprogramm REFPROP, das in der Kälteindustrie zur Berechnung von Stoffdaten der Arbeitsfluide weit verbreitet ist. In der AG selbst werden die Simulationsergebnisse für die Anpassung von Parametern für die PC(P)-SAFT Zustandsgleichung verwendet, um diese Komponenten und ihre Gemische auch mit physikalische basierten molekulen Zustandsgleichungen beschreiben zu können.
Neben dem Kältemittel ist auch das im Kompressor verwendete Schmieröl ein wichtiger Bestandteil eines thermischen Systems, so dass den thermophysikalischen Stoffeigenschaften der Kältemittel-Schmieröl-Paarung sowohl hinsichtlich der Energieeffizienz als auch der Zuverlässigkeit der Kälteanlage eine besondere Bedeutung zukommt. Gegenstand eines neuen DFG-Förderprojekts ist daher die Weiterentwicklung und Anwendung von molekularen Simulationsmethoden für die Analyse der Relation von Wechselwirkungen und Strukturen in Kältemittel-Schmieröl-Gemischen und den resultierenden Eigenschaften wie Löslichkeit und Viskosität.