Die Beanspruchungen entlang von Schweißnähten sind oftmals stark inhomogen verteilt. Derartige inhomogene Beanspruchungssituationen lassen sich mit lokalen Spannungskonzepten realistischer bewerten, als es mit dem Nennspannungskonzept möglich ist. Vor allem das Kerbspannungskonzept bietet für solche Beanspruchungssituationen von Schweißnähten eine gute Basis der Festigkeitsbewertung.
Vorliegende experimentelle und vergleichende rechnerische Untersuchungen zur Kerbspannungsbewertung von quer beanspruchten Schweißnähten mit Spannungsgradienten entlang der Naht lassen erkennen, dass diese eine deutlich höhere Festigkeit aufweisen, als homogen beanspruchte Schweißnähte gleicher Länge.
Als Erklärung für dieses Verhalten dient der statistische Größeneinfluss. Dieser führt zu einem Festigkeitsabfall bei großen höchstbeanspruchten Bereichen bzw. zu einer Festigkeitssteigerung bei kleinen höchstbeanspruchten Bereichen. Er ist für nicht geschweißte Bauteile mittlerweile anerkannt und in die aktuelle Auflage der FKM-Richtlinie aufgenommen worden.
Ziel des Forschungsvorhabens ist der Nachweis der Wirksamkeit des statistischen Größeneinflusses auch bei Schweißungen. Dem Anwender werden damit Möglichkeiten zur Nutzung vorhandener Festigkeitsreserven bei Schweißnähten mit örtlich begrenzter hoher Beanspruchung zur Verfügung gestellt, z.B. in Form von Bonusfaktoren zur Erhöhung der rechnerischen Bauteilfestigkeit.
Zielgruppen sind alle Unternehmen, die Produkte herstellen, bei denen Schweißnähte eine lokal begrenzte hohe Beanspruchung aufweisen. Dabei ist eine mögliche Anhebung der Schwingfestigkeit, abhängig von der Länge über der eine örtliche Beanspruchung wirkt, zu erwarten. Damit wird eine wirtschaftlichere Auslegung derart beanspruchter Schweißkonstruktionen ermöglicht. Sowohl einfache geschweißte Produkte, die aus verschweißten Halbzeugen bestehen, wie sie in Kleinserien zu finden sind, als auch komplexe geschweißte Bauteile können davon profitieren.
Um ein Maß für den höchstbelasteten Bereich in Bauteilen zu finden, wurde nach vergleichenden Untersuchungen die Schweißnahtlänge festgelegt. Als höchstbelastet gilt demnach die Schweißnahtlänge, deren Kerbspannung größer oder gleich 90% der maximalen Kerbspannung ist. Diese wird als L90%-Länge bezeichnet.
Am ifs wird derzeit insbesondere der Einfluss der Proben- und Schweißnahtgeometrie auf die Höhe und Verteilung der maximalen Kerbspannung und der L90%-Länge untersucht. In folgendem Bild wird beispielhaft die Abhängigkeit der L90%-Länge einer Kreuzstoßprobe von dem vorliegenden Kantenversatz und dem A-Maß aufgezeigt. Diese Untersuchung tragen zu einer guten Übertragbarkeit der finalen Empfehlungen in die Praxis bei, da das angestrebte Konzept auch dann noch zuverlässige Bauteilauslegungen ermöglichen soll, wenn die Geometrie von Bauteilen und Schweißnähten innerhalb des gegebenen Toleranzbereiches streuen.
Forschungsvereinigung Schweißen
und verwandte Verfahren e. V. des DVS