Forschung

Spezialisierter Metabolismus

Pflanzen produzieren eine Vielzahl an spezialisierten Metaboliten, die zur Anpassung an extreme und wechselnde Umweltbedingungen wichtig sind. Beispiele sind Terpenoide, Flavonoid und Betalaine. Unser besonderes Interesse gilt den Flavonoiden, die für die blaue und rote Färbung vieler Blüten verantwortlich sind. Flavonoide lassen sich in verschiedene Untergruppen einteilen. Dazu gehören die Flavonole, Anthocyane, Proanthocyanidine und Flavone. Die Motivation zur Untersuchung der Flavonoidbiosynthese ist vielfältig. [Details über die Flavonoidbiosynthese]

Generell ist die Erforschung von Biosynthesewegen mit biotechnologischem Potential ein Ziel der Gruppe. Die Forschung ist daher nicht auf die Flavonoidbiosynthese beschränkt. Dieser Biosyntheseweg wird jedoch als Modell- und Testsystem für die Entwicklung neuer Ansätze zur Aufklärung weiterer Biosynthesewege verwendet. Dabei werden verschiedene Methoden wie komparative Genomik und speziesübergreifende Transkriptomik kombiniert. Aktuell untersuchen wir z.B. die Biosynthese der Withanolide in Kooperation mit der AG Franke (Leibniz Universität Hannover). [Details über die Withanolidbiosynthese]

Biosynthesenetzwerke werden durch Transkriptionsfaktoren kontrolliert. Eine der größten Transcriptionsfaktorfamilien in Pflanzen sind die MYBs, die an der Kontrolle einer Vielzahl pflanzenspezifischer Prozesse beteiligt sind. [Details über MYBs]

Pflanzengenomik & Sequenziertechnologien der dritten Generation

Pflanzengenome enthalten die Baupläne für alle Proteine (Enzyme) einer Spezies. Die Sequenzierung und Analyse von Genomen ist daher ein einfacher Ansatz, um das biochemische Potential einer Pflanzenart zu untersuchen. Besonders die Kombination von genomischen, transkriptomischen und metabolomischen Datensätzen ermöglicht die Identifikation von neuen Biosynthesewegen. Schnelle Entwicklungen von Sequenziertechnologien der dritten Generation (long reads) ermöglichen eine kosteneffiziente Analyse von großen Pflanzengenomen. Die von Oxford Nanopore Technologies (ONT) vertriebenen Sequenzierer sind portabel und können daher überall eingesetzt werden. Die Sequenzierung mittels Nanoporen ermöglicht die Analyse einzelner DNA-Moleküle. Die Bewegung eines DNA-Strangs durch eine Pore blockiert diese in spezifischer Weise und verändert damit die Bewegung von Ionen durch diese Pore. Das elektrische Signal wird über die Zeit gemessen und ermöglicht dann eine Übersetzung in Sequenzinformation.  Wir verwenden diese Technologie, um die Genomsequenzen wichtiger Pflanzenspezies zu entschlüsseln. Gleichzeitig bietet diese Technologie eine ausgezeichnete Möglichkeit, um Studierende in Genomsequenzierungsprojekte zu involvieren. [Details zu unseren Genomsequenzierungsprojekten]

Angewandte Bioinformatik

Einige spezifische, biologische Fragestellungen erfordern die Entwicklung bioinformatischer Anwendungen. Dafür werden in der Gruppe überwiegend Python und R verwendet. Alle Tools sind über github (bpucker) frei verfügbar. Viele Tools werden auch über unseren Webserver angeboten. Im Folgenden werden einige Beispiele vorgestellt:

  • KIPEs (A): Knowledge-based Identification of Pathway Enzymes ermöglicht die automatische Annotation von Genen/Proteinen, die für zentrale Schritte der Flavonoidbiosynthese verantwortlich sind. Diese automatische Annotation kann z.B. Analysen von unterschiedlich pigmentierten Kultivaren der gleichen Spezies erleichtern. Außerdem ist die Annotation und Charakterisierung der Flavonoidbiosynthese in Spezies mit neu sequenzierten Genomen leicht möglich.
  • MGSE (B): Mapping-based Genome Size Estimation ist ein neuer Ansatz zur Abschätzung der Genomgröße einer Spezies basierend auf Sequenzierreads. Dieser Ansatz nutzt die gleichmäßige Sequenzierung aller Regionen eines Genoms. Die durchschnittliche Anzahl an Sequenzierreads, die eine bestimmte Stelle abdecken (Coverage) wird basierend auf bekannten Regionen mit genau einer Kopie im Genom bestimmt. Die Abdeckung aller Positionen in einer Referenzsequenz wird aufsummiert und durch die durchschnittliche Abdeckung geteilt, um die Genomgröße zu schätzen.
  • NAVIP (C): Neighborhood-Aware Variant Impact Predictor ermöglicht die Annotation von kleinen Sequenzvariationen zwischen einer Probe und einer Referenz. Dabei werden alle Variationen in einem Gen gleichzeitig beachtet. Dieses Vorgehen ist ein wesentlicher Unterschied zu den meisten etablierten Tools. NAVIP beachtet die Interaktion dieser Variationen bei der Vorhersage von Effekten jeder einzelnen Variation.
  • MYB_annotator (D): Dieses Tool ermöglicht die automatische Annotation der MYB-Genfamilie in einem neuen Transkriptom/Genom-Assembly einer Pflanzenspezies. Es werden nicht nur Kandidatengene identifiziert, sondern auch direkt basierend auf Orthologie zu charakterisierten Sequenzen funktional annotiert.
  • bHLH_annotator (E): Dieses Tool ermöglicht die automatische Annotation der bHLH-Genfamilie in einem neuen Transkriptom/Genom-Assembly einer Pflanzenspezies. Es werden nicht nur Kandidatengene identifiziert, sondern auch direkt basierend auf Orthologie zu charakterisierten Sequenzen funktional annotiert.